Das Land ob der Enns

III. Die Slawen. Urkunden vom 8. bis zum 12. Jahrh. bezeugen ausdrücklich die Anwesenheit seßhafter Slawen im heutigen Lande ob der Enns: 777 um Kremsmünster, Dietach und Sierning, 791 um Eberstal bei Eberstalzell, 827 um Puchenau bei Linz, 834 um Kronsdorf, 853 zwischen Aist und Naarn, 888 am Schalabach bei Neuhofen a. d. Krems, 903 im Tale von Kirchdorf, ca. 992 um Kremsmünster, ca. 1110 in Hausmanning bei Kirchdorf, 1111 in Weidelham bei St. Florian und in Pröselsdorf bei Gallneukirchen, 1122 in Steinbach am Ziehberg (mansus sclavonicus); das älteste Totenbuch des Stiftes St. Florian aus dem 12. Jahrh. nennt Slawen um Sippach bei Pucking und der Raffelstettener Mauttarif von ca. 904 unterscheidet die Bevölkerung des Mühlviertels in Baiern und Slawen^). Zahlreiche Namen von Gewässern, Bergen und örtlichkeiten in fast allen Teilen des Landes sind weitere Zeugen dafür. Es muß daher Grienbergers Versuch, die offenkundigsten slawischen Ortsnamen aus dem Deutschen zu erklären, als unwissenschaftlicher Chauvinismus ab gelehnt werden, ebenso die kuriose Sprachwissenschaft R. Müllers. Aber auf der andern Seite ist nicht etwa an eine eigentliche Einwanderung^) der Slowenen in unser Land und die Bildung gut organisierter Gemeinden und Zupen, wie sie Kämmel annimmt®), zu denken. Die im Stiftbrief von Kremsmünster (777) erwähnte slawische Dekanie bei Dietach ist keine nationale, sondern eine fränkische Einrichtung. Alles, was wir über unsere Windischen sonst hören, und besonders die Tatsache, daß sie in den Urkunden nicht als Subjekte von Besitzbewegungen auftreten, deutet darauf hin, daß es sich in der Hauptsache um Forstarbeiter^) handelte, die sich auf Bestellung der großen Herren an die Lichtung der Wälder machten und sich zu diesem Zwecke niederließen. ^) Vgl. Archiv f. österr. Gesch., 104. Bd., S.467 ff. und Oö.ÜB. II, n.37, 51 und Anh. n.8. 2) Es ist deshaib eine unrichtige Ausdrucksweise, wenn z. B. Vielhaber a. a. O. sagt, die karantanischen Slawen seien über die Donau nach Norden ,vorgedrungen'. Die Anfänge deutschen Lebens in Österreich, S. 160 ff. Vgl. auch Vanesa, Gesch. Nieder- und Oberösterreichs I, S. 106 ff. ^) In der Raffelstettener Mauturkunde von ca. 904 erscheinen die Slawen des unteren Mühlviertels bezeichnenderweise unter dem Sammelnamen Reodarii, d. i. Leute im Rodungsgebiete. 'M

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