Steyrer Tagebuch Nummer 0, März 1982

KOMMENTAR Der Kommentar zur Gemeindepolitik VBERLEGUNGEN ZUR REDE VON BVRGERMEIS– TER WEISS ( AMTSBLATT 2 - 1982) Es ist uns bewußt, daß gerade vor dem Hintergrund der weltweiten Wirt– schaftskris~ und der im Vergleich mit dem Ausland recht guten Lage Oster– reichs jede Kritik sehr vorsichtig sein muß und anerkennen soll, was ge– leistet wurde. Trotzdem darf der Hinweis auf "Zeiten wie diese" nicht dazu führen, daß das Unbehagen an vielen Entw.ick– lungen unseter Gesellschaft wider– spruchslos geschluckt werden muß bis die Situation unerträglich geworden ist. Daß die Wirtschaft in Gefahr ist, liegt ja nicht daran, daß deren Kritiker an ihr verantwortungslos ex– perimentiert hätten, sondern wir be– finden uns in einer Situation, wo sowohl das traditionelle westlich-ka– pitalistische, wie das orthodox mar– xistische Wirtschaften eine schwere Krise erlebt. Bei der Suihe nach Lösungen geht es also darum, die zum Teil gemeinsa– men Fehler beider Systeme zu erkennen und zu Uberwinden. Gemeinsam ist beiden Arten des Wirt– schaftens das Ziel eines Wachstums an sich, die Entwicklung zu immer grös– seren Technologien, hohem Energiever– brauch und Vorrang "der Wirtschaft" vor den Bedürfnissen des Einzelnen. Die Unterschiede im Ausmaß d~r Krise dürften, abgesehen von der ge– genseitigen Verstärkung von Fehlent– scheidungen im Zentralverwaltungssys– tem, vor allem in der Ungleichzeitig– keit der industriellen Entwicklung liegen. Das heißt, die grundlegenden Ursachen der Krise sind in beiden Systemen gleich angelegt. Ihre Unterschiede bedingen nur eine zeitliche Verschie– bung und unterschiedliche Intensität der Krisenerscheinungen. Wie man zur Frage des Wachstums an sich, zu Großtechnologien, hohem Energieverbrauch und Vorrang "der Wirtschaft" vor dem Einzelnen steht, druckt sich auch in gemeindepoliti- schen Entscheidungen aus. Die Forderung nach einem radikalen Kurswechsel über Nacht ist unrealis– tisch und birgt unbekannte Gefahren. Eine Fortschr.efbung des bisherigen Wacgstumsweges führt in durch Berich– te des club of Rome und der US-Bundes- . regierung belegte Katastophen. Wir halten · daher einen vorsichti– gen aber konsequenten Kurswechsel für notwendig, de·r in jeder gemeindepoli– tischen Entscheidung seinen Ausdruck durch die Setzung neuer Akzente fin– den sollte. So stört uns etwa, daß es in Zu– sammenhang mit der S 37 keine öffent– lichen Oberlegungen gibt, ob nicht ein Ausbau der Schiene wenigstens eine Reduzietung des Strassenprojektes mög– lich machen könnte. Der Verlost, bzw. die starke Umweltbelastung vieler Hektar besten Bodens durchieinen Voll– ausbae der S 37 müßte doch von jeder– mann als Obel bedauert werden. Wenigstens tendenzi~ll sollte dem Trend zu Ballungsräumen durch Streuung von Produktionsstätten, Verwaltungs– und Bildungseinrichtungen entgegenge– wirkt werden, statt ihn aus dem Pres– tigebedürfnis von Zentren heraus noch zu fördern. Linz mit seiner starken Belastung durch Schadstoffe, Lärm und Verkehrsstaus sei hier ein abschrek– kendes Beispiel. In der Stadtbildpflege findet der Vorrang der Wirtschaft vor dem Menschen darin Ausdruck, daß mit hohen Öffent– lichen Subventionen die fremdenverkehrs wirksamen Fassaden privater Bürgerhäu– ser renoviert wurden {was uns an sich auch freut), der nach seiner Sanie– rung hoch lenensqualitätswirksame Wehrgrabenkanal jedoch dem Rotstift zum Opfer fallen soll. Es drängt sich die Vermutung auf, d~ß ein 'Wehrgra– ben'-Kanal in einer 'besseren' Wohn– gegend erhalten bliebe. Den Trinkwasserbrauch betreffend wäre es sinnvoller, statt der Nach– erzählung irgendwelcher Prognosen für das Jahr 2000, ein brauchbares Bedarfs- und Sparprogramm nach wirt– schaftlichen Kriterien zu erarbeiten. Die E-Wirtschaft ging vor wentgen Jah– ren noch von Prognosen aus, die im Jahr 2040 57 Atomkraftwerke nötig ge– macht hätten, wovon wir einen großen Teil Stroms eben zur Herstellung von Atomkraftwerken bräuchten. ..

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