Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 4, 1983

wirkt, einen mächtigen Akzent über den Häu sern des Ortes - anders als in Melk, aber im Grunde doch ähnlich. Ein ganzer Ort wird so zur Klosterlandschaft. Der gewaltige, licht durchflutete Innenraum baut auf dem Modell von Melk auf, Ist aber zu einer selbständigen Größe geworden. Er steht autonom da, gleich sam als Gegenpol zur Stiftskirche, die kaiser liche Macht repräsentierend. Das Ausstat tungsprogramm hat die Türkensiege zum Thema und ist selbstverständlich religiös mo tiviert. Aber immerhin, die Überhöhung der Kirche gegenüber der weltlichen Macht, wie sie in Melk so programmatisch dargestellt wird, ist hier einer Partnerschaft gewichen. Spätere Klosterbauten sollten das noch deut licher zeigen. Als ganz eigenen Trakt hat Prandtauer nach Osten vorspringend das Sommerrefektorium angebaut, vielleicht seine reifste Schöpfung. Die Außenfronten wirken klassisch beruhigt, der Innenraum strahlt Helle und Heiterkeit aus. Auch in Kremsmünster tritt Prandtauer die Nachfolge Carlo Antonio Garlones an. Er er weitert und vereinheitlicht die berühmten Fischbehälter. Erst seit Prandtauers Adaptie rungen erlauben sie die reizvollen Durchblicke durch die sich verschiebenden Arkaden - auch eine Art von Klosterlandschaft im Klei nen. Darüber hinaus griff Prandtauer an ande ren Stellen in den Kremsmünsterer Bau ord nend ein. Dem Eichentor gab er durch eine stärkere Betonung der Mitte mehr Monumen talität, und auch die äußeren Wirtschaftsge bäude entstanden 1713-1722 in strenger Symmetrie an der Stelle unregelmäßiger Trakte. Jakob Prandtauer starb 1726. in Melk über nahm sein Neffe Joseph Munggenast die Fort führung des Baues und gab ihm mit den phan tasievollen Turmbekrönungen eine eigene Note. Munggenast (1680-1741) wurde zum eigentlichen Klosterbaumeister. Er arbeitete fast nur für niederösterreichische Stifte. Er baute in Seitenstetten, Zwettl, St. Pölten und Geras, setzte auch auf dem Sonntagberg Prandtauers Werk fort und dürfte die Wall fahrtskirche Maria Dreieichen entworfen ha ben. Munggenasts größte Leistung ist zweifel los der Umbau des Stiftes Altenburg. Auch dieses Stift ist beherrschend in die Landschaft gestellt. Die langen Flügelbauten, die den auf geistreiche Weise in die Barockarchitektur einbezogenen gotischen Chor der Stiftskirche flankieren, thronen eindrucksvoll über dem Kamp. Die weitläufigen Außenfronten der Stiftsgebäude sind relativ einfach gehalten. Aller Glanz konzentriert sich auf die Innen räume. Das gilt von der prachtvollen Kirche ebenso wie von den Kaiserzimmern. Die größte Überraschung bietet aber die gewaltige Bibliothek, die mit einem eigenen Stiegenhaus den ganzen Südflügel des Stiftes einnimmt. Oben: Gemäldesammlung des Benediktinerstiftes Kremsmünster, Ansicht des Klosters mit Kirch berg und Traunstein im Hintergrund, gemalt von Johann Schauer (1840 bis 1914), Ausschnitt. Links: Bück in den Fischbehäiter des Stiftes Kremsmünster, 1690 bis 1692 erbaut von Carlo Antonio Carione, um 1717 era/eitert von Jakob Prandtauer Rechts: Gesamtansicht des Benediktinerstiftes Göttweig. - Foto: Studio Fasching 22

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