Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 4, 1981

Landeskunde Haus und Hof im Salzkammergut Wilfried Lipp Zu jeder Reise gehört Gepäck. Aber nicht nur Anzug, Wäsche und Nachtgewand sind wohi oder übel Begleiter, sondern viel bestimmter und hemmender oft sind die Vorstellungen und Wunschbilder, die man mitbringt. So ist unsere Saizkammergut-Optik noch im mer jene des 19. Jahrhunderts, ais diese Ge gend ais Kunstiandschaft entdeckt und ge priesen wurde. Der feiertägige Glanz Waldmüllerscher Bilder, die besonnten Ansichten Alts, die heiteren Szenen Gauermanns, die kiaren Wiedergaben Steinfelds wirken unter bewußt fort und iegen sich über die gegen sätzliche Reaiität unserer Zeit. Daher wohi empfinden wir aiies, was dieses Idealbild be drängt, in Frage steiit oder zerstört, als 'i ,ij I j * schmerzlich und unwiederbringiich dort, wo das 20. Jahrhundert schon seine betonenen Wurzein geschlagen hat. Freilich, vieles versetzt uns noch In die Lage, das Kammergut ais nostalgische Insel zu be trachten, die auch die harte Brandung der Ge genwart nicht zu überfiuten vermag. Noch sind Biedermeier und Flistorismus überaii präsent, in den Landhäusern, der Ischler Kaiserviila, der Villa Toscana in Gmunden, den höizernen Veranden, den gußeisernen Baikonen von Altmünster bis Alt-Aussee. Selbst die Statio nen der Bahnhöfe sehen teiis noch aus, als erwarteten sie des Kaisers Sonderzug. Dane ben die Füile der äiteren Bürgerkultur, das Rathaus von Gmunden, die spätgotisch-re naissancezeitlichen Salzfertigerhäuser an der Ischler Esplanade, die kaum veränderte histo rische Häuserzeile In Lauften längs der Traun, die Zeugnisse vergangener Feudaiordnung, wie der Gmundner Kammerhof, das ,,in See stolzierende" Schloß Ort oder der reizende Seeauer-Ansitz in Au am Hallstätter See. Blättern wir aber ein paar Seiten zurück, hinter aiie Romantik und poetische Verkiärung, dann sehen wir im Saizkammergut primär einen streng abgezirkelten und gehüteten Bereich geregelter Arbeit: keine Landschaft voli von Burgen, kein eigentliches Bauerniand auch. Und weil in dieser Welt der Arbeit der Durst nach Ausgieich besonders stark war, gedie hen mehr als sonstwo auch Lied und Tanz und Brauch und aiie Formen der geselligen Unter haltung, die wir noch heute ais typisch ,,saizkammerguatlerisch" empfinden. Haus und Hof- Holz und Salz! Die Bedingthei ten vermittein: Ohne Holz, das in großen Men gen für den Sud benötigt wurde, kein Saiz, kein Haus ohne Holz. Da das Kammergut ein großer Wirtschaftsbetrieb war, mit derseiben Zieisetzung eines modernen Unternehmens, nämlich das Produkt Salz möglichst ökono misch herzustelien, war alies andere diesem Zweck nachgeordnet. Das Bauen im Saiz kammergut war daher von altersher, seit den durch Funde gesicherten Biockhütten der Hailstattbewohner, eine sorgsam kalkulierte und obrigkeitlich gesteuerte Angelegenheit. Holzhäuser in Halistatt, Untergeschosse in Stein bau, Obergeschosse in Blockbauweise, mit senkrechten Brettern verschalt. Übergang vom „Gwandtergang" zum Balkon, seitlich Sommer veranden, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts angebaut. Dächer mit Brettern gedeckt. Foto: M. Singer

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