Das Land ob der Enns

Einleitung XI gehenden Verpfändungen und Abtretungen einzelner Teile des Landes an Bayern, bis zum Jahre 1918. Aus dieser Entwicklungsgeschichte erklärt sich die Bezeichnung ,Landl' für das mittlere und östliche Oberösterreich und ,Landler' für die nationale Tanzweise daselbsti), die aber altbaierisch ist, weil sie auch im Innviertel und noch weiter westlich heimisch ist. Die Lostrennung des Landes von Bayern2) ist heute mehr als je zu beklagen. Sie war mit der wirtschaftlichen und politischen Lage ver knüpft, wie sie sich seit dem 10. Jahrhundert entwickelt hatte. Das Land bestand aus einer großen Zahl von geistlichen und weltlichen Grundherrschaften, die nach und nach die meisten Befugnisse der Staats gewalt an sich rissen. Doeberl sagt mit Recht: „Die Folge dieser grund herrschaftlichen Entwicklung war, daß sich das öffentliche Denken und Fühlen eines großen Teiles des baierischen Bauern in der Heimat wie auf dem Kolonisationsboden innerhalb der Grundherrschaft bewegte, in der er seinen Obereigentümer oder seinen Gerichtsherrn oder beides erblickte. Der Bauer hatte keinen Staat mehr, oder das Bistum, das Kloster, der weltliche Grundherr waren sein Staat geworden. Damit war das Interesse eines großen Teiles der baierischen Bevölkerung an dem Schicksale des baierischen Herzogtums geschwunden, das ehemalige Volksherzogtum hatte seinen volkstümlichen Charakter verloren. Daraus wie aus dem Ausschlüsse des gesamten Bauernstandes von den politischen Rechten erklärt es sich, daß das baierische Herzogtum wie ein geogra phischer Begriff zerlegt werden konnte, ohne daß sich eine Hand zur Verteidigung rührte®)." Die Habsburger, die an die Stelle der baierischen Herzoge und der Babenberger traten, vermochten natürlich den Lauf der einmal gegebenen Entwicklung nicht zu ändern und der Staat, der nach der Aufhebung des Untertanenverbandes im Jahre 1848 die Grundherrschaften ablöste, war infolge seiner konstitutiven Gebrechen und der darin liegenden dauernden Schwäche nicht imstande, der aus der Vergangenheit über kommenen Verengung des Gesichtskreises, die gerade für ihn verhängnis voll werden mußte, durch eigene Anziehungskraft wirksam zu begegnen Vgl. darüber Nagl-Zeidler, Deutschösterreichische Literaturgeschichte, 1. Bd., Wien 1899, S. 116ff. ®) Ich bemerke, daß ich Baiern, baierisch im ethnographischen, Bayern, bayerisch im politischen Sinne gebrauche. ') Die Grundherrschaft in Bayern vom 10. bis 13- Jahrb. (Forschungen zur Geschichte Bayerns, 12. Bd., 1904), S. 166f.

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