Maturazeitung 1940

gung für die Muse der Dichtung als für die holde Kunst der dar¬ stellenden Geometrie empfindet, ergibt sich in sein Geschick, das ihm die Götter verheißen haben. „Also Göttlicher, sagns' ma, was's über die Kegelschnitte wissn!“ „Herr Professor, ich bitte, mich zu entschuldigen, ich bin heute schleot disponiert!“ „Was sagns'? C1. Schlecht dischponiert? Also,Sö kennan dös net aufsagn, was ma letz¬ tes Mal auf'gschiebn ham?Sö ignoriern meine Stunde, Göttlicher? Na,setzns' ihna, i hab genug! — Also, dös wird unsjetzt der Bauer sagn, der wird's sicher können. Na, kummans' nur außa, Bauer, mit eahnan Heft!“ Der also Auserwählte wandelt mit gemischten .. Gefühlen auf die Schaubühne der Prüfung und siehe da, es tut sich kund, daß auch er diesmal einen Zeisig fängt, während der Gestrenge entrüstet spricht: „Was sagns'?Hier ist der Durchstoßpunkt?! Wann s' außigehn müaßn, dazu ist die Pause da. Na so was, Sö kennan ja gar nix! Ihna fehlt's in die Grundbegriffe! Ja, lerna müaßn s was!“ Darauf erwidert eine Stimme aus dem Hintergrund: „Na, Herr Professor, lerna braucht ma nix, aber kenna muaß ma's!“ Der diese wahrheitstriefende Aussprache getan, es ist der lose Fercher, wird sofort zur Verantwortung gezogen. Doch er weiß sich zu vertei¬ digen. Er bet sich wohlweislich die Prüfungsfrage in der Bank an¬ geschaut und einstudiert. Nun kann er die verhängnisvolle Wißbe¬ gierde des Lehrers befriedigen. Also geht's ans Zeichnen. „So, da hams a Greidn, und jetzt zeichnans!“ Fercher beginnt, doch da geht das Donnerwetter auch schon los. „Ja Sö geometrisches Faschenkind, machens' net so dicke Strich' wia a Kistentischler! Na so was is ma do nu net unterkumma. Na lernan s' amal! Ja habn denn Sö nu nia a Greidn in da Hand g'habt? Aber i bitt ihna, machens do a urndli¬ che Gerade! Wia der des Dreieck in da Hand halt't, ha, dösis ja zum Davonrenna, wia wann er heit erst auf d'Welt kumma war! Schaun s', sooo muaß man s' anlagn. I zag ihna des zum letzten Mal,merkn s' ihna's endlich! Ja da kumm i übrigens auf ihnare Geometriezeich¬ nungen z'sprechen! Na wia de ausschaun, da ham s' ja umg arbeit't wia de Maler, a so a Farbenkastl san dö. I hab ihna extra g'sagt, sö solln nur mit ganz zarte, blasse Farb'n malna, aber folgn kinnans ja net. Die Kurven drin schaut aus wia a Kommetenschwaf! Aber paasn s' nur auf, Sö werdn ihna nu anschaun, gsagt hab i ihna's. -- So, und jetzt wird a anderer außakumma und weidazeichna, na sagn ma, da Finsterer!“ Der Genannte tritt hinaus und versucht seinGlück. "Sö Finsterer, was Sie da sagn, is wirkli finster, i bittihna, setzn s' de Nummer 72 in die Lotterie! Dös is nämli die Dummheit. Schaun s', da kennan s' 14 Mark giwinna. Wissn s'.de Dummheit is de schrecklichste Krankheit, ärger als Pest und Cholera. Denn deCho¬ lera und de Pest bringt 'n Menschen um, an der Dummheit leid' ter o. aber sein Leb'n lang. Jetzt aber setzn s' eahna. Jetzt kummt der Reitter Georg außa. Da habn s' de Greidn und jetzt zeichnan s' weida. Ja Sö, aber was machn s' denn da? Sagn s' ma dös!“ „Ichpro¬ jiziere den Spurpunkt hinauf, Herr Studienrat!“ „Was habn s' g'sagt?: Ich suche das zweite Bild des Spurpunktes, Herr Studienrat." Gurs nähert sich in unzweideutiger Weise dem Kandidaten und flü¬ stert' ihm ins Ohr: „Aba i bitt ihna, sagn s' ma dös nimmer. Sö, des is ja selbverständlich, daß ma des zweite Bild suachn! Darüber sollt ma ja gar nix mehr redn! Also, was schaun s' mi denn so an wia a Weltwunda?“ „Herr Professor, ich habe mir gedacht ....." "Nix habn s' z'denken, zeichna solln s.I bitt ihna, tuan s' weida, sunst is de Stund eher gar und mir ham nix ausglricht.“ Der also Angespornte bemüht sich, mit größter Eifrigkeit das Versäumnis nach¬ zuholen, doch da kündet der liebliche Schall der Glocke das Ende der Sunde an. Pause.

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