Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 2, 1985

Fritz Fröhlich, Kriegsgericht, 1969, Acryl, 48 cm x 78 cm. Auf diese Welse ist das CEuvre Fröhiichs all gemein zugänglich gemacht worden. Und ein historisch wertvolles Gebäude, das beinahe schon der Straßenverbreiterung zum Opfer gefallen wäre, konnte revitalisiert werden. Die Räumlichkeiten wurden so wiederhergestellt, daß sie dem Bauzustand von 1654 entspre chen. Bei der Freilegung des gotischen Kel lergewölbes zeigte sich, daß das Gebäude eines der ältesten der Stiftsanlage ist. Sämtli che Instandsetzungsarbeiten erfolgten ohne Subventionen, wobei auf kostenintensive Bauarbeiten verzichtet wurde. Es gibt weder elektrisches Licht noch Heizung oder sonsti ge Installationen. So ist die Sammlung, den tages- und jahreszeitlichen Gegebenheiten entsprechend, ab 15. Mai bis 15. Oktober, täg lich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Die weiß gekalkten Räume und der rohe Bret terboden konzentrieren den Blick auf Fröh liche Bilder. Wer die abgetretenen Steinstu fen zu Fröhiichs Bilderwelt hinuntersteigt, der muß sich Zeit nehmen. Wer Momentaufnah men einfangen, hektisch Effekte speichern will, dem bleiben diese Bilder verschlossen. Der Betrachter soll jedoch ruhig seinen Alltag mit hereinnehmen, denn Fröhlich geht es in seinen Darstellungen um das menschliche Dasein, um die Wirklichkeit hinter den Din gen. Fröhlich bietet dem Betrachter keine Pa tentlösungen an. Seine Werke können aber den Geist des Betrachters, dessen Seele, mit ten In die Bildebene hineinziehen. Wer ein steigt, muß mitmachen, die Biidobjekte abta sten, muß mit den Figuren interagieren. Das kann oft schmerzlich sein, aber auch be freiend. Fröhlich paßt in keine vorgefertigte Schub lade der Kunstbetrachtung. Wer glaubt, die Gegenwartskunst in seinem Gehirn katalogi siert und auf Stichwort die passenden Voka bel parat zu haben, der fühlt sich plötzlich un wissend, wenn er dem Werk Fröhiichs gegenübertritt. Surreal, abstrakt, gegen ständlich ... die Begriffe purzeln durchein ander. Man hat es mit einem CEuvre zu tun, das so bedeutend ist, daß es ein eigenes Fach im Fächerwerk der Gegenwartskunst beansprucht. Fröhlich ist zwar nicht im inter nationalen Jet-Set der Gegenwartskunst an zutreffen, aber Ausstellungen in Basel, Karls ruhe, Tokio, Bombay, Dublin, Amsterdam, Düsseldorf, Mailand, Oldenburg, Toronto, Genf, München, Duisburg, Trento, Montreux, Vevey, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart, Wies baden . . . beweisen, wie sehr er internatio nales Publikum anzusprechen vermag. Zu erwähnen sind auch die bedeutenden Fres- "f »iS komalereien des Künstlers; in der Stiftskirche von Engelszell („Engelchöre"), im Linzer Lan destheater („Mythos des Orpheus") und in der Synagoge von Linz („Die zwölf Stämme Israels") und andere. Der Künstler, der an der Akademie in Wien studiert hat, dann den zweiten Weltkrieg und die anschließende Wiederaufbauphase durchleben mußte, konnte erst spät die für seinen künstlerischen Werdegang entschei denden Schritte tun. Doch ais es die Umstän de erlaubten, brach sein Talent mit doppelter Kraft durch, seine Schaffenskraft ist bis heute ungebremst. Der 75jährige Künstler arbeitet mit ungeheurer Intensität und Vehemenz. Der Mensch steht im Mittelpunkt seines Schaffens. Für ihn ist der Mensch das beun ruhigendste Wesen, das sowohl zu höchsten Leistungen, ais auch zu totaler Barbarei fähig sein kann. Diese Zwiespältigkeit macht dem Künstler zu schaffen, sie will er zur Darstel lung bringen. Er zeigt Ausschnitte aus der Realität, so wie sie sich ihm zeigt. Deshalb wäre es verfehlt, entweder die tragische oder die heitere Stimmung in seinen Bildern über betonen zu wollen. Ernstes und Komisches sind im Alltag miteinander verwoben. Und der Betrachter nimmt seinen eigenen Alltag auch in die Bildbetrachtung mit hinein, so 56

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