ÖKO-L 1987/4

ehe Wasserkraft hernehmen, die beileibe kein „unerschöpfliches Potential" ist. Weiters angenommen, wir gehen auch über die Verbauung des letzten fließenden österreichischen Wassertröpfchens mit Gelassenheit hinweg: woher das alles nehmen, wenn nicht ... (in OÖ. sind z. B. 92 Prozent aller Wasserkräfte ausgebaut!). Speicherkraftwerke als Ersatz für Wärmekraftwerke zu bauen wäre also eine wirtschaftlich und ökologisch gefährliche Sackgasse! Tauschverträge Vertreter der E-Wirtschaft argumentieren stets, daß „der überwiegende Teil all dessen, was in den Statistiken als Stromexport angeführt wird, in Wahrheit , Stromtausch' ist" (Verbundgesellschaft, Daten zur Bilanzkonferenz 1984). Und weiter: ,, Wir exportieren kostbaren Spitzenstrom aus unseren Speichern und bekommen dann im Winter - wenn unsere Laufkraftwerke weniger produzieren - ein Mehrfaches der Strommenge für unsere Grundlastdekkung vom Ausland zurück." Fast könnten wir stolz sein auf die Geschäftstüchtigkeit unserer Strommanager: • Aus den einschlägigen Statistiken geht eindeutig hervor, daß nur etwa 15 Prozent unserer Exporte an sogenannte „Tauschverträge" gebunden sind! (Quelle: Bundeslastverteiler, jährliche Statistiken) . Interessant ist auch die Tatsache, daß sich die Strommengen der Importe und der Exporte aus diesen so „lukrativen Tauschgeschäften" nahezu decken . Mehr als ein Tauschverhältnis I kWh exportierter Spitzenstrom gegen 1 kWh importierten Grundlaststrom wird also - entgegen den Beteuerungen der Strommanager - nicht erreicht! E-Wirtschaft intern gegen Speicher In Insiderzeitschriften, E-wirtschaftsintern und in Form von Zwischenbemerkungen können wir aber selbst von Strommanagern die sonst so streng gehütete Wahrheit erfahren: „Das Pro~(em der Spitzenbewältigung gibt's in Osterreich nicht, unser Problem ist die Grundlast. Aus heutiger Sicht wird es in den nächsten 20 Jahren auch dann keine ernsthaften Schwierigkeiten im Spitzenlastbereich ÖKO·L 9/ 4 (1987) geben, wenn die E-Wirtschaft geplante Kraftwerke (z. B. Reichraming, Dorfertal) nicht bauen kann. " (Gen.-Dir. Fremuth, 21. 3. 1985.) Und weiter: ,, Überkapaz itäten gibt es bei sofort verfügbarer Spitzenkraft. Die hat Österreich tatsächlich im Überschuß!" (im Dez. 1984). Aus diesen Gründen ist es auch nicht verwunderlich, daß der Oberste Gerichtshof in seinem Erkenntnis 1985 die Erklärung des Speicherkraftwerkes Dorfertal zum „bevorzugten Wasserbau" als ungesetzlich zurückgewiesen hat und der Landwirtschaftsminister im Juni 1987 dementsprechend handeln mußte. Die angeführten Gründe: 1. Österreich hat mehr als genug Spitzenstrom, 2. Reserven sind im Überfluß vorhanden. Über die wahren Hintergründe des neuerlichen Auflebens der „Bauwut" trotz gegenteiliger oberstgerichtlicher Entscheidungen und trotz besseren Wissens der Verantwortlichen herrscht großes Rätselraten. Nichts will unterstellt sein, jedenfalls: Die üblicherweise für den Bau neuer Speicherkraftwerke vorgebrachten Argumente (Verbesserung der Energieversorgung, Umweltschutz etc.) sind nachhaltig widerlegt! Kompromiß? In letzter Zeit werden von verschiedenen Seiten sogenannte „Kompromißvarianten" hervorgezaubert. Bei aller Wertschätzung einer sinnvollen Konsenspolitik: an den besonders relevanten Folgeerscheinungen eines Speicherkraftwerkes (Trockenlegung Ausbauwürdiges Wasserkraftpotential (Stand 1983) Das Kraftwerk ~eichraming ist ... • wenn das unökonomische Prinzip seine exakte Anwendung findet : maximale Kosten und maximale Zerstörung der Natur- und Erho lungslandschaft bei minimalem Stromertrag; • wenn zusätzlich 0,034 Prozent vom österreichischen Energieverbrauch erzeugt wird , was die enorme Wichtigkeit dieses Projektes unterstreicht (!) • wenn zusätzlich 0,21 Prozent des österreichischen Stromaufkommens erzeugt wird. • wenn zusätzlich 1,8 Prozent ohnehin schon im Überfluß vorhandener Spitzenstrom für das Ausland erzeugt wird. • wenn wir 93 GWh/Jahr von einem Produkt ( = Spitzenstrom) bekommen , das uns S 3.20/kWh kostet und wir um S 0.70 ins Ausland verkaufen müssen, weil wir im Inland einen enormen Überschuß haben ; • wenn es kein vernünftiges Argument für, aber viele gegen den Bau gibt und sich trotzdem (deswegen?) einige Politfunktionäre für den Bau eingeschworen haben, weil die Großmaschinen der Baufirmen Arbeit brauchen ; • wenn beim neuen Wärmekraftwerk Dürnrohr die 33fache Energiemenge von Reichraming einfach in die Donau gekühlt wird, weil die Planer auf die Abwärmenutzung „vergessen" haben. Beim Wärme-KW Dürnrohr wird die Energiemenge von mehr als 3000 GWh/Jahr in importierter Steinkohle einfach in die Donau gekühlt. Dieses Beispiel zeigt deutlich die Lächerlichkeit der Argumentation unserer Strombosse, der Bau von Reichraming sei ein wichtiger Schritt weg von der Auslandsabhängigkeit, wenn gleich ein Mehrfaches von Reichraming allein durch eine bessere Energieplanung bei nur einem Kraftwerk eingespart werden könnte! Abb . 22: Oberösterreich und sei n ausbauwürdiges Wasserkraftpotential (Stand 1983) im Reigen der Bundesländer. Österreichweit gesehen, sind derzeit 56 Prozent des ausbauwürdigen Potentials bereits ausgebaut, vier Prozent befinden sich in Bau und für 40 Prozent liegen Projekte vor. 11

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