Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 4, 1981

Bücherecke Rosenheimer Raritäten Dem Rosenheimer Verlagshaus Alfred Förg Ist Im deutschen Verlagswesen auch aus österreichischer Sicht ein Spitzenrang einzuräumen. In langjähriger, konsequenter Arbeit Ist es dieser Verlagsanstalt ge lungen, der Volkskultur und Volkskunst einen neuen Stellenwert zu sichern. Die thematische Mitte bildet Bayern mit seiner Ge schichte und seinem unverwechselbaren Volkstum. In einer Zelt, die einer Weltkultur zusteuert, wird ein drucksvoll der Nachwels erbracht, daß auch eine Landeskultur noch Ihre Bedeutung besitzt. Es wird dabei Helmattümelel vermieden, nichts von ,,Blut und Boden". Auge und Verstand sollen für die vielen Schönhelten In der Nähe - daheim - ge schärft und begeistert werden. Besondere Vorzüge aller,,Rosenheimer Raritäten" sind lebendige Themenstellung, gewissenhafte fachliche Bearbeitung und bibliophile Ausstattung. Der österreichische Alpen- und Donauraum wird liebevoll berücksichtigt. So sind diese Bücher ge rade auch österreichischen Lesern sehr zu empfeh len. In einem Heft, das der oberösterreichischen Volks kunst als Schwerpunktthema gewidmet Ist, er scheint deshalb eine Buchauswahl des Rosenhei mer Verlagshauses sehr angezeigt. Alfred Förg: Schieß-Scheiben. Volkskunst in Jahr hunderten. 450 Schieß-Scheiben aus Deutschland, Osterreich, Südtirol und der Schweiz. Vorwort von Dr. Franz J. Grieshofer. - Rosenhelm: Rosenhei mer Verlagshaus Alfred Förg 1981, 256 Seiten mit 452 Reproduktionen (102 vierfarbig, 350 schwarzweiß), zwelfärbiger Druck, 23,5x30 cm, Leinen, Ladenpreis S 606.50. Diese Neuerscheinung zeigt die qualltätvolle Note der,,Rosenheimer Raritäten" In besonderer Welse. Eine bibliophile Kostbarkelt, ein echtes Geschenk buch, gleichzeitig aber auch ein volkskundllches Standardwerk! Die Themenstellung: Schleß-Schelben (auf dem Land Ist der Ausdruck Schützenschel ben gebräuchlicher) und Ihre einstigen Träger: die Schützengesellschaften. Mit diesem Werk wird ein Stiefkind der wissenschaftlichen und musealen Volkskunde aus unverdienter Abseltsstellung In ein helles Licht gerückt. Schmerzlich wird uns bewußt gemacht, was an Werten auf diesem Gebiet der Volkskultur bereits verlorengegangen Ist. Das histo rische Schützenwesen wird Immer mehr vom Schießsport erdrückt. Die Hektik sportlichen Wettkampfschleßens hat sogar schon die ländlichen Schießstände ergriffen. Alte Schützen erinnern sich wehmütig an die Geselligkeit eines früheren Kranzlschießens. Auf die überlieferten Schützenschelben hat man lange nicht beachtet, ließ sie verkommen. Die Aufnahme In ein Heimatmuseum war oft Ihre letzte Rettung. Wenn Ich an oberösterreichische Heimatmuseen denke, muß allerdings bedauernd festgestellt werden, daß sie auch dort meist In De pots lagern, bestenfalls auf Gängen einen Hänge platz gefunden haben. Die Besinnung hat allerdings bereits begonnen. Die umfangreiche Rettungsaktion für die Ennser Schei ben Ist ein Musterbeispiel aus Oberösterreich. Der Herausgeber dieses Buches - Alfred Förg - hat bei seiner Bearbeitung und Gestaltung keine Mühe gescheut. Man merkt die liebevolle Beziehung, die er zu diesem Thema besitzt. Dr. Franz J. Grieshofer vom österreichischen Museum für Volkskunde ver faßte ,,Elne kleine Kulturgeschichte der Schieß scheibe". Schon In seiner Dissertation befaßte sich dieser Wissenschafter aus dem Salzkammergut eingehend mit dieser Thematik. Sein reiches Wis sen bildet ein solides Fundament für die nun fol gende Betrachtung der hervorragenden Abbildun gen und die Lektüre der umfangreichen Bildtexte mit eingestreuten fachlichen Kurzdarstellungen, wie etwa über das Interessante Coburger Scheibenbuch mit seinem respektablen Umfang von 233 Blättern, davon allein 85 Scheibenbilder In Aquarell- und Deckfarben. Disposition und Gestaltung des Buches ermögli chen dem Leser ein Studium des Schützenwesens In Deutschland, Österreich, Südtirol und der Schweiz wie bei einem Museumsbesuch. 64 Auf bewahrungsorte von Schieß-Scheiben - Museen oder noch aktive Schießstände - werden mit Ihren schönsten und kostbarsten Exemplaren vorgeführt. Die Scheiben der Schützengesellschaft Enns bilden sogar den eindrucksvollen Anfang. Auch In der An zahl der Reproduktionen ergeben sie einen Schwerpunkt, dem nur noch die Beispiele der Schützengesellschaft Oberbozen und der Schüt zengilde Schelbbs In Niederösterreich gleichkom men. Wenn wir schon bei österreichischen Schüt zenorten sind, so sei noch auf die Scheiben Im Jagdschloß Fuschl und aus der Tradition der Schüt zengilden bzw. -gesellschaften Kufstein, Kitzbühel, Neunkirchen In Niederösterreich, Tamsweg (Was serscheibenschießen am Prebersee) Im