Aktuell im Betrieb - Heft 1/1970

k ,- - IC Ein anderes weites Anwendungsgebiet der Schmiedekunst war die Erzeugung von Rüstungen, die insbesondere während der Ritterzeit blühte und weit in die Neuzeit heraufreicht. Noch im vorigen Jahrhundert fertigte eine schon industriell ausgelegte Schmiede in Nürnberg Rüstungen, mit de nen die Bestände so mancher Zeugkammer wieder aufgefüllt wurden. Natürlich war der Krieg nicht einziger Auftraggeber der Jünger des Hephaistos. Geschmiedete Türbeschläge, Fensterkörbe, Gitter, Leuchter und Gebrauchsgegenstände aller Art geben beredtes Zeugnis für die Bedeutung, die dieses Gewerbe durch die vergangenen Jahrhunderte innegehabt hat. Die Stadt Steyr und ihre Umgebung sind von alters her mit der Verarbeitung und dem Verkauf ,,Norischen Eisens" befaßt ge wesen. Das älteste erhaltene Privileg des Steyrer-Stapelrechtes datiert aus dem 13. Jahrhundert. Waffen-, Sensen- und Mes serschmiede sind bis auf den heutigen Tag hier ansässig. Erst im vergangenen Jahr hundert münzte die Industrialisierung das handwerkliche Können immer mehr in klin gende Produktivität um. Die Keimzelle der Steyr-Daimler-Puch AG ist die 1864 gegründete Waffenfabrik Josef Werndl's, die den stolzen Namen ,,Waffen schmiede des Kaisers" trug. Nach dem ersten Weltkrieg wandte sich das Unternehmen dem Automobilbau zu. Nach dem zweiten Weltkrieg, einem Zwi schenspiel in Panzern und Flugmotoren, wurde die Erzeugung von Traktoren und Lastkraftwagen aufgenommen. So verschieden die Erzeugnisse in den mehr als 100 Jahren des Bestehens der Firma waren, so gleichbleib jnd war der Bedarf an hochwertigen Schmiederohteilen. Daher wurde die Schmiede m Hauptwerk Steyr laufend erweitert und modernisiert, die Werndl'schen Brettfallhämmer immer mehr durch moderne, leistungsfähige Maschinen ersetzt. Heute besteht der Betrieb aus drei Ferti gungsgruppen: der Hammerschmiede, der Pressenschmiede und dem Warmpreßhaus. Die Hammerschmiede umfaßt zwei ölhydraulische Schnellgesenkhämmer mit 2 und 5 Metertonnen Schlagkraft, 14 Brett fallhämmer sowie zwei Reckwalzen und einige Luft- und Federhämmer zum Vor schmieden der Teile. Allen Schmiedeaggre gaten sind Abgratpre.ssen zugeordnet. Auf diesen wird das beim Schlagen der Teile als Grat ausgepreßte Übermaterial abge schert. Drei von den Brettfallhämmern sind zur Ringschmiede zusammengefaßt, die Sondergrößen von Wälzlagerringen er zeugt. Die Pressenschmiede verfügt über fünf Schmiedepressen mit 1300 bis 4000 Tonnen Preßkraft. Während bei den Hämmern das Halbzeug ausschließlich mit Flüssiggas er wärmt wird, sind bei zwei Pressen elek trische Induktionserwärmungsanlagen in stalliert. Diese bewirken infolge ihrer Takt schaltung geringe Verzunderung und daher bessere Oberflächenqualität. Eine Sonderfertigung innerhalb dieser Gruppe stellen die Hinterachswellen dar. Diese Teile bestehen aus einem langen run den Schaft mit 30 bis 60 mm Durchmesser und einem Tellerdurchmesser von drei- bis fünffachem Schaftdurchmesser. Der Teller wurde früher in vier Operationen ange staucht, was durch die mehrfache Wieder erwärmung sehr zeitraubend und damit teuer war. Die heutige Fertigung arbeitet mit elektrischer Widerstandserwärmung. Das runde Ausgangsmaterial wird in zwei Klemmbacken gehalten und von einem Stempel gegen eine Amboßplatte gedrückt. Von der Führungselektrode der Klemmbakken zur Amboßplatte fließt ein Strom nied riger Spannung und hoher Stromstärke. An der Stelle des größten Widerstandes, das ist an der Berührungsfläche Amboßplatte — Ausgangsmaterial, tritt die stärkste Erwär mung auf. Das Material erreicht Schmiede temperatur und wird vom Stempel frei zu einer Birne aufgestaucht. Die Größe der Birne ist abhängig vom Hub des Stempels.

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