Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Inhaltsverzeichnis Schwerpunktthema 900 Jahre Kloster Garsten Dr. Josef Lenzenweger, 0. Universitätsprofessor, Wien Berthoid, erster Abt von Garsten — Wendepunkt in der Geschichte eines Ortes 2 Dr. Erich Widder, Professor, Diözesankonservator, Linz Die Bauherren von Garsten 11 Dr. Waldemar Huber, Vorchdorf Das Kloster Garsten als Grundherrschaft im Mittelalter 19 Dr. Johann Sturm, Direktor des Pädagogischen Institutes des Bundes für Oberösterreich, Linz Eine Sammlung Garstener Baupläne des 19. Jahrhunderts im Österreichischen Staatsarchiv 27 Dr. Maximilian Grothaus, Graz Eine frühe Monumentaidarstellung des Sieges vor Wien von 1683 in der ehemaligen Stiftskirche von Garsten 39 Dr. Walter Luger, Ehrenkonsulent der oö. Landesregierung, Linz Marian Rittinger und Johann Karl von Reslfeid — Zw/ei Barockkünstier aus Garsten 47 Dr. Benno Ulm, W. Hofrat i. R., Linz Die mittelaiteriichen Grabplatten der Losensteiner in Garsten 61 Umschlag: Bildnis Carlo Antonio Carione, Privatbesitz in Scaria, Italien. Dieser bedeutende Barockbaumeister, gestorben 1708 in Passau, hatte wesentlichen Anteil an der hochbarocken Kirchenarchitektur in Öster reich. Sein Name ist engstens verbunden mit den Kiosterbauten Garsten, Kremsmün ster, St. Florian usw. Dieses Porträtfoto ist eine Erstveröffentlichung. Foto: Erich Widder Gestaltung: Herbert Friedl Kulturzeltschrift Oberösterreich 35. Jahrgang, Heft 1/1985 Vierteljahresschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember. Medieninhaber (Verleger), Herausgeber und Hersteller: Oberösterreichischer Landesverlag Gesellschaft m.b.H., A-4020 Linz, Landstraße 41. ISSN 0253-7435 Redaktion: Dr. Otto Wutzel, Dr. Elfriede Wutzel, A-4020 Linz, Landstraße 41. Jahresabonnement(4 Hefte): S 396.—; Einzelverkaufspreis: S 110.—. (Alle Preise inkl. 10 % MWSt.) Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Medieninhaber: Oberösterreichischer Landesverlag Gesell schaft mit beschränkter Haftung. Unternehmensgegenstand: Druckerei, Zeitungs-, Zeitschriften- und Buchverlag, Buch- und Papierhandel. Sitz: 4020 Linz, Landstraße 41. Geschäftsführer: Mag. Ing. Wilhelm Pohn, August Hattinger, Dkfm. Günther Gogi. Aufsichtsrat: Helmut Bergthaier, Dr. Josef Gugerbauer, Dr. Winfried Kern, Ludwig Kneidinger, Dr. Josef Koimhofer, Mag. Hei mut Kukacka, Mag. Friedrich Mayrhofer, Dipi.-Volkswirt Heimut Ornezeder, Eduard Ploier, Dr. Hans Schilcher, Josef Wiener, Dr. Josef Wöckinger, Alexander Baratsits, Theodor Greilinger, Walter Gruber, Günter Halbmayr, Gerhard Hennerbichler, Peter Stögmüller. Gesellschafter, deren Anteil 25 Prozent übersteigt: Diözese Linz, Oberösterreichi sche Raiffeisen-Zentraikasse reg. Gen.m.b.H. Die OÖ. Landesverlag Ges.m.b.H. ist mit 90% Gesellschaftsanteil an der VERiTAS Gesellschaft m.b.H., Linz, Harrachstraße 5, Geschäftsführer: Dkfm. Werner Höffinger, Unternehmensgegenstand: Verlag, Handel und Werkstätten, beteiligt. Grundlegende Richtung: Kulturzeitschrift. Oberösterreich aktuell Helga LItschel, Konsuient der oö. Landesregierung, Linz Oberösterreichische Landesausstel lung 1985 „Kirche in Oberösterreich 200 Jahre Bistum Linz" Kulturinformationen 73 82 Bücherecke Oberösterrelch-Informatlon des Landesfremdenverkehrsamtes Linz In eigener Sache 94 96 Schwerpunktthema Heft 2/1985 200 Jahre Bistum Linz 86 Auflage kontrolliert NORMALPRÜFUNC Veröffentlicht im Pressehandbuch Auflage dokumentiert Im Protokollbuch des özv und unter der Btx-Nummer * 2270'

Die heurige oberösterreichische Landesaus stellung trägt den Titel „Kirche in Oberöster reich — 200 Jahre Bistum Linz". Als Ausstel lungsort wurde das ehemalige Benediktiner stift Garsten bei Steyr gewählt. Wieso Gar sten, werden viele fragen. Oder wie ein guter Kenner dieses alten Klosters im Jahrbuch der Diözese Linz 1985, Adolf Berka, schreibt; „Garsten zwischen Kunst und Knast". Die Besucher werden angenehm überrascht sein von der alten Klosterkirche und den Aus stellungsräumen im ehemaligen Stiftsbe reich. Sie werden Garsten als ein Barock juwel erkennen. Die Marktgemeinde Garsten wurde vor 1000 Jahren zum erstenmal urkundlich erwähnt, deshalb auch die Festreihe „1000 Jahre Gar sten". Die Gründung des Klosters erfolgte vor 900 Jahren, deshalb die Überschrift dieses Heftes „900 Jahre Kloster Garsten". Dieses Heft wurde als Ergänzung zum Ausstellungs programm und Ausstellungskatalog geplant. In ihm soll nicht das Diözesanjubiläum be handelt werden (das ist Schwerpunktthema von Heft 2/1985),sondern sollen Höhepunkte aus Geschichte und Kunst dieses ehrwürdi gen Benediktinerstiftes, das am 1. Mai 1787 von Kaiser Joseph II. aufgehoben wurde,zur Darstellung kommen. Die Schriftleitung fühlt sich zu großem Dank an alle Autoren verpflichtet, die durchwegs Erstveröffentlichungen zur Verfügung gestellt haben. Besonderer Dank gebührt Diözesankonservator Dr. Erich Widder für seine auf opferungsvolle fotografische Mitarbeit. Im Interesse der inhaltlichen Geschlossen heit des Heftes wurde diesmal auf eine Litera turbeilage verzichtet. In Entsprechung von Leserwünschen er scheinen erstmals „Kulturinformationen" und eine „Oberösterreich-Information des Frem denverkehrsamtes Linz". Kulturzeitschrift :j ■ *' Y A /T: \ ■■ - - v> - ^ iftfcr I \ K \ '1^ ■■ ®.o ■ •</cTTiVi •• 1 r (c^4wP'~ f ■» *i» _ krariisc^^ßAii'i, : „Mappa Geographica oder Landtkart deren Gottshaus Gärstner Grundtstücken", OÖ. Landesarchiv, Stiftsarchiv Garsten, Handschrift Nr. 6 aus dem Jahr 1735. Foto: Manfred Lang

