Linzer Tages-Post vom 1. Jänner 1905

Architrav Josef mit dem Jesukinde und Joachim mit Maria, auf Voluten die beiden Erzengel Michael und Raphael. Die Wände des Presbyteriums sind mit wertvollen Gobelins behängen, von denen der rechtsseitige Salomons Herrlichkeit, der gegenüber befindliche Cäsars Einzug in Rom darstellt. Woher selbe stammen, ist unbekannt, doch Me Stiftskirche ru barsten: vie brabäcnkmsier 6eorgs III. unä vitmsrs V. von Losenstein ru bschwenät in äer Laurentius-Kapelle. sind sie gewiß niederländische Webereien und dürsten einst die Wände des Sommer-Refektoriums bekleidet haben. Der Rundgang durch die Kirche führt zunächst zu dem rechterseits befindlichen Benediklus-Altar. Das Bild stellt den Heiligen im Sterben dar und ist als eines der besten Werke Reselselds zu bezeichnen. Unterhalb des Fensters in einer Nische befindet sich das Grabdenkmal des Stifters von Garsten. Die aus Stein gemeißelte und bemalte Fürften- gestalt liegt auf einer Steinbahre, oberhalb derselben be ­ zeichnet eine Marmortafel, jedoch mit den historisch unrichtigen Daten, seine Grabstätte: „Hie Ruhet Ottakarus Marggraf im Landt Steher Gottseeliger Stüffter deß Closter Gärsten vnd Elisabetha Sein Ehegemahel Eine Leibliche Schwester deß Heilligen Leopolds Marggrafen In Oesterreich Beede Todts Ver ­ blichen vmb daß Jahr 1100." s In der nächsten Kapelle ist der Skapulier-Altar, seit ­ wärts von diesem befindet sich in einem Schreine eine hölzerne Muttergottes-Statue, die als wundertätig verehrt wird. Eine fromme Legende erzählt von ihr, daß Ketzer selbe 1565 aus der Kirche raubten, um sie in der Nähe Stehrs zu zerspalten und zu verbrennen. Doch die Figur widerstand den Axthieben wie auch den Flammen; Merk ­ male daran aber sind heute noch an der Rückseite sichtbar. Aergerlich hierüber, warsen die Räuber die Statue in die Enns, wo sie sofort nach Garsten stromaufwärts schwamm, aufgesangen und feierlich wieder in die Stiftskirche über ­ tragen wurde. Die dritte Kapelle nimmt den Kunigunden- Altar auf, unter demselben liegt Karl von Reselfeld, der 1735 zu Garsten starb, begraben. Die übrigen Kapellen bergen die Altäre des heiligen Bertoldus und der heiligen Gertrud, für welche Reselfeld die Altarbilder malte, während der mittlere, dem heiligen Josef geweihte, mit dem Gemälde des Münchener Malers Johannes Andreas Wolf aus ­ gestaltet ist. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die im Vereine mit dem Passauer Dompropste Franz Anton Grasen von Losenstein neu erbaute Laurentius- oder Losensteiner Kapelle, in welcher sich die Gruft der Starhemberge und Losensteiner befindet. An den Wänden sind zwölf Grabplatten, sowie die großen Renaissance. Grabdenkmäler Georgs III., Ditmars V. und Georg Achaz' I. von Losenstein aufgestellt. Die Stukko- arbeiten, welche ebenso reich als bewundernswert sind, hat Giovanni Battista Carlone 1687 ausgeführt und Jean de Bussier die Deckengemälde al t'rssoo gemalt, deren medaillonförmiges Hauptbild die Schrecken der Pest ver ­ bildlicht, während das oberhalb des Altares befindliche die Marter des Diakons Laurentius darstellt. Das leider nach- gedunkelte Altarbild stellt Irene vor, wie sie beim gelben Fackelschein die Wunden des noch am Baume hängenden Märtyrers Sebastian mit Spezereien wäscht: ein Werk Reselselds. Ebenso prachtvoll ausgestaltet sind die Sommer- und die Wintersakristei, sowie der Winterchor. Die Decke der Sommersakristei ist mit den mannigfaltigsten Stukkoarbeiten und Freskogemälden geradezu überflutet, der Bilderzyklus erzählt die Auferstehungsgeschichte des Heilandes. Die eine Wand wird durch einen kunstvoll gewallten Stukkovorhang überdeckt, Putten halten selben mit großer Kraftanstrengung in die Höhe; ein wunderbares Bild voll lieblichem Reiz. Der Altar mit einer vorzüglichen Kreuzigung von Karl Reselfeld füllt passend die Wand; außerdem bedecken noch andere Bilder, die Enthauptung Johannes des Täufers und Kreuzabnahme, die Wände. Die Wintersakristei ist klein und wird nur im Winter benützt; einige Bilder mit Ordens- heiligen aus dem Benediktinerorden von Maler Reselfeld schmücken den nicht minder