Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 1, 1981

Region Saizkammergut Franz C. Lipp Was heute als „Salzkammergut" benannt wird, ist wesentlich größer als ursprünglich, ,,von altersher", aufgefaßt und bezeichnet wurde. Der relativ junge Begriff taucht 1524 In der Wendung ,,Unseres camerguts des Saltzs" auf und erst 1656, mit dem dritten ,,Reformatlons-LlbeH"i, gebraucht Kaiser Ferdinand III. den Ausdruck ,,ln Unserm Salzkammergut" für das bisher meist als ,,Ischl-Land" beschriebene Gebiet der ,,Herrschaft Wildenstein", das sich prak tisch mit dem heutigen Gerichtsbezirk Bad Ischl deckt. Aber auch der östlich angren zende Bereich des Pfleggerichtes Pfllndsberg, heute als ,,Ausseer Land" bekannt, wurde seit der endgültigen Ablösung der ,,Hallinger", die Schürf-, Verhüttungs- und Vertriebsrechte am Altausseer Salzstock besaßen, durch den Landesfürsten genauso ,,Kammergut", d. h. Eigenbesitz, wie das jenseits der stelrlschen Grenze gelegene ,,österreichische" Gebiet. Die Bildung des ,,Salzkammergutes" als einheitlicher Wlrtschaftsraum war mit der Klärung der Besitz verhältnisse zugunsten des Landesfürsten, die Im stelrlschen Teil erst 150 Jahre nach der analogen Vorgangswelse auf oberöster reichischem Gebiet (In Hallstatt 1305) er folgte, Im Jahre 1460 vollzogen. Eine ge wisse Sonderentwicklung des stelrlschen Salzwesens, das länger den landesfürstli chen Ansprüchen widerstand und auch bis 1741 durch das Hallamt In Aussee verwaltet wurde, Ist unverkennbar. Ab diesem Jahr unterstand jedoch der Ausseer,, Verweser" genauso dem Salzoberamt In Gmunden wie der von Hallstatt, Ischl und Ebensee. Von dieser Kernzone um die Salzbergbaue von Aussee, Hallstatt und Ischl, auf der ja der spätere Landschaftsbegriff zunächst haftete, muß ausgegangen werden, wenn vom Salzkammergut die Rede Ist. Well diese Kernzone, In solcher Konsequenz beispiellos für Mitteleuropa, ganz eindeutig eine völlig dem Salzwesen untergeordnete Wirtschaftslandschaft war, wurde sie auch zur Kulturlandschaft, nicht etwa umgekehrt, denn von der Salzwirtschaft war auch der Mensch mit seinem Beruf, seinem Haushalt, seiner Familie, seiner karg bemessenen Freizelt abhängig. Das Amt, die Obrigkeit, der ,,Arar" (gespr. wie ,,Arär"), regelte, wer In das Kammergut ziehen durfte, wer ab wandern mußte. Es wurde damit aber auch jene Dauerhaftigkeit der Eigenart des Volksschlages an der oberen Traun erzielt, die den Wirtschaftsraum eindeutig zur Kul turlandschaft werden ließ. Dieser ursprünglichen Kultur- und Wirt schaftseinheit, dem Ur-Salzkammergut, das sich vom Sonnstein bis zum Salzstelgjoch und zur Grimmingsenke vor Pürgg er streckt, waren Im Norden und Im Westen sogenannte ,,Wldmungs"-Räume zugeord net, die den Ertrag des reinen Salzbezirkes ergänzen mußten. Berg und Salinen fraßen ja Unmengen von Holz - für die Erzeugung von einer Tonne Salz wurde ein Festmeter Holz benötigt, so daß zusammen mit dem Nutzholz für Zillen und Verpackung ab der Mitte des 14. Jahrhunderts, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt steigend, pro Jahr für die Sa line In Hallstatt allein 71 Hektar Wald abge holzt werden mußten. Vorsorge wurde zwingend nötig. Sie geschah einerseits durch die Verlegung der Hauptsallne nach Ebensee am Beginn des 17. Jahrhunderts, andererseits durch die Bestimmung von Widmungswäldern, die außerhalb des ei gentlichen Kammergutes zum großen Teil In anderen als den