Das Land ob der Enns

96 II. Die Baiern. Auch aus dem stufenweisen Auftreten neuer Ortsnamen in den Urkunden läßt sich das allmähliche Fortschreiten der Urbarmachung erkennen, aber die Vorstellung, als wären die Rodungen ein planmäßiger Erfolg der wirtschaftlichen Aktivität grundherrschaftlicher Organisa tionen, wäre doch unrichtig. Sie sind vielmehr als mühevolle Einzel errungenschaft der zahlreichen freien Arbeitskräfte aufzufassen, die von den Grundherrschaften durch das weithin verbreitete System der Landleihen gewonnen wurden^). Wenn aber auch die Rodungen sehr häufig durch kleinere, freie Grundeigner und landlose Leute ausgeführt wurden, so hat doch die Grundherrschaft Ort,Umfang und Art derselben bestimmt, mindestens sich aber die Zustimmung vorbehalten. Das geht schon aus dem Stiftbrief für Kremsmünster (777) hervor, der ausdrücklich die An legung von Neubrüchen und Rodungen von der Erlaubnis des Herzogs als Grundherrn dieser Gegend abhängig macht, und im Jahre 823 wurde anläßlich der Entziehung eines Waldes auf Ansuchen des Klosters Mond see bestimmt: quod nullus homo licentiam habuisset in illa silya aut fustem caedere aut virgam tollere nisi, cum licentia abbatis^) (niemand darf sich unterstehen, ohne Erlaubnis des Abtes einen Baum zu fällen oder Äste abzunehmen). Im allgemeinen hat man den Eindruck, daß sich die Urbarmachung des Landes zwar nach Zeiten und Gegenden verschieden, aber im ganzen sehr langsam vollzog. Aus der Mühseligkeit der Arbeit, die es kostete, bis ein Stück Wald in der Größe von ein paar Hufen»)gelichtet und urbar gemacht war, und aus der durch das Ineinandergreifen der grundherrschaftlichen Besitzungen und Rechte«)bedingten Planlosigkeit desRodungs werkes im Zusammenhalte mit der Tatsache, daß weitaus der größte Teil des Landes Wald war, erkläre ich mir das Überwiegen des Einzelge höftes in Oberösterreich und anderen Gegenden, nicht aber, wie man dort und da lesen kann, aus germanischem Freiheitsdrang und Sondergeist). Aus den erwähnten Verhältnissen und der wechselnden Gunst der Zeit ergab sich in den Rodungsgebieten ein schachbrettartiges Bild, das z. T. bis heute geblieben ist»). Die Langsamkeit in der Erschließung des Bodens ist mehrfach urkundlich zu verfolgen. Obwohl beispielsweise das Stift Kremsmünster schon 777 gegründet wurde, tauchen doch die Zellen im Umkreise erst seit dem Ende des 10.jahrh., und zwar in weiten zeitlichen Abständen auf, wie wir noch sehen werden. 1) Dopsch, Die Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit I, 247. Auch in den Wäldern wurde nach Hufen (mansus) gerechnet. Vgl. 05 UB. II Anh. n. 13; II, n. 172, 283, 360; IV, n. 451. 4) Durch die bambergischen Rodungen am Höhnhart z. B. entsteh^ Unbequemlichkeiten (incommoditas) für das Stift Asbach (Bayern). Oo.UB. %\uch Dopsch ist es aufgefallen, daß z. B. in Niederösterreich die Dörfer von Osten nach Westen an Größe abnehmen und endlich vom Emzelhof ab gelöst werden (Lf. Urb., S. 103 der Einl.). Das hängt eben mit der ehemaligen Bodenbeschaffenheit zusammen. „ .„ ^ ™ «) Das lehrt ein Blick auf die kolorierte Spezialkarte oder vom Freinberg bei Linz in die Riedmark.

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