Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

69 Endlich wurden auch von Vertretern der Gegenwartskunst Werke von Liebermann, Hodler, Erler, K. Tuch, Barlach und Gaul - aus der „Magdeburger Kunstschau" - angekauft. VonLiebermann eine ,,Strandterrasse" mit vielen sitzendenMenschen und wehendenFahnen im Sonnenschein; ein helles Gegenstück zu dem Braun der „Judengasse", die das Museum bereits besitzt. Von Hodler zunächst eine Landschaft, ,,Genfersee", von wunderbarer Bläue des Wassers und Himmels, mit lauter Horizontalen der leisen Wellen, der fernen Jurakette und streifiger weißer Wölkchen im hohen Blau: ein Bild von unendlicher Weiträumigkeit. Von Fritz Erler ein vortrefflich auf Weiß und Schwarz gestimmtes Damenbildnis, von Kurt Tuch eine dekorativ-anmutige Parklandschaft in lauter grünen Tönen. Zwei unserer hervorragendsten Plastiker hielten mit Bronzen ihren Einzug ins Museum : Gaul mit zwei lagernden Ziegen, Barlach mit einer „Bettlerin", die in demselben groß vereinfachenden Flächenstil gehalten ist wie seine Holzskulpturen ; ein Bild wuchtiger Monumentalität im kleinen Maßstabe. P . F. Schmidt PARISER AUSSTELLUNGEN. ,.Die Exposition Internationale de !'Art chretien moderne" im Musee des Arts necoratifs vereinigte alles, was die moderne Kunst zu kirchlichen und religiösen Zwecken geschaffen hat: Architektur, Skulptur, Malerei, Kunst– gewerbe sind hier reichlich vertreten. Einige vorstorbene Meister werden diesmal auch noch zu den „Modernen" gerechnet, und man findet hier gar keine von den sezessio• nistischen Exzentrizitäten, welche den Besucher in seiner Auffassung religiöser Gedanken verletzen könnten. Die Ausstellung, welche 500 Nummern umfaßt, bietet jedenfalls Gelegenheit zu interessanten Studien über noch nicht gelöste Fragen, insbesondere über diejenige des modernen Kirchenbaues. Hierin wurde noch nichts geleistet, was dem Zwecke und dem kulturellen Gedanken entspräche. Moderne Kunst soll eben vor allem individuell sein, und dies läßt sich nicht leicht mit den äußerst traditionellen christlichen Begriffen vereinigen. Von diesem Umstande abgesehen, bewundert man gern die Bilder von Burne– Jones, den geisterhaft verschwommenen Christus und die beiden Gebete von Eugene Carriere, die heilige Genoveva und die Pieta von Puvis de Chavannes. Um zu den lebenden Künstlern überzugehen, sind vor allem drei große Entwürfe (lebensgroße Kohlenzeich– nungen) des Meisters Besnard, für das Krankenhaus in Berck bestimmt, zu erwähnen. Auch Madame Besnard ist mit einer Statue des heiligen Franziskus vertreten. Die Arbeiten von Saint Marceaux und von Bartholome sind wie immer von tadelloser künstlerischer Vollendung. Der berühmte Humorist Forain hat seine Bewunderer hier mit einigen äußerst individuell behandelten religiösen Sujets (Kohlenzeichnungen) überrascht. Den meisten Raum nehmen die Bilder von Maurice Denis ein: große freskenartige Gemälde, welche für eine Kapelle in Vesinet bestimmt sind, außerdem Entwürfe für Gobelins und Illustrationen für eine N achfolge Christi. Seine Ölgemälde zeichnen sich durch hübsche Farben– stimmungen aus; dieser Eindruck wird in keiner Weise durch die Darstellung eines nennenswerten Gedankens beeinträchtigt. Viel charakteristischer sind die Gemälde von Eugene Burnand, dessen „Abendmahlu ein sehr bemerkenswertes, wenn auch keineswegs modernes Kunstwerk ist. Das Kunstgewerbe ist durch diverse Kirchengewänder, Kirchengeräte (darunter ein Kelch von Lalique) und die herrlichen Spitzen der berühmten Firma Lefebure vertreten. Bei Georges Petit findet diesen Monat die Ausstellung der „Societe Internationale de Peinture et de Sculpture" statt. Diese seit beinahe 30 Jahren bestehende Vereinigung wird zwar von der jüngeren Kunstwelt oft etwas verächtlich als „altes Eisen" behandelt, doch gehört ihre Ausstellung zu denjenigen, welche vom Pariser Publikum am meisten geschätzt und besucht werden. Es ist hier keine erdrückende Fülle von Bildern, der Besucher findet gern bekannte Namen und fast alle Mitglieder der Societe Internationale sind in Paris ansässig, Künstler, die es verstanden haben, sich eine gesellschaftliche Stellung zu schaffen. Der beliebte Porträtmaler Carrier-Belleuse stellt einige recht hübsche Köpfe, leider auch ein ziemlich mißlungenes Porträt von Madame Caillaux aus. Entzückend ist hiegegen

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