Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

Figurinen aus dem „Bergsee", entworfen von dem Professor der Kunstgewerbeschule Koloman Moser der Realität wird mit künstlerischen Mitteln hervorgebracht, nicht durch die Reproduktion der Wirklichkeit. Der „Bergsee" gibt eine verhältnismäßig geringe Mannigfaltigkeit von Wirkungselementen. Im Anfang ist es die großzügige Umgebung eine; Bergfestung, die starken Gegensätzen entgegenkommt; in der Hauptsache aber bleibt es die Gebirgswelt mit dem See als Mittelpunkt, die das Milieu bestimmt. Da müssen Lichterscheinungen und atmosphärische Vorgänge schwierigsterArt die Hauptrolle spielen. Die große Wasserfläche spiegelt die Luft- und Lichtvorgänge wider, die den mächtigen Hintergrund der Bergriesen entweder in hellstem Sonnenglanz leuchten lassen oder durch Wolkenzüge und Nebelmassen in immer tieferes Dunkel hüllen, bis die fahlen Lichter des Gewitters aufblitzen: Mit starker Hand sind alle Elemente des Bühnenbildes auf diese Hauptwirkungen hin konzentriert. Durch Weglassung alles kleinen Details, durch großformige Silhouetten und klare Gegensätze von Hell und Dunkel allein wird die Wirkung erstrebt. Und doch ist es immer die Beobachtung der Natur und ihrer mächtigen Vorgänge, die aus allem in einer packenden Sprache herausspricht. Leichteres Spiel hatte Moser mit der farbenbunten Pracht der Trachten der Lands– knechtzeit. Aber auch hier war es ihm naturgemäß mehr um die Charakterisierung der Figuren des musikalischen Dramas, um ihr Milieu zu tun als um eine Anwendung historischer Kostümstudien. In freier Weise benutzt er die farbigen und stofflichen Wirkungen, das Beiwerk an Waffen und Kriegsgerät, um packende Masseneindrücke zu erzielen oder um Gegensätze zu betonen. Die reichen Kleider der Söldnerscharen werden den primitiven Mitteln der Bauern und der Armut der Fischer gegenübergestellt und steigern sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn immer öfter sich zum Dichter und Komponisten auch der bildende Künstler gesellen würde, der aus der Bühne ein Kunstwerk der Raum– gestaltung im Sinne der Dichtung macht.

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