Berthold - erster Abt von Garsten Wendepunkt in der Geschichte eines Ortes Josef Lenzenweger Wie schmal ist doch der Streifen, auf den das heile Licht unserer Kenntnis fällt, in diesen Jahren begehen viele Pfarren ihr 200jähriges Bestehen, das sie der josephinischen Regu lierung verdanken. Garsten denkt diesmal so gar 1000 Jahre zurück. Am lebhaftesten ist wohl die Erinnerung an jenen Mann erhalten, dessen Beispiel noch heute Leuchtkraft be sitzt, an den ersten Abt des hier gegründeten Klosters. Berthoid lebt noch fort und bedeutet für nicht wenige einen Ansporn für ihr Leben, ein Beispiel. Das Gebiet zwischen dem Zusammenfluß von Enns und Steyr war schon in der Jung steinzeit besiedelt, wie Funde in Unterwaid (heute Gemeinde St. Ulrich), bei den Rebensteinermauern (Mühibachgraben, Gemeinde Garsten), am Fuße der Langensteiner-Wand und in der Prückiermauer(Gemeinde Laussa) zeigen. Doch anscheinend wuchs über diese Siedlungen wieder der Waid. Vielleicht kamen dann hier die Kelten, sicher aber Sla wen; sie begannen die Rodung. Inzwischen war als Vorposten der Religion und Kultur das Kloster Kremsmünster durch den letzten Agilolfinger Herzog Tassilo IM. ge gründet worden, in der Gründungsurkunde werden als Grenze gegen Osten Sierning und Dietach angegeben, wobei es sich wohl um Gewässerbezeichnungen handelt. Erst nach dem Ungarnsturm, der durch die berühmte Schiacht am Lerchfeid bei Augs burg beendet wurde, traten wieder normale Zustände ein, die auch eine Ordnung der kirchlichen Verhältnisse erlaubten. Bischof Piigrim von Passau (971-991) ließ deshalb in seiner ganzen großen Diözese Synoden ab halten, während der auch die Zehentbezirke umschrieben wurden. Bei einer solchen Ver sammlung in Mistelbach bei Wels, die zwi schen 985 und 990stattfand, wurde angeord net, daß u. a. Garsten, Styraburg, Sarning, Schwamming und andere Orte ihre Abgaben an die Pfarre nach Sierning zu entrichten hät ten. Damit haben wir die erste Erwähnung von Garsten und den Grund genannt,warum dieser Ort heuer sein 1000-Jahr-Jubiiäum fei ert(Steyr tat diesschon fünf Jahre früher:an geblich deswegen, weil es auch schon 1880, noch dazu in Anwesenheit von Kaiser FranzJoseph, jubiliert hatte). Die Aufzählung Garstens an erster Steile mag ein Hinweis auf hier bereits einsetzende Be strebungen zur Pfarrverseibständigung sein. Tatsächlich wird schon im 11.Jahrhundertder Name eines ersten Pfarrers erwähnt. Woifgang hieß er. Er ist durch eine Eintragung im Garstner Traditions-Kodex bekannt. Eine Ein tragung, die freilich erst 100 Jahre später er folgt ist: die Markgräfin Wiiiibirg (f 1128) machte ein Versprechen wahr, das ihr schon lange verstorbener Gatte, Otakar I. (t etwa «Jnnl'RöteirfiifpumT'pot mrmer mn*ndlr hocjlclm-jbi nrtiipr pffo iCTiiirrqdfitfroiiÄ it-imif.'('tittmambiiltinefcmmia b tttcdtCnhixfcr mdtxtcia dtfc (?.vpTtc iina K riiKirrliepr.Incii j'inurtäls.ßpKJjroJ IVp KIam4ijri aftts. äi^mmnufrtirpa wiri wiandrjwr ^dälticczncd •(n^anmlmtmirrnm ''dicuiimmmnmcnn^äbdo^daw aliqi. f6i(1rMmw mnmtfair/ 'Y- m CTuieSuuIfi$^m^0fyimnonr fvlieras nir TPA}fW X moiiülocfl. Initlum der ältesten Vita Sancti Bertholdi Abbatis Garstensis, Beginn 13. Jahrhundert, Österreichische Nationalblbliothek, Codex 602, f 63. — Foto: Bildarchiv der Österr. Nationalblbliothek 1080),gegeben hatte.Sie übergab den Dam berg in das Besitztum der Pfarrkirche und da mit des Klosters Garsten. Bekanntlich hat ihr Sohn Otakar Ii.(etwa 1080 bis 1122) seine Eigenpfarre BehambergWeistrach dem Bischof Aitmann von Passau (1065 bis 1091) übergeben und dafür im Tausch die Passauer Eigenpfarre Garsten er halten. Dem Zuge der Zeit folgend, gründete er hier ein Koiiegiatstift, in dem Weitpriester zusammen wohnten. Doch auch dieses Insti tut brachte in den Augen der Reformer nicht den gewünschten Erfolg. Daher ging man an manchen Orten dazu über, Mönche zu beru fen, und zwar der strengen Reformrichtung von Cluny. 1094 waren aus St. Blasien im Schwarzwaid Benediktiner dieser Obödienz nach Göttweig gekommen. Markgraf Otakar Ii., der Eigenkirchherr von Garsten, der als glühender Anhänger der gregorianischen Reform geschildert wurde, beschloß daher auch,sein Weitpriesterstift in ein Benediktinerkioster umzuwandeln. Den Umstand, daß zwei von den Kanonikern in der vorbeifiießenden Enns ertrunken waren. nahm er zum Anlaß,seinen Klerikern,die zu gleich seine Hörigen waren, kurzerhand zu eröffnen, daß er Benediktiner einzuführen gedenke und sie übertreten müßten. Dabei wurde mit den Kandidaten für das Mönchs ieben keineswegs zimperlich umgegangen, um sie für den neuen Stand zu gewinnen. 1107 wurden Mönche aus Göttweig berufen. Sie standen unter der Führung des Priors Wirnt(=Bernhard). Nach dem Tode des Abtes Berengar von Vornbach am Inn (t 29. Oktober 1108) wähl ten die Mönche des dortigen Klosters den Garstner Prior zu ihrem Vorsteher, so war dessen Platz in Garsten frei. Die Bücke des Markgrafen richteten sich nunmehr auf den Nachfolger Wirnts in Göttweig, den dortigen Großprior Berthoid, der ebenfalls aus St. Bla sien gekommen war. Mit ihm betrat jener Mann den Garstner Boden, der die junge Gründung zu hoher Blüte zu führen imstande war. Er wußte in kluger Weise die Giuniazenser-Gewohnheiten den Erfordernissen der mit der Pfarre verbundenen Seeisorge anzu passen.Zahlreiche Eintritte in seinen Muster konvent waren die Folge. Dabei war essicher lich gar nicht leicht, die drei Schichten von Klosterinsassen zu einem gemeinsamen Le ben zu veranlassen: die ehemaligen Kanoni ker, die der Gründer ins Kloster gezwungen hatte,die neue Mannschaft aus Göttweig und schließlich die unter Berthold neu Eingetrete nen. Daß er auch zwei in unseren Augen sehr gefährdete Männer aufnahm, ist für ihn be zeichnend: Einwich, den früheren Räuber, und Leo den Raubritter, der wegen seiner Greueltaten vom weltlichen Gericht schon verurteilt worden war und hinter Kiostermauern Asyirecht suchte. Außerdem waren zwei Neffen von sehr unterschiedlichem Charak ter in seinem Kloster. Berthoid,ein sehr unru higer Bursche,den erschließlich fortschicken mußte, und der als Selbstmörder endete. Ul rich war der andere. Er wurde in Garsten, nach dem Tode Berthoids, Prior und schließ lich 1173 Abt von Kremsmünster(t 1182). Garsten war unter Berthoid bereits in der Lage, nach auswärts Äbte zu liefern. Ulrich wurde erster Abt von Gieink (1125) und ein gleichnamiger Kiostervorsteher zu St. Lam brecht in der Steiermark (ca. 1123). Berthoid war eben ein Mann des Gebetes,der auf ge wissenhafte Verrichtung des Chorgebetes bei sich und seinen Untergebenen Wert leg te. Am Petrus-Altar seines Kloster-Oratoriums feierte er täglich die hi. Messe; dort empfing er viele Hilfe- und Ratsuchende und nahm ihnen die Beichte ab. Dabei sah er gewissen haft darauf, ob sie wenigstens die gewöhnli chen Gebete sprechen konnten. Notfalls sagte er ihnen das „Vater unser"so lange vor, bis sie es erlernt hatten.

