Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

9 Erstaunlicherweise sind aber einige Herrensitze, die nach Norbert Grabherr „völlig abgekommen“ bzw. „vernichtet“ sein sollen, noch in relativ gutem Zustand vorhanden. Hier sind etwa die Objekte Hildprechting (OG Ohlsdorf), Brandstatt (OG Pupping) und Oberbergham (MG Ottnang am Hausruck) zu nennen, die allesamt in Gebäuden aufgegangen sind, die auch heute noch als ehem. Ansitze erkennbar sind. Auch der Sitz Stein (OG St. Johann am Wimberg), der angeblich „beim Straßenbau vernichtet“ wurde, ist heute noch als relativ gut erhaltenes Flurdenkmal (Burgstall) vorhanden. Es darf bezweifelt werden, dass Grabherr diese Objekte jemals vor Ort überprüft hat. Abgesehen von den Arbeiten der Archäologin und Denkmalpflegerin Marianne Pollak14 hat man in der landeskundlichen Literatur bislang kaum Kritik am „Historisch-topographischen Handbuch“ vernommen. Für etliche Landesarchivare, Historiker und Heimatforscher gilt Norbert Grabherr nach wie vor als die alleinige Referenz in der oö. Burgenforschung. Kritik an den Arbeiten des ehem. Kollegen ist in diesen Kreisen offensichtlich wenig erwünscht.15 Es ist daher nicht verwunderlich, dass die irrigen Einträge immer wieder in wissenschaftlichen16 und heimatkundlichen17 Abhandlungen auftauchen. Der „Digitale Oberösterreichische Kulturatlas“ (DOKA) zitiert(e) die Angaben von Norbert Grabherr, aber auch manche Mitarbeiter der „Freien Enzyklopädie Wikipedia“ berufen sich auf ihn und verbreiten die alten Fehler in dem digitalen Medium weiter.18 Eine valide Überarbeitung des „Historisch-topographischen Handbuches“ erscheint daher ein Forschungsdesiderat zu sein. 14 Vgl. POLLAK 1992; POLLAK 2000; POLLAK 2007b 15 Vgl. STÖTTINGER 2012, Fußnote 14, 157 16 Vgl. ZAUNER 1993, 160f. Alois Zauner berichtet hier von einer „Burg Aichberg bei Ort im Innviertel“, die es aber zu keinen Zeiten gegeben hat. 17 Vgl. MAYBÖCK 2018 18 Hier ist etwa der Eintrag über die Ortschaft Weißenbrunn (Gemeinden Waldzell, Schildorn) zu nennen, in der die fiktive „Burg Kemating“ angeführt wird. (Der Eintrag wurde mittlerweile revidiert). https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fenbrunn_(Gemeinden_Waldzell,_Schildorn)

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