Oberösterreich und die November-Revolution 1918

förmlich darum, von den Arbeitervertretern beobachtet zu werden. Feige und überängstlich war ein Teil dieser Menschen, in diesen aufgeregten Tagen. Man fürchtete, daß die Arbeiterschaft nun Rechenschaft verlange über das viele Unrecht, das ihr angetan worden war. Ueberängstlich fürchteten diese Menschen, daß die zurückkehrenden Sol­ daten sich an den Leuten rächen würden, die ihre Fami­ lien demütigten und beleidigten. Aber der Einfluß der sozialdemokratischen Führer war so mächtig, ihre Worte wirkten so überzeu­ gend, daß die Männer und Frauen ihrem gewiß berech­ tigten Zorn Einhalt taten und den Worten und Weisun­ gen der Führer und Vertrauensleute speziell im Ar­ beiterrat, Gefolgschaft leisteten. Und nur so war es mög­ lich, daß die Umsturztage in Linz und Oberösterreich ver­ hältnismäßig ruhig vor sich gingen. Es war sicher sehr oft keine leichte Aufgabe, das Vertrauen einer erregten Maste zu erhalten. Richt selten mußte die ganze Popu­ larität aufs Spiel gesetzt werden, es mußten viel Ver­ leumdungen und sonstige Beleidigungen hingenommen werden, um einen Augenblickhaß zu bekämpfen. Richt immer war es leicht, die Fordernden zu überzeugen, daß so und nicht anders im Interesse der Gesamtheit zu han­ deln sei. Besonders schwer ging es, wenn über Lebensmittel­ einkauf und deren Verteilung verhandelt wurde. In das Milchamt kamen die schlechternährten Mütter mit den noch schlechter ernährten Kindern auf den Armen und nicht immer konnte eine Milchzubuße gegeben werden. Gewiß viele Linzer Damen von Namen verstanden es, sich etwas bester zu bedenken. So war es einmal, daß ein ziemliches Quantum Reis für die Stadtteile innere Stadt und äußere Wiener Reichsstraße als Krankenzubuße aus­ gegeben wurde. Und stehe, der Reis im inneren Stadtteil war rasch ausgegeben, während es auf der äußeren Wiener Reichsstraße mit den vielen Arbeitern und kinderreichen Familien länger dauerte. Sind bei den Arbeitern keine 70

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