Maturazeitung BG Steyr Werndlpark 1983

SEITE PROFESSOREN ANFRAGE EINES CHEMIEUNTERRICHTSKONSUMENTEN Man nehme hin, daß die Chemie da ist. Man nehme sie hin, als einen Teil des Lebens und der Schule. Man nehme an, daß sie scwchl hier als auch da notwendig ist. Nehme man auch noch an, daß die Hälfte aller Schüler einer Klasse Chemie verstehen will: Streber, Interessierte und Notgedrungene, zwecks zukünftigem Medizinstudiums, wo sehr bald Chemie geprüft wird. Das Folgende braucht man nicht anzunehmen: Der Durchschnitt der Schüler, die Chemie nicht nur verstehen wollen, sondern auch verstehen können, liegt, wohlwollend geschätzt, bei drei. Bei uns kennt sich möglicherweise einer aus, ein paar ein bisserl, viele solche nicht, die wollen, oder selbiges wollen müssen. So sitzen denn die Schüler im Saal und fragen wohl zu recht nach Sinn und Ursache der ganzen Zeitverschwendung. Und da ja vorausgesetzt wird, daß bei der Chemie selbst Sinn und Unsinn nicht zu suchen seien, so muß es wohl am Unterricht liegen. Daß zu einem Teil die Schüler am Unterricht beteiligt sind, ist bekannt, aber unterrichten muß der Professor und daß sich genau einer auskennen kann, spricht nicht für seinen Unterricht. Auch wenn er', zugegebenermaßen, keinen Notendruck ausübt. Dennoch kann es nicht Ziel des Unterrichts an einer allgemein bildenden höheren Schule sein, die Allgemeinheit, auch die interessierte, im Un klaren zu lassen. Es sind sich alle Schüler im Klaren, daß ein Professor mehr weiß, ja wissen muß, um unterrichten zu können. Warum weiß aber jener Chemiepro fessor nicht, daß er nicht alles, was er weiß, unterrichten kann oder darf? Kein Lateinprofessor beginnt mit Tacitus oder Plinius in der 3. Klasse, weil ihm der Liber Latinus zu fad ist, und weil er das ja schon kann. Der Unterricht ist eben nicht da, um das Interesse des Unterrichtenden wachzuhalten, sondern um selbiges bei den Schülern wach zu rufen. Und wer das Interesse nicht, wenig stens bei einigen, erreicht, ist ein schlechter Professor, ganz egal, ob er nun eine chemische Kapazität ist oder nicht. Ich möchte hier nicht der Person Prof. Kliments nahegetreten sein, sondern vielmehr seinem Unterricht, wobei ich zugeben muß, daß ich keinen konkreten Verbesserungsvorschlag nennen kann. Das ist aber ja auch eigentlich nicht das Problem eines Schülers. Und außerdem habe ich noch wie vorher von Chemie keine Ahnung Michael Atteneder "Das gibt es ja nicht - der weiß ja alles!" Eigentlich habe ich mir das oft gedacht, wenn er da Zahlen, Stoffe,Formeln, Gleichungen, auswendig, nebenbei erwähnte. Aber auch in Physik und Mathematik beherrscht er so vieles. Sogar Latein übersetzt er ganz locker. Immer wenn er uns mit seinem Wissen verblüfft, zischelt er ein Bißchen mit sei nem Mund, ein Zeichen dafür, wie banal alles für ihn erscheint. Ich glaube, er ist stolz auf seine Fähigkeiten, und er weiß um sie. Der Vorwurf, daß man bei ihm nur hochgeistige Bruchstücke vermittelt bekommt, daß man nichts mitnehmen kann vom Chemieunterricht, ist zwar weitverbreitet, aber nicht richtig. Einer, der sich nicht auseinandersetzen will mit chemischen Pro blemen, der grundsätzlich nicht daran glaubt, daß Chemie interessant und durch schaubar ist, der ist selber daran schuld. Solchen Schülern macht er es nicht schwer, er läßt sie dahindösen, bei den Prüfungen überhört er, daß der Geprüfte selbst eigentlich gar nichts weiß, klammert sich an ausgestoßene Wortfetzen, zieht das Richtige davon heraus, freut sich darüber, gibt sich schon damit zu frieden. Für 3 oder 4 Schüler aber vermittelt er Wissen, das für diese großartig, auch verständlich und wichtig ist. Ich habe viel mitgekriegt in Chemie. Er ist fähig auf jedes Thema einzusteigen - und nicht nur auf chemische. Wenn

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