Göttweiger Codex 882, Abschrift der Vita Sancti Bertholdi aus dem 18. Jahrhundert, Sepia zeichnung von Johann Karl von Resifeid (1658—1735), Darstellung des hl. Berthold mit seinem Attribut(zwei Fische), im Hintergrund die Wunderlegende. — Foto: Kunstsammlungen und Graphisches Kabinett Stift Göttweig .. "-4. < Ci,-f /A L Seine Stellung nutzte er niemals zu seinem persönlichen Vorteil aus. Er aß Immer das gleiche wie seine Brüder und das nur mäßig, vergönnte sich auch kaum Wärme während des Winters. Seine Selbstlosigkeit und Hilfs bereitschaft waren allgemein bekannt. Von den Gaben, die die Besucher brachten, nahm er nichts für sich, sondern verteilte alles gleich an die verschiedenen Klosteräm ter, Indem er dabei sofort den Namen der Spender bekanntgab, damit die Empfänger Ihrer Wohltäter Im Gebete gedenken konnten. Das war übrigens eine seiner Stärken: er Heß seine Mitarbeiter, die Offizlalen des Klosters gewähren, wenn er von deren Tüchtigkeit überzeugt war. Er glaubte keineswegs, alles selber tun zu müssen, dabei stellte die Ver waltung des unter Ihm anwachsenden Klosterbesltzes manche schwere Aufgabe. Das ungerodete Gebiet zwischen Enns und Steyr wurde durch seine Mönche,die Im allgemei nen zu zweit ausgeschickt wurden, kultiviert. Mölln, Steinbach, Ternberg waren die ersten Außenstellen, zu denen noch Gaflenz kam, dessen Pfarre um 1140 nach Garsten ge schenkt wurde. Steyr hatte offenbar zur Zelt Bertholds noch keine Bedeutung gewonnen. Es wird Im etwa ein Lebensalter nach seinem Tode verfaßten ersten Teil der Biographie nie mals erwähnt. Manchmal entschloß sich Berthold sogar aus seelsorgllchen Gründen zu damals durchaus beschwerlichen Reisen. Armllbert von Breltwlesen rief Ihn an sein Sterbebett. Ulrich von Pernegg, der sich nach dem Tode seiner Hausfrau zwölf Konkubinen zugelegt hatte, erbat seinen Besuch. Ob der Heilige vom la sterhaften Lebenswandel vor seinem Besuch schon etwas geahnt hat, Ist unbekannt. Je denfalls hielt er dem Sünder eine Standpau ke. Dieser versprach Besserung und nahm nach einem Rückfall eine seiner Schönen zur rechtmäßigen Frau. Ja, wir wissen, daß der gleiche Ulrich um 1130 die Kirche von Hain dorf(westlich von St. Pölten), mit drei Huben und zahlreichen Untertanen, an das Kloster Göttweig geschenkt hat. Zusammen mit sei nem gleichnamigen Sohn gilt Ulrich von Per negg auch als Gründer des Doppelkonventes Geras-Pernegg. Gelegentlich dieser Reise bat Ihn auch Adelheld, die Witwe nach Ernst von Hohenberg, Herrin auf Schloß Windberg ob Messern(nordwestlich von Horn),zu sich. Die von Ihr angebotenen Geschenke nahm er, wohl mit Rücksicht auf Ihren schwangeren Zustand, nicht an. Bemerkenswert Ist aller dings, daß das Stift Kremsmünster später die Genannte als große Wohltäterin pries. Mit den Grafen von Raabs,die Ihrerseits wie der mit den Babenbergern versippt waren, fühlte er sich durch verwandtschaftliche Ban de verbunden. Er machte auch dort nach mehrmaliger Einladung seine Aufwartung. Esfällt auf,daß alle diese Besuche dem nörd lichen Niederösterreich galten. Dies mag wohl mit seiner Heimat zusammenhängen. Hören wir doch,daß seine Nichte Gertrud an das Kloster Garsten(„aus Liebe zum hl. Bert hold")eine halbe Hubezu Thern,südwestlich von Hollabrunn, gewidmet hat. In der glei chen Gegend besaß das Kloster schon einen Weingarten und das Gut KIblltz, welches die Mutter der beiden schon erwähnten Neffen und der Nichte für Ihr eigenes Seelenhell so wie für das Ihres verstorbenen Ehegatten und der beiderseits verstorbenen Eltern dem Hei ligen geschenkt hatte. Der gebildete und belesene Abt erwies sich als gütiger und,wenn es notwendig war,auch als strenger Vater seiner Mönche, deren Hochschätzung er bis ans Lebensende ge noß. Er war auch groß vor seinem Kammer diener. Als Berater und Helfer seiner Zeltge nossen wurde er allgemein geschätzt. Seine verwandtschaftliche Verbundenheit mit den Babenbergern über die Grafen von Raabs bestimmte seine Einstellung zur Öffentlich keit. Als Im Investiturstrelt unter dem gutmüti gen Papst Paschalls II. (1099 bis 1118) der Kampf noch einmal entbrannte und Konrad von Abensberg (1106 bis 1147), Erzblschof aus Salzburg,flüchten mußte,nahm Ihn Bert hold von Garsten In seinem Kloster auf,eben so wie später der Abt von Admont. Dabei Ist bezeichnend,daß bei der denkwürdigen Sze ne Im Petersdom am 12. Februar 1111 der ge nannte Erzblschof unter jenen war, die dage gen protestierten, Im Sinne des Konkordats von SutrI auf die Regalien zu verzichten. Das

war der Grund, warum ihn Kaiser Heinrich V. verfolgte, obwohl er Ihn zum Erzbischof erho ben hatte. Nach mehr als SOjähriger Leitung des Klo sters verstarb Berthold in der Nacht vom 27. zum 28. Juli 1142, umgeben von seinen Mit brüdern, tief betrauert von seinen Mönchen und Zeitgenossen. Sofort nach dem Tode setzte seine Verehrung als die eines Heiligen ein. Die Erinnerung an ihn dauerte durch die folgenden Jahrhunderte an. Die Leuchtkraft seiner Persönlichkeit blieb erhalten. Seine imponierende Größe machte auch auf späte re Generationen noch immer Eindruck. Bei derZusammenstellung seiner Gebeine,gele gentlich der Graböffnung im Juni 1677, konn te man feststellen, daß er 1,92 m groß gewe sen ist, also überdurchschnittlich hoch gewachsen. Die Beisetzung des verstorbenen Abtes in der wohl von ihm erbauten Stiftskirche ist ein erstes Zeugnis für die Verehrung, welche er auch noch nach dem Tode genoß. Seine Grablage entwickelte sich zum Hochgrab, das sogar Mausoleum genannt wurde. Bischof Rudiger von Passau (1232-1250) er laubte dem Kloster die Absingung der Anti phon von den Bekennern an seinem Jahres tag und stellte fest, daß Berthold in das Verzeichnis der Heiligen einzuschreiben sei. Es ist eines der letzten Beispiele bischöfli cher Kanonlsatlonen aus dem Mittelalter. Abt Ulrich I.(1233 bis 1239), der sich um die Ver teidigung der Garstner Besitzungen, u. a. auch durch die Herstellung entsprechender Urkunden,verdient gemacht hat,scheint der Anreger für diese Heiligsprechung gewesen zu sein. Oben; Garsten, ehemalige Stiftskirche, volipiastische Liegefigur des Stifters von Garsten Markgraf Otakar ii. mit Kirchenmodeii in der Hand, Hochgrab aus der Zelt um 1347. — Foto: Diözesanbiidsteiie Linz Rechts: Berthoid-Reiief von 1510, derzeit im Benediktiner stift Kremsmünster als Leihgabe des Städtischen Heimathauses(Museum)Steyr. — Foto: Diözesanbiidsteiie Linz

