Das Land ob der Enns

46 11. Die Baiern. nehmen, sondern Rugi ist, da auch die Russen so heißen^), offenbar Bezeichnung für die Nordslawen, also hier für die Tschechen^). Soviel ich sehe, ist das allen Forschern über die Geschichte Böhmens und der Tschechen entgangen. Es war nur der Name Beowinidi und das ein fache Winida bekannt, wenn man von Behaimi, Baemanni absieht. In welcher Richtung ist die Einwanderung der Baiern erfolgt? Man könnte zunächst darauf hinweisen, daß die Agilolfinger, das älteste Herrschergeschlecht der Baiern in ihren neuen Sitzen, nur im westlichen Teile®), im heutigen Bayern residierten, woraus zu schließen sei, daß die Ausbreitung vom Westen nach Osten sich vollzogen habe. So ist aber die Sache nicht. Die Dynastie war aus Franken gekommen, und daraus allein erklärt es sich, daß der Schwerpunkt des staatlichen Lebens und der wirtschaftlichen Entwicklung von Anfang an näher dem Reiche lag, von dem Baiern geraume Zeit abhängig war. Wie ist aber die Tatsache zu erklären, daß die meisten der in den ältesten Urkunden genannten Orte im Westen und Südwesten des Landes liegen? Spricht das nicht für die Annahme, daß die Besiedlung von Westen her erfolgte? Nach der Schilderung der Vita s. Emmeram^) waren zur Zeit des Herzogs Theodo, um 700, die Ortschaften an der Enns alle verwüstet und fast zerstört und in den Wäldern schweiften ungefährdet die Raub tiere. Wenn nun auch nach der Gepflogenheit der Legendenschreiber der eremus übertrieben sein dürfte, so kann man doch aus den angeführten Urkunden und aus dem Umstände, daß nach dem Stiftbriefe von Krems münster (777) die Slawen in den nördlichen Teilen des Traunviertels nur an einzelnen Stellen größere Rodungen geschaffen hatten, sowie aus der Tatsache, daß die Baiern erst dazu Hand anlegten, als die Be völkerung dichter wurde, mit Sicherheit schließen, daß das Traunviertel zur Zeit der Einwanderung der Baiern der am wenigsten besiedelte Landesteil südlich der Donau war. 1) Die Fürstin Olga wird 953 regina Rugorum, der Bischof Adalbert(f 997) episcopus Rugorum und Rusciae presui genannt. Auch die fines Rugiheimono in einem Fuldaer Cod. zum Jahre 863(Inama-Sternegg, Deutsche Wirtschafts geschichte 1, 221, Anm. 1) werden Siedlungen eines nordslawischen Stammes bedeuten. 2) Dümmler, Waitz und andere, die sich mit dem Mauttarif von Raffel stetten beschäftigt haben, und auch noch L. Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme (Quellen u. Forschg. z. alten Geschichte u. Geogr. XII), Berlin 1907, S. 332, Anm.3, halten die Rugi unserer Stelle für Russen, was unrichtig ist. ®) Der Versuch Fastlingers (Die wirtsch. Bedeutg. der baier. Klöster, S. 14, 19), die agiiolfingischen Genealogien der Drozza und Anniona mit den Orten Troß, G. Stroheim, und Angsieß(794 Anninsezza), G. Diersbach, in Ober österreich in Verbindung zu bringen, ist vergeblich. Troß, erst im 12. Jahrh. beurkundet, liegt auf dem Boden einer slaw. Kolonie(Stroheim ist urk. Strahen, in der Nähe Windischdf.) und dürfte selbst ein windischer Name sein, und Anninsezza geht zweifellos wie das nahe Annendorf, heute Andorf, auf den PN. Anno zurück. *) Acta Sanctorum, Sept. VI, S.475.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2