Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

70 sein Genrebild „Nus sur le sable" (nackte Frauen am Strande). Andre Brouillet ist auch einer jener Porträtmaler, die es verstanden haben, ihre Kunst mit dem Geschmack des Publikums in Einklang zu bringen. Sein Bild der Baronne X ist hübsch, lebendig, technisch einwandfrei. Felix Borchardt bleibt seinen Freilichtbildern, zu denen die etwas harten Konturen allerdings nicht immer gut passen, treu. Die sonnigen Landschaften aus dem Süden gehören zu seinen besten Arbeiten. Die hübschen kleinen Ölgemälde von Raimond Woog (spielende Kinder und Stilleben) zeichnen sich durch anmutige Originalität aus. Zwei sehr kräftig behandelte Porträtstudien von Casas haben einen gewissen künstlerischen Schick. Albert Frapie verlegt sich auf die absolute Nachahmung von Fragonard in Farbe und Sujets. Von weitem ist die Ähnlichkeit sehr gelungen, bei näherer Betrachtung wirkt sie unsympathisch. Jules Pages und Morisset sind in dieser Gesellschaft diejenigen Künstler, welche am meisten durch moderne Tendenzen auffallen. Die Landschaftsbilder sind fast durchwegs vorzüglich. Es ist dies auch bei den Namen: Pierre Waidmann1 Olsson, Grimelund, Harrisson und andern Berühmtheiten nicht zu verwundern. Die Bildhauer haben sich diesmal nicht sehr zahlreich beteiligt: Eine Büste der Königin von Belgien von Charles Samuel, einige Köpfe von Theodore Riviere und wenige andere, die man zu leicht übersieht. Eine andere Abteilung der Galerie Georges Petit beherbergt die Ausstellung „La Comedie Humaine" . Man denkt zuerst an Balzac's gleichnamiges Werk, doch handelt es sich hier um die modernste „menschliche Komödie". Eigentlich ist dies nur ein anderer Titel für die stets so beliebten Ausstellungen der „Humoristes·•. Wir finden dieselben Künstler, welche bisher ihr Talent in den Dienst der heiteren Philosophie stellten und sich auf dem Gebiet der Karikatur Lorbeeren holten. Die besten Gedanken sind natürlich wieder der unerschöpflichen feinen Beobachtungsgabe von Albert Guillaume zu verdanken. Seine Darstellungen behalten immer etwas Anmutiges, wie beißend auch sein Humor sein mag. Der Stil von Jean Veber, der die Menschen als gräuliche Zwerge auffaßt, ist immer derselbe. Lepape verlegt sich zumeist auf Skizzen aus den russischen Balletten. Sem ist mit Forain und L eandre einer der größten Meister der Karikatur. Dethomas, Dresa, Metivet, Wely, Abel Faivre, Capiello, sie alle haben uns durch ihre drolligen Einfälle ergötzt und sie gehören ohne Zweifel zu jenem „Tout-Paris11 , dessen Namen jedem geläufig sind. Th. Kulmer "\ :XTIEN. NIEDERÖSTERREICHISCHES LANDESMUSEUM. In Ver– V V tretung Seiner Majestät des Kaisers eröffnete am 18. v. M. Seine k. u. k. Hoheit Herr Erzherzog Leopold Salvator das neugegründete Niederösterreichische Landesmuseum im ehemaligen Palais Geymüller in der Wallnerstraße. Vorläufig ist das neue Museum in sieben Räumen untergebracht, doch ist diese Raumeinteilung bloß als provisorische zu betrachten, weil sich diese Räume schon heute für das vorhandene Material als viel zu gering erweisen. Trotzdem konnte in dem gegebenen Rahmen eine systematische Anord– nung der einzelnen Abteilungen vorgenommen werden. Wir werden über dieses neue Wiener Museum in einer der nächsten Nummern von „Kunst und Kunsthandwerk" ein– gehend berichten. MITTEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER– REICHISCHEN MUSEUM ~ KURATORIUM. Seine k. u. k. Hoheit der Herr Erzherzog Franz Ferdinand hat in seiner Eigenschaft als Protektor der Zentralkommission für Denkmalpflege das Mitglied des Kuratoriums des Österreichischen Museums Seine Exzellenz Johann Grafen Wilczek zum Ehrenmitglied der Zentralkommission, ferner die Kuratoriumsmitglieder

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