Eferding, Spitals kirche, Holzplastik des hl. Berthold vom ehemaligen frühbarocken Hoch altar der Stiftskirche Garsten von Hans Spindier, 1617/19. — Foto: Erich Widder Schon die aus dem 13. Jahrhundert und aus späteren Jahrhunderten vorhandenen Eintra gungen seines Festes in Missalien und Nekrologien zeigen, daß nun auch an anderen Orten seine liturgische Verehrung einsetzte. Im Bereiche der Garstner Stiftspfarren galt der 27. Juli als Feiertag, an dem knechtliche Arbeit verboten war, wie durch Berichte be kannt ist, die zum Jahre 1248 und 1309 in die Berthold-Vita nachgetragen wurden. Als 1347 die Gebeine Otakars II., der ur sprünglich in der Grabkapelle seines Ge schlechtes, nämlich der Laurentius-Kapelle (heute Losensteiner-kapelle), beigesetzt wor den war, in die Stiftskirche übertragen wur den und hier mit denen seiner Gemahlin Elisabeth in einem Flochgrab auf der Evange lienseite vereinigt wurden, hat man offenbar auch das Berthold-Grab mit einer Marmor platte verziert. Sie zeigt den Heiligen auf der Totenbahre liegend, mit bewegtem Oberkör per in Überlebensgroße(2,28 m)und offenen Augen. Die Erinnerung an den großen Abt wurde in der Umgebung selbst durch die Weitergabe seines Namens wachgehalten. Die Panhalme, angesehene Bürger von Steyr, ebenso wie die Schecken und Preuhafen,hatten eine Familien-Tradition,so daß in jeder Generation eines der Mitglieder Berthold hieß. Deutlich ist dies auch beim Geschlecht der Ritter von Losenstein zu erkennen,die ihren Namen be kanntlich von der gleichnamigen Burg im Ennstal herleiteten. Nicht einmal die Reformation vermochte die Spuren Bertholds auszulöschen. In der Zeit der innerkirchlichen Erneuerung brach dann seine Verehrung umso klarer wieder durch. Schon 1609 und 1610 wurde das Bertholdfest feierlich begangen. Endgültig setzte sich die neue Strömung mit Abt Anton II. Spindler von Hofegg (1614 bis 1642)durch. Gelegentlich der Barockisierung der Stiftskir che, die schon 1616 einsetzte, dachte der Abt daran, das Hochgrab an einem erhöhten, seine Bedeutung noch stärker hervorheben den Platz rücken zu lassen. Dieser Plan wur de 1630 zum Teil realisiert, indem sogar ein Altar zu Ehren Bertholds errichtet wurde. Das Grab seiber wurde zweimal geöffnet. Als 1634 die Apostolische Konstitution „Goelestis Hierusalem cives" in Rechtskraft trat, scheint auch in Garsten neuerlich die Frage der Berechtigung einer öffentlichen Vereh rung für Berthold aufgetauchtzu sein. Die rö mische Verordnung wollte das Kanonisationswesen neu regeln, welches seit 1588 der neu errichteten Ritenkongregation anvertraut war. Es wurde auch die Frage der Verehrung jener Heiligen behandelt, die nie offiziell ka nonisiert worden waren, solche waren z. B. die Mutter Gottes und die Apostel, wie eine

Reihe anderer vor allem aus dem Martyrologium stammender Personen. Es ergab sich die Rechtsfrage, was ist mit jenen, die schon vor 1234,nämlich der Erlassung der Dekreta lien des Raimund von Pehafort, verehrten Heiligen zu geschehen habe. In diesem Punkt wurde entschieden, daß die Feste jener Heiligen, deren Kult bereits 100 Jahre zuvor als vor „unvordenklichen Zeiten" geübt nachgewiesen wurden, auch weiterhin be gangen werden dürften. Bei den großen Heili gen ergaben sich hier keine Schwierigkeiten. Aber was war mit den vielen PartikularPatronen einzelner Orte, zu denen naturge mäß auch Abt Berthold gerechnet wurde? Der schon erwähnte Abt Anton wollte den Sachverhalt klären. Er wandte sich im Jahre 1638 an den damals 24jährigen Fürst-Bischof von Passau, Erzherzog Leopold Wilhelm, Sohn Kaiser Ferdinands II., der im übrigen mehr Feldherr als Seelsorger war und nie mals die Priester- und Bischofsweihe emp fing, mit der Bitte um Einführung des Berthold-Festes in der ganzen Diözese Pas sau. Für den meistens verhinderten Bischof führte die geistlichen Geschäfte sein Weihbi schof Johann Kaspar Stredele von MontaniWiesberg (1631 bis 1642). Dieser antwortete im Auftrag des Fürstbischofs in einer sehr freundlichen Form, indem er beteuerte: Die Bitte würde gerne genehmigt,jedoch müßte zuvor die päpstliche Lizenz eriangt werden. Gleichzeitig verwies er an den Nuntius. Der Abt iieß daher ein Schreiben an den Bischof Malatesta Baglioni verfassen, der als Vertre ter des Papstes beim Kaiser in Wien akkredi tiert war. Der Abt glaubte, mit einer persönli chen Überreichung des Ansuchens beim Nuntius durch seinen Prior, P. Sebastian Rottmaier(1633 bis 1640(t))> der Sache einen besonders guten Dienst zu erweisen. Noch dazu war ja der Überbringer zuvor Professor des Kirchenrechts an der BenediktinerUniversität in Salzburg gewesen. Im Brief wurde die Bestätigung des Berthoidfestes durch die Ritenkongregation erbeten, doch diese Maßnahme erwies sich leider als Fehl schlag. Der Nuntius gab nämlich eine münd liche Antwort. Man müßte sich deswegen gar nicht nach Rom wenden, sondern der Bi schof könne in einem solchen Falle aus eige ner Vollmacht handeln. Für Berthold liege ja bereits seit Jahrhunderten eine öffentliche Verehrung vor. Da aber keine schriftliche Er ledigung erging, nützte die freundliche Aus kunft des Nuntius in Passau gar nichts. Immer feierlicher begingen die Garstner trotzdem nun alljährlich das Berthold-Fest. Auswärtige Äbte wurden eingeladen, be rühmte Kanzelredner, unter ihnen Ulrich Megerle, der bekannte Abraham a S. Clara, tru gen zur Festlichkeit bei. Wenn schon das Fest % X Kremsmünster, Stiftskirche, Gemälde am Allerseelenaltar von Johann Karl von Reslfeld. Unter den dargestellten Heiligen befindet sich auch der hl. Berthold. — Foto: Erich Widder

Weyer an der Enns, Pfarrkirche, Feiertagskeloh aus 1717 mit Emaiibild des hl. Berthold. — Foto: Diözesanbiidsteiie Linz in der Diözese nicht eingeführt wurde,so fei erte man es nun auch in anderen Klöstern, wie z. B. Göttweig und St. Lambrecht, in ent sprechender Weise. Ais unter Abt Roman Rauscher (1642 bis 1683) beschlossen wurde, anstelle der alten, wiederholt restaurierten Kirche eine neue im barocken Stil zu erbauen, bedeutete diese Entscheidung auch für das Bertholdgrab die endgültige Situierung. Sie war mit einer neu erlichen Übertragung der Reliquien verbun den. Am 3. Juni 1677zog der ganze Konvent nach Verrichtung des Abendgebetes (Kom plet) zum Grab. Dieses wurde geöffnet, die Reliquien daraus entnommen und in einen bereitgestellten Kupfersarg gelegt. Man hatte angenommen,diese Aktion ohne großes Auf sehen durchführen zu können. Doch unter der Garstener Bevölkerung verbreitete sich rasch die Kunde.Anselm Angerer berichtet in seinem Tagebuch, es sei rührend gewesen, mit welcher Anteilnahme und Andacht die herbeigeeilten Zuschauer der etwa zwei Stunden lange dauernden Handlung folgten. Es wurde der Sarg dann für die folgende Nacht in der Krankenstube abgestellt. Am nächsten Tag um 8 Uhr früh fand eine feierli che Übertragung in die Pfarrkirche statt. Dort wurden die Gebeine in der Gruft provisorisch beigesetzt. Der Kirchenbau schritt voran. Das Türkenjahr 1683empfanden auch die Garstener als eine gefährliche Bedrohung. Der greise Abt ließ sich nach Spital a. Pyhrn bringen. Doch die Gefahr ging Gott sei Dank vorüber, aber of fenbar hatte die Aufregung dem Abt Roman das Herz