salzburgi schen Lungau, Innsbruck, St. Veit an der Glan, Bregenz, Grundlsee und Traismauer hingewiesen. In jeder volkskundllchen Bücherei verdient dieses Werk einen Ehrenplatz. Reinhard Worschech: Bildstöcke - Wahrzeichen der Landschaft. - Rosenhelm: Rosenheimer Ver lagshaus Alfred Förg 1981, 160 Selten mit 142 Sschwarzweißabblldungen, 8 Farbtafeln, 25 Zeichnungen von G. F. Koller, Ladenpreis S 302.50. Bei Lektüre dieses sachkundig verfaßten und Hebevoll ausgestatteten Buches - eine echte ,,Rosen heimer Rarität" - erinnerte Ich mich an ein bezeich nendes Erlebnis aus meiner aktiven Dienstzeit als Denkmalpfleger In Oberösterreich. Der Bürgermei ster einer oberösterreichischen Marktgemeinde er bat meinen Besuch zur Besprechung lokaler kultu reller Anliegen. Bei dieser Gelegenheit führte er mich auch zu einem verfallenden Bildstock und be fragte mich über die Möglichkeiten der Erhaltung und eines Zuschusses. Meine Antwort, daß die Denkmäler der Gläubigkeit unserer Vorfahren von der gegenwärtigen Generation doch wohl ohne Hilfe von außen gepflegt werden könnten, setzte Ihn In unwilliges Erstaunen. Das war vor vielen Jahren. Es kam noch ärger. Plötzlich tauchten Bildstöcke Im Kunsthandel auf. Mit modernen Baumaschinen wurden sie ausgehoben und auf schäbige Lager plätze verfrachtet - wie Autoruinen. Zum Glück scheint dieser Tiefstand In unserer Volkskultur überwunden zu sein. Einzelpersonen und Arbeits gemeinschaften bemühen sich mit zunehmendem Erfolg um die Rettung dieser liebenswerten ,,Flur denkmäler", die als ,,Denkmale der Volksfrömmlgkelt" und als,, Wahrzeichen der Landschaft" aus un serem Kulturbewußtseln nicht wegzudenken sind. Mit diesen Begriffen sind bereits Formulierungen aus dem zu besprechenden Buch zitiert. Es Ist ein wichtiges Buch I Es gehört in die Bibliothek jedes Heimatpflegers. Für den österreichischen Le ser ist bemerkenswert, daß er viele Beispiele aus unserem Kulturraum In Wort und Bild vorfindet, die Aussagen des Autors also auch für uns feste Gültig keit besitzen. Der Zeichner G. F. Koller scheint überhaupt ein Niederösterreicher zu sein. Seine reizvollen Federzeichnungen bringen durchwegs Motive aus dem Donauraum. Der Leser wird kunstgeschichtllch, volkskundllch, sagenkundllch, religionsgeschichtllch und landes kundlich über Herkunft, Wesen und kulturellen Wert der Bildstöcke Informiert. Er wird - dies erscheint besonders wertvoll - über,,Renovierungsmaßnah men und Gedanken zum Denkmalschutz" unterrich tet. Die ausgezeichneten Fotos machen dieses Buch auch zu einem Bildband, den man Immer wie der gern zur Hand nimmt. Ober den Autor erfahren wir, daß er Bezlrkshelmatpfleger der Regierung von Unterfranken Ist. Es wäre Interessant, Ihn einmal als Gast der oberösterrelchlschen Heimatpflege begrüßen zu können. Anton Bralth. Christian Mall. Alpenländisohes Skiz zenbuch. Zeichnungen und Texte von Alpenwan derern. Hrsg. von Hans Heyn. - Rosenhelm: Ro senheimer Verlagshaus Alfred Förg 1981, 176 Sel ten mit 138 Zeichnungen und 4 Farbtafeln, Laden preis S 302.50. Besser als der Haupttitel beschreibt wohl der Unter titel Disposition und Inhalt dieses Werkes, wie wir Ihn auf dem rückwärtigen Buchdeckel finden: ,,1780-1910, Blick zurück auf Oberbayern, Nordund Südtirol, nach Salzburg und Ins Salzkammer gut." Ein köstliches Bilder- und Lesebuch, das jedermann gerne In seine Bücherei stellen und Immer wieder zur Hand nehmen wird! Hauptgestalten sind zwei Maler und Graphiker aus dem süddeutschen Raum: der Tiermaler, Porträtist und Landschafter Anton Bralth (1836-1905) und der Landschafter wie Genremaler Christian Mall (1832-1906). Beiden Freunden und Weggefährten Ist In dem Geburtsort des Taglöhnersohnes Anton Bralth, in Biberach an der RIß, ein ,,Bralth-Mall-Museum" gewidmet, beide waren zu Lebzelten aner kannte Künstler, die sich Reichtum und Ansehen erwerben konnten, beide leben jedoch kaum mehr Im Bewußtsein der heutigen Generation. Also auch eine Ehrenrettung, wie sie dem Rosenheimer Ver lagshaus Alfred Jörg so vielfach schon zu danken war! Der Herausgeber schreibt über Ihr künstlerisches Schaffen: ,,Sie halfen Ihren Zeltgenossen die Land schaft und die bäuerliche Welt zu entdecken. Hun dert Jahre später bewirken Ihre Zeichnungen und Bilder beim Betrachter Reminiszenzen. Es sind Er innerungen an Vergangenes, wobei sich zuweilen die Empfindung des Verlustes einstellt." Die Bleistiftskizzen von Anton Bralth wirken auf uns künstlerisch freier. Ihre Motive sind auch weniger lo kalgebunden. Wir finden viele Tierstudien - die Welt der Hüter und Sennerinnen, Skizzen von den einfa chen Dingen am Wanderweg: Hollerstrauch, Am Weidezaun u. a.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2