stukkoreichen Raum. Der arg beschädigte Winterchor birgt eine Kreuzigung des gleichen Künstlers und sieht demnächst seiner Restaurierung entgegen, dort werden die schön geschnitzten Chorstühle des alten Linzer Domes, die zurückgegeben werden sollen, Aufstellung finden. Der Handschuh. Plauderei von A. Lindner. In diesen Tagen der rauhen Jahreszeit streift Wohl jeder eine schützende Hülle über seine Hand, und ebenso sucht das zarte Geschlecht auf Bällen und in Konzerten die Form der schön gepflegten Finger womöglich noch durch einen eleganten und geschmeidigen Handschuh zu heben. Daß das letztere überhaupt kaum möglich ist, wissen die Aesthetiker längst. Aber die Frauenwelt davon abbringen wollen, daß sie dem Handschuh ihre ganze Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit zuwcndet, wäre wohl ein ver ­ gebliches Unterfangen. Denn ihre Liebe zu diesem Toilettestücke ist so alt, daß der Ursprung sich selbst vom geschicktesten Forscher kaum bloßlegen läßt. Freilich dürfte der Handschuh kaum zuerst dem Zwecke, zu welchem ihn heute vorwiegend die Frauenwelt benützt, gedient haben. Die erste, die Handschuhe verfertigte, war wohl Rebekka. Um Jsaak, ihren Mann, dessen Augenlicht schwach geworden war, in den Glauben zu versetzen, der, den er segne, sei sein Lieblings ­ sohn Esau, verschaffte sie dem Jakob Handschuhe aus Ziegenleder. Vom Laertus, dem Vater des Odysieus, erzählt Homer, daß er seine Hände, um sie gegen das rauhe Strauchwerk zu schützen, mit Hand ­ schuhen bekleidet habe. Bei den Römern war der Handschuh wohl schon ziemlich bekannt. Varro teilt mit, daß seine Landsleute, damit die Hände beim Pflücken der Oliven nicht schwarze Flecken bekämen, sich dieses Schutzmittels bedient hätten, und Plinius der Aeltere verschaffte seinem Schreiber — der stets bei ihm weilte, um alles, was er ihm diktierte, niederzuschreiben — Fausthandschuhe, damit die Winterkälte ihn nicht störe, seiner Beschäftigung andauernd obzuliegen. Aber dann kam der Handschuh in die Gunst der Frauen ­ welt und erhielt sich darin dauernd bis auf den heutigen Tag. Waldenser erzählt, daß die Prinzessin von Eboli, die uns aus Schillers „Don Carlos" so bekannt geworden, den Antonio Perez, der sie schwärmerisch verehrte, beauftragt habe, ihr Handschuhe aus Hundsleder zu verschaffen. Im Mittelalter war es zumal Venedig, das sich durch die Fabri ­ kation seiner Handschuhe geradezu einen Weltruf erwarb. In der Tat zeugen die Handschuhe dieser Königin der Meere von einem so vornehmen Ge ­ schmack und so köstlicher Arbeit, daß die moderne Industrie von jenen alten Meistern viel lernen könnte. Sie waren nicht nur mit Stickereien ver ­ ziert, sondern auch mit Zeichnungen von seltenem Geschmack und ebensolcher Feinheit der Ausführung. Die galanten Frauen der damaligen Epoche trugen wohl insgesamt Handschuhe. Am Hofe der Valois zeigte man eine geradezu zärtliche Schwärmerei für dies Toilettestück. Katharina von Medici war eine Verschwenderin darin; aber sie verschwendete wenig ­ stens mit Geschmack und Kunstsinn. Ihr weibischer Sohn Heinrich III. wetteiferte im Gebrauche un ­ zähliger Handschuhe mit seiner ebenso schönen wie leichtfertigen Schwester Margarete von Valois, der ersten Gattin Heinrichs IV., mit dem sie am Bartholomäustage jene denkwürdige Bluthochzeit einging. Zugleich parfümierte man bereits damals schon die Handschuhe. Sie repräsentierten einen hohen Wert und wurden von Fürsten Damen, die man verehrte, und Gesandten, die man für sich zu gewinnen suchte, zum Geschenke gemacht. Als in Palermo vor einigen Jahren eine Ausstellung von Kunstgegenständen stattfand, sandte Crispi als über ­ aus seltenes Stück einen rotseidenen Handschuh. Er hatte einst Konradin von Hohenstaufen gehört und wurde von ihm an jenem Tage getragen, als er im Jahre 1269 den letzten Gang auf das Schafott machte, wo er sein edles Dasein unter dem Schwerte des Henkers ließ und die deutsche Herrschaft in Italien für alle Zeit den Todesstoß empfing. Es ist nur selbstverständlich, daß ein so wichtiges Toilettestück auch zum Symbol wurde. Jahrhunderte hindurch hatte der Handschuh im gesellschaftlichen und