gebrochen. Er verstarb am 2. Okto ber. Die Garstener Konventualen wählten nun Anselm Angerer zu ihrem Oberhaupt, der schon längere Zeit eine einflußreiche Rolle gespielt hatte. Da der Abt mit den anderen Garstenern zu sammen die Rettung des Stiftes vor den Tür ken u. a. dem Schütze des hl. Berthold zu schrieb, sah er sich veranlaßt, in Passau wieder einmal eine Eingabe wegen der Auf nahme Bertholds in das Diözesanproprium vorzubringen. Er schrieb an den Passauer Fürstbischof Sebastian von Pötting (1673 bis 1689), er möge das Fest des hl. Berthold in das Kalendarium der Diözese aufnehmen. Nun begann wieder das verhängnisvolle Spiel. Die Passauer antworteten wie immer freundlich, gerne seien sie bereit, den Wün schen des Abtes zu entsprechen,freilich sei die Voraussetzung, die Garstener müßten den Beweis einer feierlichen Kanonisation er bringen können. Man war also soweit wie zuvor. Als nach dem Hochaltar als erster derjenige des hl. Berthold auf der Epistelseite fertigge stellt wurde, wandte sich Abt Anselm noch mals nach Passau; diesmal mit der Bitte, die Reliquien Bertholds in die Klosterkirche zu rückbringen lassen zu dürfen. Sehr rasch, nämlich am 7. Februar 1686,langte die erbe tene Bewilligung ein, so daß am Bertholdfest des Jahres 1686 die RückÜbertragung in fei erlicher Prozession erfolgen konnte. Der Altar selber wurde nach Fertigstellung der übrigen Altäre durch den neuen Passauer Fürstbi schofJohann Philipp Graf von Lamberg(1690 bis 1717)am 29. Dezember 1693 konsekriert. Barocke Frömmigkeit, neu erwachter Sinn für die Heiligenverehrung und die lebendige Er innerung an Berthold sorgten für eine Weiter führung seines Kultes. Statuen und bildliche Darstellungen, nicht nur in den von Garsten betreuten Pfarren, hielten die andächtige Er innerung fest. Noch heute erfreut uns das Er klingen der mächtigen Berthold-Glocke, die im Südturm der Stiftskirche ihren Platz fand. Sie wurde anläßlich des 60. Geburtstages von Abt Anselm im Jahre 1707 gegossen. Als sie im Jahre 1791 vom Turm genommen wer den sollte, um in eine Feuerspritze umgegos sen zu werden, setzten sich die Garstener Bewohner kräftig und mit Erfolg zur Wehr. Obwohl die Aufklärung auch in Garsten ein gedrungen war, hielt es der letzte Abt Maurus Gordon (1763 bis 1786) im Jahre 1782 doch noch einmal für angebracht, beim Passauer Bischof, Kardinal Leopold Ernst Graf von Firmian (1763 bis 1783), einen Vorstoß zu unter nehmen. Er bat, das Berthold-Fest möge auf die ganze Diözese Passau oder zumindest auf die Klöster dieses Sprengeis ausgedehnt werden und beriefsich darauf,daß kurzzuvor das Fest der Hemma von Gurk (1745) für deren Heimatdiözese Gurk eingeführt wor den sei. Doch Leopold Ernst schrieb trotz sei ner Erziehung bei den Jesuiten im Germanikum zu Rom auf den Akt: „Bey gegenwerti gen Zeitumständen leichtet die Unthuenlichkeit, Gefährlichkeit und erstaunliche Unbescheidenheit des Abbten und Convents her vor, die diesen indiscreten und unbesohnenen Mönchen wohl zu erkhennen gegeben werden müßte." Dies geschah dann auch. Nach dem am 13. März 1783 erfolgten Tode dieses aufgeklärten Kirchenfürsten wurde bekanntlich durch Kaiser Joseph II. gemäß einem schon länger vorbereiteten Plan das Bistum Linz errichtet und als von Passau ab getrennterklärt. Eine Maßnahme,die schließ lich durch Papst Pius VI.(1775 bis 1799)aner kannt wurde. Für die Garstener bestand wohl damals die Versuchung zur Schadenfreude. Wenn sie dieser erlegen sein sollten, dann hatten ihr Genuß und ihre Freude nicht lange gewährt, denn nach dem Tode des Abtes Maurus Gordon wurde am 1. Mai 1787 das

Garsten, ehemalige Stiftskirche, Hochaltar, um 1685, überlebensgroße Statue des hl. Berthold. — Foto: DIözesanblldstelle Linz Stift aufgehoben. Sein reicher Besitz wurde dem Bischof von Linz als Dotationsgut zuge wiesen, womit allerdings die moralische Ver pflichtung verbunden war, weiterhin für das Berthold-Heiligtum in Garsten Sorge zu tragen. Eine Spur dieser Dankbarkeit^bemerken wir im Jahre 1842. Der damalige Bischof Gregorius ThomasZtegler(1827 bis 1852),ehemals Benediktinermönch des Klosters Wiblingen in Schwaben, ließ anläßlich der Wiederkehr des700.Todestages von Berthold dieses Fest gebührend begehen. Acht Tage lang wurde gefeiert. Ein vollkommener Ablaß trug dazu bei, daß 60.000 Gläubige während der Fest lichkeiten zum Berthold-Grab kamen und 45.000 die hl. Kommunion empfingen. Es ist anzuerkennen,daß die Weltpriester,die nun bald die Seelsorge in Garsten übernah men, es u. a. als ihre Aufgabe ansehen, die Verehrung des Fleiligen weiter zu pflegen. Freilich eine bedauernswerte Unkenntnis des Sachverhaltes brachte es mit sich, daß bei der Neuordnung des Diözesankalenders un ter Bischof Franz Joseph Rudigier(1853 bis 1883)im Jahre 1883 das Bertholdfest nur als das eines Seligen aufgenommen wurde, während man es sich bei Adalbero und Alt mann,über die man offenbar nicht viel wußte, leichter gemacht hatte. Die Einführung der Berthold-Prozession, jeweils am Sonntag nach dem Berthold-Fest, erfolgte im Jahre 1903. Bischof Franz Maria Doppelbauer (1885 bis 1908)erschien dann alljährlich beim Fest. Die Anregung aber kam vom eifrigen, wenn auch eigenwilligen Pfarrer Josef Sigl aus Garsten. Sie findet bis heute Beachtung. Im Jahre 1942, mitten in den Wirren desZwei ten Weltkrieges und der Behinderung aller re ligiösen Feierlichkeiten durch die nationalso zialistischen Gewalthaber, unternahm es der damalige Ortspfarrer Johann Böhm,ein glü hender Verehrer des hl. Berthold, eine ent sprechende Feier zu veranstalten. Die Erlan gung eines vollkommenen Ablasses für diesen Tag scheiterte wiederum an dem Nein der kirchlichen Behörde, die für eine solche Maßnahme eine feierliche Kanonisation ver langte. Weil im Jahre 1942 aber nur in einem be scheidenen Rahmen gefeiert werden konnte, holte man 1946, trotz der noch bestehenden Verkehrsbeschränkungen, unter dem Zulauf von etwa 12.000 Personen und der Teilnahme des Diözesanbischofs Dr. Josef Galasanz Fließer(1941 [1946]bis 1955[f 1960])und al ler Benediktineräbte Österreichs, die Jubel feier noch einmal nach. Damals war den Be wohnern von Garsten ein Sachverhalt noch deutlich in Erinnerung,den viele mit Berthold in Zusammenhang brachten. Das Gebiet der politischen und der Pfarrgemeinde Garsten w I 1 war nach dem Zusammenbruch,der auf den Zweiten Weltkrieg gefolgt war, in eine russi sche (rechts der Enns) und eine amerikani sche Besatzungszone(links der Enns)geteilt. Am Freitag, dem 27.Juli 1945,zogen sich die Russen auf die neue Demarkationslinie ent lang der Grenze zwischen Ober- und Nieder österreich zurück. Garsten war befreit. Der schon erwähnte Pfarrer von Garsten wendete sich am 28. Dezember 1945 an den damaligen Bischof von Linz, Dr.Joseph Gala sanz Fließer,sowie an den Abt von Seitenstet ten, Dr. Theodor Springer(1918 bis 1958),so wie an Ignaz Schachermayer, Abt von Kremsmünster (1929 bis 1964 bzw. 1970). Theodor Springer, als Abt von Seltenstetten (1923 bis 1958) und Abtpräses der österrei chischen Kongregation, übernahm die Ver antwortung für die Einleitung eines ent sprechenden Kultanerkennungsverfahrens, nachdem er zuvor auf nicht offiziellem Wege Informationen über die Aussichten eines sol chen Prozesses bei Offizialen der Ritenkon gregation in Rom einholen hatte lassen. 