Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

·solche Berühmtheit erfahren wie Österreich, wo Steyr einenWeltruf erlangte. Hier wurden die besten Klingen erzeugt, wenn auch die weitere Verarbeitung zum größten Teile andern Ortes, so namentlich in Nürnberg, Wien, Augs– burg und Basel erfolgte. Viele Ausländer bewerkstelligten mit Gewinn den Verkauf Steyrer Klingen. So ist der Nürnberger Kunz Horn, welcher in Steyr Messer nach Venedig handelte, in kurzer Zeit zu großem Vermögen gelangt, und Hans Horst von Cöln handelte in Nürnberg am Ausgang des XVI. Jahr– hunderts mit Steyrer Eisenwaren. Viele Steyrer Bürger unterhielten ganze Faktoreien für Klingen in Venedig. Von dort erfolgte der weitere Verkauf an die Städte Italiens, welches wohl einen ganz bedeutenden Prozentsatz seiner Klingen aus Steyr bezogen hat. Das Gebiet der Klingenindustrie in Steyr umfaßt mehrere nahegelegene Ortschaften und die Stadt selbst. In Tratten– bach im Ennstal und den Ortschaften des Wendbachtales hat die Eisenbear– Abb. 62. Ausschnitt aus dem Gemälde „Dorfkirch– weib" Pieter Bruegbel d. Ä. (1525?- 1569) (Kaiser– liche Gemäldegalerie inWien) beitung und speziell die Klingenerzeu– gung jahrhundertelang eine Heim- und Betriebsstätte gefunden. Die heute noch in Trattenbach blühende Erzeugung von kurzen breiten Messern „zum Ein– schlagen", -im Volksmunde „Taschen– feitln" genannt, ist wahrscheinlich ebenso alt wie die Ansiedlung selbst. Erwähnt wird sie bereits zu Anfang des XIV.Jahrhunderts, und in das Jahr 1486 fällt eine Entscheidung des Nürnberger Rates dahin, daß dem „Scharsach– Schmied" Hans Lukas in Nürnberg die Herstellung bis zu 100 Klingen in der Woche zu bewilligen sei. Hans Lukas war Trattenbacher und hatte der Schar– schacher oder Steinbacher Messer– innung angehört, die das aus den Reich– raminger Eisenwerken bezogene Eisen, welches „Scharschach" genannt wurde, zu Klingen verarbeitete. Ein frühes Trattenbacher Einschlagmesser wurde bereits besprochen (Abb. 46). Von späteren Trattenbacher Messern ist eine große Reihe vorhanden, bis zu jenen kleinsten Kunstwerken, welche imXIX. Jahrhundert und auch heutigen Tages noch als Erinnerung an Trattenbach in großen Mengen Absatz finden. Im XVII.Jahrhundert trachteten die Schar– schacher Klingenschmiede, weil sie mit

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