kulturellen Leben Missionen zu erfüllen, die ihm inzwischen freilich zum Teil genommen sind. Wenn ehedem in England ein Jahrmarkt eröffnet wurde, so geschah dies „kraft des königlichen Hand ­ schuhs". Eine lange Stange wurde aufgerichtet, nachdem vorher an ihr ein Handschuh befestigt worden war. Hier verblieb er allen sichtbar, bis der Jahrmarkt zu Ende war. Dann wurde die Stange wieder heruntergelassen und der Handschuh von ihr gelöst. Shakespeare erzählt in „Timon in Athen", wie die Senatoren von Alcibiades verlangten, daß er ihnen zum Zeichen des Schutzes, den sie von ihm nach ihrer unbedingten Unterwerfung begehrten und erhielten, einen Handschuh überreiche. Denn der Handschuh galt im ganzen Altertum als Symbol der Treue. Auf ihn wurden Eide geschworen und Gelöbnisse eingegangen. Seine höchste Blüte in solcher symbolischen Hinsicht genoß der Handschuh wohl im Zeitalter der Renaissance. Als Johanna von Navarra, die Mutter Heinrichs IV., Bedenken trug, an den eidbrüchigen und genußsüchtigen Hof der Valois zu kommen, übersandte man ihr als Zeichen, daß sie sich vor jeder Gefährdung sicher fühlen möge, einen Handschuh. Die edle Fürstin kam und — starb, gerade am Tage vor jener Hochzeit, die in der Bartholomäusnacht unter dem entsetzlichen Hinmetzeln der Hugenotten stattfand. Allerhand Gerüchte über ihren plötz ­ lichen Tod kamen in Umlauf, aber das beglaubigteste ist wohl jenes, daß sie durch ein Paar Handschuhe vergiftet worden sei, die ihr Katharina von Medici, ihre Todfeindin, geschenkt hatte. Der Handschuh verkündete ferner Krieg und Fehde. Wenn zwei Ritter sich zum Zweikampfe forderten, so fand die Herausforderung dadurch statt, daß man sich einen Handschuh zuschleuderte. Anderseits wird bei einem germanischen Volke noch heute durch den Handschuh symbolisch ein sehr wichtiger Akt eingeleitet. Will nämlich ein junger Holländer, der in die indischen Kolonien ausgewandert war, die im Mutterlande zurückgelassene Braut ehelichen, so be ­ auftragt er einen Gewährsmann damit, an seiner Stelle mit ihr die Trauung einzugehen. Das Zeichen aber, daß sie, obwohl durch so weite Strecken Landes getrennt, doch von nun an als vermählt zu gelten haben, besteht darin, daß die Braut einen Handschuh des Mannes, als dessen Gattin sie sich nunmehr zu betrachten hat, zugeschickt erhält. Die Sitte selber ist fest eingewurzelt; keine holländische Jung ­ frau würde, wenn sie einen solchen Handschuh zugeschickt erhält, Bedenken tragen, auf diese Weisung hin die Reise in die Kolonien anzutreten. Heute hat der Handschuh seine symbolische Bedeutung längst eingebüßt. Auch die Stoffe, aus denen er ehedem verfertigt wurde, mögen zum Teil andere geworden sein und Schnitt und Aufputz sind jener Laune unterworfen, die die Mode bekanntlich mit einer Tyrannei sondergleichen allen Toilettestücken gegenüber zeigt. Die Handschuhindustrie ist aber ohne Zweifel von Jahrhundert zu Jahrhundert in stetem Zunehmen gewesen. England allein soll jährlich mehr als 36,000.000 Paar Handschuhe verbrauchen. Drei Viertel davon gehen in den Besitz des schönen Geschlechtes über; mit dem letzten Viertel schützt oder putzt das starke Geschlecht seine Hände. Der Laie ahnt selten, eine wie große Aus ­ dehnung die Handschuhfabrikation hat. Eine englische Firma allein soll direkt und indirekt 50.000 Personen beschäftigen. Das leuchtet erst vollkommen ein, wenn man bedenkt, daß ein einziges Paar besserer Glacehandschuhe oftmals durch nicht weniger als zweihundert Hände gelangt, ehe es über die rosigen Finger gestreift wird, für die es endgültig bestimme ist. Auch die skandinavischen Länder sind ebenso fleißig wit erfolgreich in der Handschuhfabrikation. Den Franzosen muß man nachrühmen, daß sie gleichfalls ganz vorzügliche Hand ­ schuhe auf den Weltmarkt bringen. Ein Hauptort für die Handschuhfabrikation in Frankreich ist Grenoble. Diese Stadt besitzt übrigens ein sehenswertes Denkmal, das einem Handschuhfabrikanten errichtet wurde, der sich um die Ver ­ vie Stiftskirche ru barsten: Srabäenkmai bcorg Hchar' I. von Losenstein in äer Laurentius-Kapeiie.

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