1950 wurde P. Dr. Willibrord Neumüller,OSB,(f 17. Juni 1978) aus dem Stifte Kremsmünster nach intensiven Vorbereitungen zusammen mit mir in die Ewige Stadt geschickt. Durch die gütige Vermittlung von P. Joseph Löw, GSSR, damals Vicegeneralrelator der Histo rischen Sektion der Ritenkongregation (11960), konnten wir uns beim damaligen Generalrelator, dem nunmehrigen Kardinal Ferdinand Antonelli,OFM,entsprechende In formationen sichern. Auf Grund dieser wurde der Antrag zur Einleitung des InformativProzesses beim Diözesan-Ordinarius nach den bestehenden Vorschriften gestellt. Bi schof Fließer zeigte das größte Entgegen kommen, z. B. auch bei der Zusammenset zung des Gerichtshofes. Das Verfahren in Linz beanspruchte die Zeit vom 5. Mai 1951 bis 25. April 1952 und erforderte 21 Sitzun gen. Neben dem schon genannten Willibrord Neumüller hatten sich als Amtszeugen noch besonders der nunmehrige Ordlnariatskanz8

ler Kanonikus Universitätsprofessor DDr. Pe ter Gradauer und der leider schon verstorbe ne Professor Josef Perndl(t 7. 4. 1969)ver dient gemacht. Nach Abschluß des Diözesanverfahrens übernahm es Abtpräses Springer selbst, den mühevollen Transport der Akten nach Rom durchzuführen. Er hoffte, ebenso \wie wir, durch sein persönliches Einschreiten eine beschleunigte Behandlung der Angelegen heit erwirken zu können. Doch Gottes und der römischen Kurie Mühlen mahlen lang sam! Erst im Jahre 1970 konnte zu Garsten mit dem Triduum,in Anwesenheitdes damali gen römischen Kurienkardinais Benno Gut, OSB,und einer Reihe von Bischöfen und Äb ten, die Kultanerkennung gefeiert werden. Seither ist ein neuer Aufschwung des Berthoid-Kuites zweifellos festzustellen. Berthold gilt vielen unserer Zeitgenossen noch als nachahmenswertes Beispiel christli cher Hilfsbereitschaft und vorbildlichen Le benswandeis ohne jede Überheblichkeit. Am Sterbebett versprach der Heilige: Ich werde euch nicht verlassen,sondern wie ein guter Mithelfer stets zur Seite stehen(Kap.17 der Vita). Die Geratener haben sich oft an dieses Wort geklammert. Nach der Gefähr dung des Stiftes im Zeitalter der Reformation glaubten sie die Hilfe ihres Patrons beson ders augenscheinlich erlebt zu haben. Möge es auch für die Zeit nach der Auflösung des Klosters Gültigkeit haben! Literatur- und Quellennachweis 1 Lenzenweger Josef, Kurzer Abriß einer Ge schichte von Garsten insbesondere des ehemaiigen Benediktinerkiosters, in: 1000 Jahre Garsten, Jubiläumsschrift zur 1000-Jahr-Feier der Marktge meinde Garsten, Steyr 1984, S. 13 bis 23. 2 Huber Waidemar J., Beiträge zur Geschichte Garstens von seiner Gründung bis zur Meiker Re form. Saizburg 1982(ungedruckte Dissertation). 3 Sacra Rituum Gongregatio, Sectio Historica, Positio super casu excepto Confirmationis cultus ab immemorabiii tempere praestiti Servo Dei Bertholdo, primo abbati monasterii Garstensis O.8. B., „Sancto" nuncupato(t 1142), Typis Polyglottis Vaticanis, 1964. 4 Lenzenweger Josef, Berthoid, Abt von Garsten, t1142(=Forschungen zur Geschichte Oberöster reichs, hrsg. V. Oberösterreichischen Landesar chiv, Bd. 5), Graz-Köln 1958. 5 Noch immer auch: Pritz Franz Xaver, Geschich te der ehemaiigen Benediktinerklöster Garsten und Gieink, Linz 1841.

Gregor-Goldbacher-Förderungspreis der Stadt Steyr 1985 Zur Erinnerung an den bekannten Steyrer Päd agogen, Heimatkundler und Denkmalpfleger Prof. Gregor Goldbacher wurde anläßlich des sen 100. Geburtstages im Jahre 1975 von der Stadt Steyr der Gregor-Goldbacher-Förde rungspreis gestiftet — mit dem Ziele, Aktivitä ten zu fördern, die der Stadt Steyr zum Vorteil gereichen. Dieser Preis wird in Abständen von fünf Jahren ausgeschrieben und verliehen. Der erste Förde rungspreis wurde im Festjahr 1980 vergeben. Der Gregor-Goldbacher-Förderungspreis in der Höhe von S 80.000.— wird nunmehr für das Jahr 1985 ausgeschrieben. Der Gregor-Goldbacher-Förderungspreis ist für Leistungen und Vorhaben auf allen Gebieten des kommunalen Bereiches vorgesehen, sofern sie für die Stadt von kulturellem, wirtschaftli chem, soziologischem oder historischem Wert sind. Hiebei kann es sich um Ankäufe von Kunstwer ken oder schriftlichen Arbeiten ebenso handeln wie um die Förderung bereits vollbrachter Lei stungen auf dem Gebiete des Denkmalschutzes, der Stadterhaltung usw. bis zur Förderung von Programmen und Konzepten,die einer späteren oder gegenwärtigen Entwicklung dienen. Einreichung; Um den Gregor-Goldbacher-För derungspreis können sich alle Personen ohne Einschränkung des Wohnortes, der Staatsbür gerschaft usw. bewerben. Der Gregor-Goldbacher-Förderungspreis kann an Einzelpersonen, mehrere Personen, Organi sationen oder Unternehmer zur Verleihung ge langen. Jede eingereichte Arbeit gilt gleichzeitig als Er klärung, sich den Bedingungen der Ausschrei bung zu unterwerfen, wobei die Bewerber Schöpfer des eingereichten Werkes und damit Urheber im Sinne des § 10, Absatz 1 des Urhe berrechtsgesetztes sein müssen. Die Einreichun gen sind mit der Aufschrift „Gregor-Gold bacher-Förderungspreis 1985"zu kennzeichnen und müssen mit Namen und Anschrift der Preiswerber versehen sein. Das eingereichte Werk darf noch nicht öffentlich mit einem Preis ausgezeichnet worden sein. Auftragsarbeiten der Stadt Steyr, die in üblicher Weise honoriert werden, sind von dieser Förderung ausge schlossen. Die Einreichung unter Kennwort ist zugelassen. In diesem Fall ist ein mit dem Kennwort verse henes, verschlossenes Kuvert, das den Namen und die Anschrift des Preiswerbers enthält, bei zulegen. Dieses wird bei der Abt.IX des Magi strates der Stadt Steyr in Verwahrung genom men und nur im Falle der Preiszuerkennung den Juroren zur Kenntnis gebracht. Eine Haftung für eine etwaige Beschädigung der Einreichung während des Transportes oder der Lagerzeit wird nicht übernommen. Den Teilnehmern wird zu gegebener Zeit schriftlich mitgeteilt, wann die eingereichten Arbeiten abgeholt wer den können, bzw. wann sie im Postwege vom Magistrat der Stadt Steyr zurückgesandt wer den. Die Einreichung für den Gregor-GoldbacherFörderungspreis hat beim Magistrat der Stadt Steyr Abteilung IX, Rathaus, 4400 Steyr zu er folgen. Einreichungsschluß: 15. Mai 1985 Bis zu diesem Termin ist die Einreichung bei der Einlaufstelle des Magistrates der Stadt Steyr, Rathaus, 4400 Steyr, abzugeben