ÖKO-L 1987/4

LANDSCHAFTSPLANUNG - UMWELTVERTRÄGLICHKEIT Reichraminger Hintergebirge - Modell einer „sanften" Tourismus-Erschließung Die Ennskraftwerke AG plan(t)en, im Reichraminger Hintergebirge eine wirtschaftlich äußerst fragwürdige und energiepolitisch kaum notwendige Speicherkraftwerksgruppe zu errichten, die das letzte intakte und größte zusammenhängende Bachökosystem Oberösterreichs, dem sogar die Bedeutung als „biogenetisches Reservat" zugesprochen wurde (WOLKINGER 1984), weitgehend zerstört hätte. An zwei völlig überdimensionierten Staumauern nahe einer bekannten seismotektonischen Tiefenstörung sollte der Reichramingbach 100 m (!!) bzw. 80 m aufgestaut werden, um 73 GWh Strom (das ist ein Dreißigstel der Ernergie, die in Dürnrohr ungenutzt zur Aufheizung der Donau verschwendet wird) zu erzeugen. Nachdem im Frühjahr 1984 die Unwirtschaftlichkeit des Projektes vom damaligen Handelsminister Dr. Norbert Steger bestätigt und die Erklärung zum bevorzugten Wasserbaugebiet zurückgezogen wurde, und Menschen aus allen Bevölkerungs- und Altersschichten, quer durch alle politischen Parteien, anfingen Widerstand zu leisten, mußten die bereits begonnenen Vorarbeiten wieder eingestellt werden. Noch ist das Hintergebirge nicht endgültig gerettet! Immer wieder wird in diesem Zusammenhang versucht, Naturschützer als Verhinderer hinzustellen und die Nutzung der Wasserkraft als umweltfreundlichste Form der Primärenergie zu verkaufen. Gleichzeitig werden gewaltige Anstrengungen unternommen (elektrisch heizen - vernünftig und bequem . ..), um den Stromverbrauch weiter zu steigern. Die ENNSKRAFTWERKE AG (EKW) trat Mitte 1982 mit dem Projekt zweier riesiger Speicherkraftwerke am Reichramingbach an die Öffentlichkeit. Man argumentierte mit touristischen „Zuckerln" wie der Erschließung der hinteren Schluchten, die seit dem Verfall der Triftsteige nur mehr auf recht abenteuerliche Weise zu begehen sind, mit neuen Straßen rund um die Seen, Bootsbetrieb und der Verbesserung (!) der im Sommer von Tausenden Badegästen frequentierten Schotterbänke und Badetümpeln am Unterlauf des Baches . Dies klang anfangs z. T. verlockend, zumal immer wieder mit (dem Laufkraftwerk) Klaus argumentiert wurde. Daß hier im Gegensatz zu Klaus jedoch 50 Meter hohe Stauspiegelabsenkungen und die daÖKO·L 9/4 (1987): 3 - 14 Helmut DAUCHER ARGE Hintergebirge Postfach 25 A-4460 Losenstein mit verbundenen gräßlichen Schlammkrawatten, die überdimensionierten Betonmauern (die bis zu einem Drittel der Taltiefe in Anspruch genommen hätten!) und nicht zuletzt die eiskalte (4 ° C!) ,,Restwassermenge" das Ende des Naturparadieses Hintergebirge bedeutet hätte, wurde mit der Zeit immer mehr Menschen klar. ökologische Auswirkungen Immer mehr Experten weisen auf die Kombination von maximalem Naturund Landschaftsverlust und minimalem Nutzen bei maximalen Kosten hin. Auch Politiker, die sich längere Zeit unkritisch für die E-Wirtschaft eingesetzt haben, geben zu erkennen, daß das Projekt ökonomisch falsch kalkuliert worden ist. Auswirkungen auf Landschaftsbild und -inventar Den eindrucksvollen Abschnitten an den Fließgewässern wurde bei der Erstellung eines touristisch-ökologischen Gutachtens (WOLKINGER 1984) eine besondere Bedeutung zugewiesen. Innerhalb des Kerbtalreliefs finden sich ausgeprägte Schlucht- und Klammstrecken, felsige Bachkerben Abb . 1 u. 2: Diese zeigen zwei von unzähligen naturbelassenen Badeplätzen, die durch die Realisierung der Sperre Kaiblingmauer ( = erste Ausbaustufe) als „Flußleichen" enden würden. Ein weiteres Faktum für das endgültige Aus der Bademöglichkeiten ist die geringe Austrittstemperatur des Restwassers von 4° C! Fotos 1--6, 10, II und 19 vom Verfasser ÖKO·L 9/ 4 (1987) 3

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