Oberösterreich und die November-Revolution 1918

Kranken vorhanden gewesen? O ja! aber die Sache ist eben anders. Dis Damen hatten ihre Hausärzte — ein ärztliches Zeugnis war da leichter zu erreichen, als wenn der Kassenarzt ein solches ausfertigen mußte. Und so ist der Reis den Damen, nicht aber den kranken Arbeitern zugekommen. Solche Dinge ließen sich viele aufzählen. Ganz dasselbe konnte auch bei der K r a n k e n m i l ch beobachtet werden. Politisch waren die Oktobertage sehr aufregend. Am 21. Oktober gab Genosse Dr. Adler im Namen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft die Erklärung ab, daß die Arbeiterschaft die Republik fordere. Nun war die Frage: wie stellen sich die beiden bürgerlichen Parteien dazu? Diese hatten am gleichen Tage erklärt, an der kon- stitutionellen Monarchie festzuhalten. In jenen Tagen kam neue Aufregung, neues schweres Herzeleid über unsere Frauen. Oesterreich wagte die letzte Offensive gegen die Italiener. Viele hunderttausende brave Oesterreicher wurden, ausgehungert, von Läusen zerfressen, ohne Kleidung und Wäsche, den gut genährten und gut gekleideten Italienern gegenüber gestellt. Da ging ein Weinen, ein Wimmern durch die Reihen der österreichischen Mütter und Gat­ tinnen. Und wie endete diese letzte Schlacht? Viele tau sende der jüngsten Oberösterreicher erlitten einen grauen­ vollen Tod oder gerieten in die Gefangenschaft. Diese Oktobertage 1918, besonders der 24. bis 26. beugten wiederum viele Frauen und beluden sie aber­ mals mit tiefem Weh. Während dieser Ereignisse berei­ tete die provisorische Nationalversammlung den 12. No­ vember vor. An diesem Tage wurde die Republik aus­ gerufen . . . Es war eine Tragik, daß der große und so unendliche gütige Führer der österreichischen Sozialdemokratie, Viktor Adler, der schon lange schwer krank war, gerade in diesen ernsten, verantwortungsvollen Zeiten der Arbeiterschaft entrissen wurde. Er konnte von sich sagen, er habe sein Tagewerk vollbracht: Die Republik 71

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