Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 1, 1981

Guggenbichlers dar. Als er hier 1675 daran arbeitet, wird er noch als ,,BildhauergsöH" bezeichnet. Heinrich Decker nimmt an, daß er damals der Werkstatt des aus Köstendorf stammenden Jakob Gerold angehörte, weil er mit demselben Tischler und Faßmaler wie dieser arbeitete®. Das die Martinslegende darstellende Altarblatt wird von den in schmalen Nischen stehenden heiligen Frauen Margarete und Barbara flankiert. Im Aufsatz stehen die hll. Rupert und Virgil (ur sprünglich Nikolaus und Wolfgang) und die drei Erzengel. Die Plastik im Oval stellt den 1145 ermordeten und bis heute im Mond seeland verehrten Mondseer Abt Konrad II. dar. Noch hat Guggenbichler nicht zur Höhe seines späteren Ausdrucks gefunden, aber die beiden Nischenfiguren lassen schon je nen ,,Reichtum wechselnder Ansichten"'® erkennen, der seinen meisten Werken eigen ist. Auch erscheint hier bereits eine Aufeinanderbezogenheit der Figuren, wie sie bei seinen Altären meist feststellbar ist. Sie kommt hier besonders in der Gruppenbil dung im Aufsatz zum Ausdruck. Folgen wir nun dem Weg, den Guggenbich ler nahm, als er 1779 nach Mondsee zog, um sich hier ständig niederzulassen. Wir wan dern südwärts dem Gebirge zu. Bald erblikken wir die 1408 neu erbaute, der hl. Maria geweihte Kirche von Irrsdorf, Filiale von Straßwalchen und heute auch eine be kannte Leonhardswallfahrt. Wir treten in die kleine Vorhalle und öffnen die ,,lrrsdorfer Türen" mit den berühmten lebensgroßen Halbplastlken der hl. Maria und der hl. Elis abeth aus dem Jahre 1408. Es empfängt uns ein unvergeßliches Gesamtbild barocker Formensprache in gotischem Rahmen. Der Blick fällt auf den mächtigen Hochaltar mit den überlebensgroßen Schreinwächtern, den hll. Martin und Wolfgang, flankiert von den Ritterheiligen Georg und Florian, aus der Hand Guggenbichlers in den Jahren 1682 bis 1684. Damit begann er seine bis 1692 dauernden Arbeiten an der Gestaltung der Irrsdorfer Kirche, die ihn zu höchsten Leistungen führten. Das Themades Hochal tares, die Himmelfahrt Mariens, findet im Plastischen seine Fortsetzung im Aufsatz mit den jubelnden Engeln. Die beiden Bi schofsheiligen in ihrer monumentalen Ge bärde zählen zu den Meisterwerken Gug genbichlers und kennzeichnen den Stil der frühen Mannesjahre. Deckernennt ihn ,,das große Pathos" im Gegensatz zur vorherge henden Periode des lyrisch betonten Ju gendstiles. Die Statue des hl. Wolfgang ist nach Decker ,,das plastisch reichste Gebil de, das Guggenbichler geschaffen hat"." Bei den beiden Seitenaltären, dem linken mit den hll. Benedikt und Scholastika, dem rechten mit den hll. Franziskus und Clara, handelt es sich um Werkstattarbeiten. Bei der Kanzel Ist die lebensgroße Statue des hl. Paulus auf dem Schalldeckel eigenhändig, desgleichen die Pieta mit den beiden trau ernden Engeln zur Seite. Die lebensgroßen Statuen Christi an der Geißelsäule und der schmerzhaften Muttergottes gelten hinge gen als Werkstattarbeiten. Zu den Haupt werken Guggenbichlers in seiner späten Periode zählt der Leonhardsaltar von 1716 in der gleichnamigen Kapelle, die 1714 an gebaut wurde. Seine Gestalten sind schlan ker und stiller geworden, verflogen sind die Kraft und derJubelderfrühen Jahre.,,. . . in künstlerischer Vollendung zieht der Meister hier die Summe seiner Lebenserfahrungen und seiner schöpferischen Entwicklung mit einer Leistung, die sich allen zeitlichen Bin dungen und stilistischen Einordnungen ent zieht und zu den tiefsten und klarsten Wer ken alpenländischer Kunst zählt'^." Um ein wunderbares Kunsterlebnis reicher, wandern wir weiter. Von der Höhe im We sten schaut die kleine Kirche von Sommer holz herab. Mit ihrem Altar hat Jakob Gerold 1675 ein Alterswerk hinterlassen. Nach ei ner halben Stunde haben wir Oberhofen er reicht; einst ein Gutshof des Klosters Mond see, um den sich der Ort entwickelte. Die den 14 Nothelfern geweihte spätgotische Kirche besitzt Werke Guggenbichlers, die ebenfalls aus seiner späten Zeit stammen. 63 Jahre war er alt, als er diesen Auftrag des Klosters ausführte - ein Beweis für seine ungebrochene Schaffenskraft, die ihm bis Ins Alter vergönnt war. Die beiden Schrein wächter auf dem Hochaltar, die hll. Johann und Paul sowie Gottvater im Aufsatz spre chen dafür eine beredte Sprache. Etwas vom jugendlichen Schwung der Frühzeit ist noch spürbar. Der reiche plastische Schmuck stammt aus seiner Werkstatt. Die äußeren Schreinwächter sind später hinzu gefügt und wohl Nachbildungen der Ritterheiligen von Irrsdorf. Die hll. Jakobus und Rochus, Maria Magdalena und Veronika an den Seltenaltären verkörpern die Phase seines Altersstiles mit ihrem sanften, aber geistvollen Ausdruck. Die vier Evangelisten am Kanzelkorb zeigen seine Meisterschaft auch in derkleinen Form. Bemerkenswert ist in der Kirche von Oberhofen auch das Bild ,,Beweinung Christi" von 1517, dessen prachtvoller Rahmen aus der Guggenbichlerwerkstatt stammt. Wir wandern weiter durch die bäuerliche Landschaft und nähern uns dem Irrsee mit seinen noch verhältnismäßig naturbelasse nen Ufern. Nach einer guten halben Stunde sind wir inZe//am/Woos angelangt. Hier hatte Guggenbichler bereits, ehe er sich In Mondrofd Mondsee, Statue des hl. Benedikt, Werkstatt arbeit (nach Decker), Foto: Diözesanbildstelle Linz See niederließ, gearbeitet und Aufträge vom Stift zur Ausstattung der Kirche erhalten. Über Umfang und Aussehen wissen wir nichts, weil um 1800 die von ihm stam mende Einrichtung entfernt wurde. Der heu tige Hochaltar stammt von der abgebroche nen Pfarrkirche in Mondsee, die neben der Stiftskirche stand und im Zuge der josefini schen Reformen weichen mußte. Auf der anderen Seite des Irrsees begleitet uns der langgestreckte Waldrücken des Ko lomansberges, auf dessen Höhe zwischen Tannen und Fichten das alte Kolomansklrchlein steht - letzte Holzkirche unseres Landes, mit dem nahen Kolomansbründl einst eine häufig besuchte Wallfahrtsstätte.

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