oder im Post wege an die Abt.IX des Magistrates zu senden. Nach diesem Termin eingehende Arbeiten kön nen nicht mehr berücksichtigt werden. Beurteilung: Die Stadt Steyr beruft Fachleute, die den gemeinderätlichen Kulturausschuß hinsichtlich dessen Empfehlung an den Gemeinderat der Stadt Steyr beraten. Alle Berater sind bezüglich ihrer Bewertung der absoluten Schweigepflicht unterworfen. Vergabe: Uber die Förderungswürdigkeit des jeweiligen Vorhabens oder der erbrachten Leistung und damit über die Vergabe des Gregor-Goldbacher-Förderungspreises entscheidet der Ge meinderat der Stadt Steyr. Sollte der gemeinderätliche Kulturausschuß zu dem Urteil kommen,daß für eine Preiszuerken nung keine qualitativ geeigneten Einreichungen vorhanden sind, so behält sich die Stadt Steyr das Recht vor, von seiner Verleihung des Gregor-Goldbacher-Förderungspreises 1985 Abstand zu nehmen. Die Entscheidung und die Vergabe durch den Gemeinderat der Stadt Steyr ist nicht anfecht bar. Die Stadt Steyr erwächst durch die Einrei chung keine wie immer geartete Verpflichtung gegenüber dem Bewerber. Das Ergebnis der Ausschreibung wird im Amts blatt der Stadt Steyr verlautbart und über die Tagespresse bekanntgegeben. Die Überrei chung des Gregor-Goldbacher-Förderungs preises erfolgt im Rahmen einer offiziellen Ver leihung. Auskünfte über die Vergabe des Gregor-Gold bacher-Förderungspreises 1985 erteilt die Ab teilung IX des Magistrates der Stadt Steyr, Tel. 0 72 52/25 7 11, Klappe 340 oder 341. Zentralbücherei der Stadt Steyr Um den Wünschen der Leser der städtischen Zentralbücherei Rechnung zu tragen, wurden die Öffnungszeiten in der Form erweitert, daß in der Zentrale Bahnhofstraße jeden Dienstag und Donnerstag eine Ausleihe auch in der Mittagszeit möglich ist. Öffnungszeiten der Zentrale Bahnhofstraße: Montag, 14 bis 17 Uhr Dienstag 10 bis 17 Uhr Mittwoch 10 bis 13 Uhr Donnerstag 8 bis 18 Uhr Freitag 10 bis 12 Uhr Öffnungszeiten der Zweigstelle Resthof: Dienstag 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr Donnerstag 10 bis 13 und 14 bis 18 Uhr Öffnungszeiten der Zweigstelle Münichholz: Montag 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr Heimathaus Steyr Grünmarkt 26 Heimatkundliche Sammlungen; Spezialsammlungen: Sensenhammer, Nagelschmiede, Bauernschmiede, Petermandlsche Messersammlung, Steinparzsche Vogelsammlung, Lambergsche Puppensammlung Ab 1. April Dienstag bis Sonntag 9.30 bis 12 Uhr, Dienstag, Donnerstag 14.30 bis 17 Uhr, Montage und Feiertage geschlossen. 10

Die Bauherren von Garsten Erich Widder Die Entwicklung eines Ortes durch Jahrhun derte oder gar durch ein Jahrtausend zu ver folgen, ist nicht nur für den Historiker reizvoll, die Ergebnisse solcher Forschungen bilden die Grundfesten eines gediegenen Heimat bewußtseins. Dieses ist wieder gefragt, erst recht am Beginn des noch sehr Ungewissen Atomzeitalters. Das ist aber keine Flucht aus der Gegenwart; wer kein Verhältnis zur Ver gangenheit hat, besitzt auch keine Fracht für die Zukunft. Mit der Nennung der Tauf- und Pfarrkirche Garsten in der Nähe der Styraburg beginnen unter Bischof Pilgrim von Passau auf der Mi stelbacher Synode die tausend Jahre. Diese Kirche war Johannes dem Täufer und dem Erzmartyrer Stephanus geweiht und be stand, jeweils nach den Bedürfnissen und Moden der Zeiten verändert, bis zum Jahre 1793, in dem sie nach dem Verkauf im Zuge derjosephinischen Klosterreform abgerissen wurde. Garsten war zur Zeit der Mistelbacher Synode noch Sierning zehentpflichtig, nach wenigen Jahrzehnten wie die Mutterkirche dem Passauer Bistum einverleibt. Steyr war als landesfürstliche Stadt bis 1122 Sitz der Otakare, deren Aussterben im Jahre 1192 die Babenberger auch in der Steiermark zur Regierung brachte. Vielleicht ist diese Tatsache manchem Zeitgenossen erst vor den schönen Schaubildern und Karten in der Babenberger-Ausstellung im Stift Lilienfeld zum Bewußtsein gekommen, daß der Traungau verhältnismäßig spät babenbergisch,be ziehungsweise österreichisch, geworden ist. Otakar II. hat dann in Verhandlungen mit sei nem Gesinnungsgenossen im Investiturstreit Bischof Altmann von Passau seine Eigenkir che Behamberg gegen Garsten einge tauscht, wo er ein Kollegiatstift gründete, das er im Jahre 1107 in ein Benediktinerstift um wandelte. Der frühere Prior von Göttweig, Berthold, der vorher Mönch in St. Blasien im Schwarzwald war und der Ministerialen schicht der Babenberger entstammte, hat bis zu seinem Tod am 28. Juli 1142 als tüchtiger, umsichtiger, dabei aber auch aufrichtig be scheidener und hilfsbereiter Abt diese Grün dung zu einem großen Aufschwung geführt. Diese Charakterisierung ist dem Werk des unermüdlichen Biographen Bertholds, Josef Lenzenweger, entliehen, das die Grundlage der Kultanerkennung für den hl. Berthold am 8. Jänner 1970 durch Papst Paul VI. bildete, nachdem esschon eine solche im Jahre 1236 durch Bischof Rudiger von Passau gegeben hatte. Zu Lebzeiten des Abtes Berthold gab es neben der Pfarrkirche schon eine Stiftskir che mit Holzdecke, also ohne Gewölbe, die wahrscheinlich um 1080 erbaut, sowie die Laurentiuskapelle im Kreuzgang,die bald zur begehrten Begräbnisstätte wurde. Das Grab Bertholds wurde Pilgerziel,schließ lich stand das Hochgrab, das auch als Mau soleum bezeichnet wurde, vor der Ostkrypta, beziehungsweise vor dem Aufgang zum Presbyterium. Nur sehr dürftige Nachrichten liegen über den gotischen Kirchenraum vor, der von 1300—1616 bestand. Die mittelalterli che Stiftskirche war ein bescheidener, dem Hirsauer Typus entsprechender Bau: eine querschifflose Pfeilerbasilika mit verlänger tem und über den beiden Seitenschiffen er höhtem Mittelschiff, am Westgiebel befand sich ein Dachreiter. Über das Äußere der Kir che sind wir immerhin durch das Modell am Stiftergrab unterrichtet. Die drei Ostchöre wa ren polygonal geschlossen, nach der Lage der Fenster des Hauptchores war das Presby terium gegenüber dem Mittelschiff erhöht und die altertümlichen Rundfenster des Oberlichtgadens lassen vermuten,daß die al ten Mauern der romanischen Stiftskirche mit verwendet waren. Die Äbte Ulrich III. Widmer und Otto haben zwischen 1294 und 1333 die Erbauung und Einrichtung durchgeführt. Der Grabstein dieses Abtes Otto blieb als einziger erhalten, weil er später als Altarplatte diente. 