Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 2, 1985

Die Anfänge des Bistums Linz Johannes Ebner Die vorjosephinlschen Abtrennungen von Bistümern auf österreichischem Boden (Wien 1469, Wr. Neustadt 1469) im Passauer Bistumsverband hatten sich eigentlich je weils nur auf ein relativ kleines Stadtgebiet bezogen. Kaum zur Alleinherrschaft gekom men, drängte Kaiser Joseph II. sehr ener gisch auf die Realisierung einer Diözesanregulierung, die seine österreichischen Erbländer zur Gänze betreffen sollte. Diese bildete jedoch nur einen Teil der bedeutend sten josephinischen Maßnahmen, die in dieser Darstellung zur Sprache kommen soll; ähnlich revolutionären Charakter tragen die Pfarrregulierung und die Gründung des Reli gionsfonds, die de facto die Klosteraufhe bungswellen voraussetzt. Passau war mehr als 1000 Jahre kirchli ches Zentrum für das Land ob der Enns Die Wurzeln des christlichen Lebens im heu tigen Linzer Diözesangebiet reichen in das „Noricum der Römer" zurück. Gerade die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben die Historizität der frühen Giaubenszeugen in unserem Land eindrucksvoll nachweisen können. Hier sei besonders auf Florianus mit seinen Gefährten und auf Severin, den „Apo stel Noricums", und ihre vernehmlichen Wir kungsstätten Enns- Lorch/Laureacum und Passau-Boiotro verwiesen. Lorch erlangte auch zweitweise den Rang eines Bischofssitzes. Spätestens seit 739, als das Bistum Passau kanonisch errichtet wurde, trägt Passau auch die kirchliche Verantwortung für das heutige Linzer Diözesangebiet. Das Bistum Passau konnte im Laufe der Jahr hunderte, insbesondere nach Überwindung der kriegerischen Bedrohung aus dem Osten durch die Awaren bzw. Ungarn, die auf dem Lechfeld im Jahre 955 vernichtend geschla gen wurden, seine Ausdehnung bis nach Un garn erstrecken, dieses Gebiet missionieren und kirchlich verwalten. Im Heiligen Römi schen Reich bildete Passau das ausdeh nungsmäßig größte Bistum (ca. 42.000 km^). Das ausgedehnte Bistumsgebiet stellte die Bischöfe vor große Verwaltungsprobleme. Um dem einigermaßen zu begegnen, wurde das Diözesangebiet u. a. in zwei Sprengel ge teilt und zwei Offiziale bestellt, die den Pas sauer Bischof in Jurisdiktions- und Aufsichts angelegenheiten unterstützten. Daß die kirchliche Leitung ihren Sitz in Passau, also außer Landes hatte, scheint schon für die Ba benberger eine Herausforderung gewesen zu sein. Auch unter den Habsburgern sind immer wieder staatskirchliche Praktiken fest zustellen, die starken Einfluß auf die kirchli che Verwaltung ausgeübt haben. Q Bischofsstab des Weihbischofs Bernhard Meurl von Passau (gestorben 1526), Buchsbaumholz, Domschatz Passau. Weihbischof Bernhard Meurl nahm in Oberösterreich viele Kirch- und Altarweihen vor. Sein Bischofsstab wird zu den Meisterwerken spätgotischer Schnitzkunst (Donauschule) gezählt. Siehe Katalog: Kirche in Oberösterreich, OÖ. Landesausstellung 1985, Kat. Nr. 6.22 g. Als ein typisches Beispiel dafür können etwa die unter König Ferdinand I. durchgeführten Kirchenvisitationen, die durch königliches Dekret durchgeführte Verlegung der Pfarr rechte von Lorch nach Enns (1553) oder etwa die durch ihn veranlaßte Umwidmung von Benefizienstiftungen angesehen werden, also jeweils ausschließlich rein innerkirchliche An gelegenheiten bzw. bischöfliche Agenden, die der Landesfürst hier an sich zog. Das ältere Staatskirchentum erfuhr in der zentralistischen Staatsauffassung der aufge klärten Monarchen theoretische Ausformung und damit System. Mit dem Höhepunkt dieser Entwicklung in Österreich verbinden wir den Begriff „Josephinismus"; Die Kirche habe — in utilitaristischer Sicht — als Staats anstalt dafür zu dienen, größtmögliches Glück aller Untertanen zu gewährleisten. Aus kirchenpolitischen Erwägungen hat zweifellos Passau vielfältige Anstrengungen unternommen, das Schreckgespenst einer Abtrennung der österreichischen Länder von seinem Bistum zu verhindern. Den Vorwurf, daß die österreichischen Län der „vom Ausland" regiert würden, suchte man insofern zu parieren, als man ganz be wußt Vertreter hervorragender österreichi scher Adeisgeschlechter auf den Passauer Bischofsstuhl berief, z. B. Erzherzog Leopold (1598-1625), Johann Philipp Graf von Lamberg (1689-1712). In der Bistumsverwaltung schien kaum der Name Österreich auf, man sprach lediglich vom Offizialat ob bzw. unter der Enns usw. Zudem versuchte man den für Passau bis tumspolitisch wichtigen und traditionsrei chen Dekanatssitz Enns mit hochrangigen Vertretern des Klerus zu besetzen, selbst die Struktur des Dekanatssprengeis von Enns mochte dazu dienen, die ober- und nieder österreichischen Landesgrenzen zu verwi schen, lag doch nur die Pfarre Enns mit der Filiale Kronstorf auf oberösterreichischem Boden, die weiteren Pfarren des Dekanates ausschließlich im niederösterreichischen Mostviertel. Rudolf Zinnhobler hat das alte Dekanat Enns zurecht als Bistumsklammer bezeichnet. Abtrennung der österreichischen Erbiänder vom Bistum Passau durch Kaiser Joseph ii. Unmittelbarer Anstoß für die Wahl des Zeit punktes der längst geplanten kaiserlichen Er richtung der Bistümer Linz und St. Pölten bil dete für Joseph II. der Tod des greisen Passauer Oberhirten Kardinal Leopold Ernst Graf Firmian (1763—1783); er starb am 13. März 1783 um 3 Uhr früh.

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