1347 wurden die Gebeine der Stifter in einem gemeinsamen Hochgrab vereinigt, das mit der Tumbaplatte Otakars vom Hochgrab aus der Laurentiuskapelle bedeckt wurde. Vor dreihundert Jahren stand es auf der Evange lienseite beim Kreuzaltar, heute befindet es sich in der Nische beim Benediktusaltar. Um 1330 entstand auch die Tumbaplatte für das Bertholdgrab, deren große Liegefigur den Heiligen in gotischer Kasel mit Abtstab und Regelbuch zeigt. Auch die dritte große Sand steinfigur der Anna-Selbdritt im heutigen Sa kristeigang ist 1340 für den Annenaltar der Stiftskirche geschaffen worden. Noch ein be rühmtes Werk der Gotik aus der Werkstatt des Meisters von Großlobming ist in Garsten erhalten, das Vesperbild des frühen 15. Jahr hunderts, das noch die alte Bemalung zeigt und derzeit in der Losensteinerkapelle aufge stellt ist. Das 16. Jahrhundert bescherte die Äbtetafel mit 38 Porträts, in denen Abt Wolfgang Kron fuß seine 38 Vorgänger darstellen ließ. Ein Vers auf dem Grabstein dieses Abtes klingt schon nach der Reformation, die in Steyr be reits Fuß gefaßt hatte. Das Drama der ver suchten Marienbildverbrennung im Jahre 1565 ist noch im Kern der„Wunderbaren Mut tergottes" beim Marienaltar verewigt,es han delt sich um eine Überarbeitung einer roma nischen Madonna, an deren Rückseite sich zwei knieende Stifterfiguren zu Füßen des Marienthrones mit Brandspuren erhalten ha ben, noch einmal Otakar und Elisabeth aus ' der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, ver borgen hinter der Schauseite von 1768. Das als Hinweis auf die schwersten Zeiten des Klosters Garsten in den Stürmen der Glau bensspaltung, wo es richtig in seiner Exi stenz bedroht war. Die späteren Haushistori ker von Garsten, Seraphim Kirchmayr und Leopold Till, haben die Worte Bertholds auf dem Sterbebett für diese Zeit gedeutet: „Nach meinem Weggehen wird es an diesem Orte keineswegs an Widerwärtigkeiten feh len, ja es wird den Anschein haben, als sei diese ohnehin kleine und unansehnliche Nie derlassung stark zurückgegangen. Aber durch die Gnade Gottes wird das Kloster sich rasch wieder erheben und das Ansehen eines besonderen Hauses gewinnen." Garsten stand im'Zeichen der Gegenreforma tion ab 1574, als der Kaiser den Prior von Melk, Johann Spindler von Hofeck, ansteile des abgesetzten Abtes Georg II. Lochmayr berief. Nur noch drei Brüder waren der katho lischen Religion treu geblieben,die Abtrünni gen wurden vom Abtgezwungen,das Kloster zu verlassen und bald fanden sich auch jun ge Kräfte. Zehn Novizen traten unter Abt Spindler in Garsten ein. Es war allerdings viel schwieriger,die Reform über die Klostermau ern hinauszutragen, aber der Abt ließ sich nicht entmutigen und wurde im Jahr 1589 noch zum Abt in Kremsmünster bestimmt, von wo er weitere zwei Jahre das Kloster ad ministrierte. Der freigewählte Nachfolger Martinus Alopitius führte in Weyer, Gaflenz und sogar in Steyr wieder den katholischen Gottesdienst ein und ging dann als Abt nach St. Lambrecht. Von Wilhering kam im Jahre 1600 der neue Abt Alexander a Lacu, der schon ein Jahr spä ter nach Kremsmünster berufen wurde. Mit ihm begann schlagartig das Bauen, bezeich nenderweise mit einem Fischbehälter. Abt Jo hann Wilhelm Heller hat den Kreuzgang mit hellen Fenstern versehen, in denen die letz ten Reste der beschädigten alten Glasgemäl de eingesetzt wurden. Es gab in Garsten wohl auch eine Werkstätte für Glasmalerei wie im Bruderkloster Gleink, von wo im Stift Hohenfurt in der Handschrift des Heinrich Hagwalder um 1250 Rezepte für Glasfarben verzeichnet sind. Die Widmung des BertholdLegendenbildes,das sich heute in der Sakri stei befindet,ereignete sich zur Namenstags feier des Abtes im Jahre 1612. Wieder ein Spindler, Abt Anton II., der vorher Prior in Melk war,ein Neffe von Abt Johann I., regierte anschließend von 1614 bis 1642. Das Zusammenwirken mit dem neuen Burggrafen von Steyr, Baron Siegmund von Lemberg,si cherte den vollen Erfolg der Gegenreforma tion; der Abt unternahm trotz der Unruhen und Gefahren des Dreißigjährigen Krieges die erste umfassende Erneuerung der Stifts11

Berthold-Legendenbild, gewidmet Abt Jotiann Wilhelm Heller von Arberg (1601—1613). — Sämtliche Fotos: Erich Widder Abt Anton II. Spindler (1614—1642) rtiKvt'v SAWti» VIRPil'S A.TQIIKI'DTKS % I ... jj .j». ■,./ ;W.>: f\wi 1«.^ ■ 4 T ^ NTONIVSII M DCAV 4 6, kirche. Es Ist der Baubericht des Steyrer Schulmeisters W. Lindner überliefert, der an schaulich die Begründung der Maßnahmen mit der schlechten Erhaltung der Einrichtung gibt: „In diesem Jahre (1616) unternahm der hwste. Herr Abt gleich mit Beginn des Früh lings das lobenswerte, ewig denkwürdige Werk und führte es Im Verlauf des Sommers getreulich zu Ende. Mit Beibehaltung der Hauptmauern, Wände und Gewölbe schuf er aus der alten Kirche sozusagen eine neue, so daß, wer sie früher in der alten Form gesehen hatte — die ja auch schon eine Umgestaltung erfahren hatte —, glauben mußte, sie sei von Grund auf neu erbaut. Diese Klosterkirche war nämlich wegen der vielen Einbauten, fin steren Winkel, häßlichen Gewölbe, engen Ka pellen und hölzernen Emporen nicht bloß ver unstaltet und finster, sondern auch an vielen Stellen dem Einsturz nahe. Auch der auf dem Gebäude ruhende Dachstuhl war baufällig und das Gebälk Infolge des hohen Alters morsch geworden. Im Inneren der Kirche stand ein uralter Hoch altar, auf dem sich sehr alte, große hölzerne Statuen befanden, großenteils auch schon vom Wurm zerfressen, so daß sie für den ze lebrierenden Priester eine ständige Gefahr waren. Der Chor, In dem die Brüder mit den Sängern das heilige Offizlum sangen, befand sich über einem Gewölbe mitten In der Kir che. Dieser Platz aber war nicht nur unbe quem, sondern auch so klein, daß bei feierli chen Anlässen die Sänger mit dem Klerus und den Instrumentalisten kaum hinreichend Platz fanden. Die Orgel war ganz rückwärts In der Kirche an einer Stelle, die weder für die Musiker noch für die Priester am Altare ge eignet war; denn wenn etwas mit Orgelbe gleitung zu singen war, konnte man vom Chor aus nur über einen sehr langen hölzernen Korridor zu Ihr gelangen. Der Organist aber konnte den Priester, wenn er zum Altare schritt oder von Ihm wegging, überhaupt nicht sehen. Auch die Kanzel stand an einem ganz finsteren Platz; Im Mittelschiff befanden sich eine Anzahl uralter, unförmiger und alt modischer Kirchenstühle. Das Pflaster war In der ganzen Kirche wegen der zerbrochenen Ziegelsteine und mehrerer Marmorplatten oder Grabsteine so uneben, daß man bei un vorsichtigem Gehen Gefahr lief, zu stürzen. Kurz und gut: die Kirche war alt und fast eine Ruine. Auch der große Altar wurde entfernt und vor derhand auf der marmornen Mensa ein schö ner Tabernakel errichtet zur Aufbewahrung des Allerhelllgsten, später sollten drei der hervorragendsten Künstler: ein Bildhauer, ein Kunsttischler und ein Maler einen neuen, sehr schönen bauen, wie man später, beim Jahre 1620, lesen wird. In der Mitte des Got teshauses, bei der Kanzel, wurde eine Anzahl kunstvoll und sorgfältig ausgeführter Kir chenstühle für Männer und Frauen aufge stellt. Aus den Flügeln des Hochaltares, die sehr schön vergoldet und gefaßt wurden, erhielten die anderen kleineren Altäre, die an verschle12

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