landesfürstllch-habsburglschen Herrschaftsgebieten, z. B. Im Land des Salzburger Erzblschofs, lagen. Wid mungswälder solcher Art erstreckten sich vom Kolomansberg und dem Saurüsselwald bei Mondsee über die Waldungen am Schafberg, um den Hochzinken und Rinn kogel Im Westen und jenen der,,Grafschaft Ort" um Krahberg und Hongar Im Norden, so auch am Nordabhang des Höllengebirges vom Hochlecken bis wieder zum Sonnstein. Diese Widmungswälder, große, dunkle For ste Im freundlicheren Bauernland, vom Bell schlag und dem Zuruf, wohl nicht selten auch vom ,,Juhlzer" der ärarischen Forst leute und Holzknechte belebt, wuchsen all mählich dem Inneren Salzkammergut an und zu, obwohl sie In Ihrer bäuerlichen Grundstruktur durchwegs eigenständig blieben. Es herrschte Im Salzkammergut aber nicht nur Mangel an Holz, sondern auch an Nah rung: Mehl, Gries, Schmalz und Fleisch. Deshalb wurden ebenso Widmungsbezirke zum Aufbringen der Grundnahrungsmittel geschaffen. Solche waren die Viechtau, fer ner das ,,Hofmark" genannte ,,Gäu" um Pinsdorf, Ohlsdorf und KIrchham, sowie das Almtal von Vorchdorf über VIechtwang bis Grünau. Für Aussee und Hallstatt wurde das Ennstal von Wörschach bis Algen ,,gewid met": überschüssige Lebensmittel aus die sen Gemeinden durften nur Ins Salzkam mergut geliefert werden. Korn und Schmalz wurden vom Ärar, dem Kammeramt In Gmunden, aufgekauft und In den sogenann ten ,, Hofkästen" des Inneren Salzkammer gutes gespeichert. Ein Teil des Lohnes der ,,Salzkammerer" wurde In Naturallen aus gefolgt. - ,,Geht's krump oder grad, wann manurseln Hofkorn hat"-damit konnte sich der Salzknecht trösten. Eine durch die Landesgrenze Oberöster reich - Steiermark mindestens seit 1254 zweigeteilte Kernzone, ,,lschelland" und Ausseer Land, und drei sie umgebende Randgebiete - das Außere Salzkammergut, Identisch mit dem Gerichtsbezirk Gmunden, vorwiegend bestehend aus den ehemaligen Herrschaften Ort und Scharnsteln, das Mondseeland mit dem Attergau, soweit es sich um die ,,Seegemeinden" handelt, und schließlich das Salzburgische Salzkam mergut mit den Gemeinden Fuschl, St. Gil gen, Zinkenbach und Strobl, In denen sich seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert die großen Widmungsforste befanden, die das Holz, dem natürlichen Wasser- und Triftweg folgend, an die Salinen lieferten: sie zu sammen also bilden das vielgestaltige und doch eng aufeinander bezogene Salzkam mergut. Dennoch würden diese politisch mindestens dreimal auseinandergerissenen, auf drei Bundesländer verteilten Räume nie auf ei nen Nenner gebracht werden können, fehlte dazu die geographische Voraussetzung. Diese Ist sowohl nach der orographlschen. In der deutlichen Begrenzung des Bergre liefs, als auch nach der hydrographischen Seite gegeben. Die Traun, von Ihrem Ur sprung oberhalb des Kammersees bis zu Ih rem Zusammenfluß mit Alm und Ager, sam melt alle Gewässer, auch die Abflüsse der Dachsteingletscher und Karstseen. Verweilen wir einen Augenblick bei dem eindrucksvollen Bild der Gewässerkarte des Salzkammergutes! Wir sehen da, ungefähr auf einer sphärold gedrückten Kreisfläche, In schönem Ebenmaß verstreut die Flächen großer, kleiner und kleinster Seen. Attersee, Traunsee und Hallstättersee bilden ein In neres Dreieck, Fuschlsee, Mondsee und Wolfgangsee flankleren Im Westen, Altaus seer See, Grundlsee und Toplitzsee Im Osten. Dazwischen verstreut sind rund 60 weitere Seen und Seelein, Immerhin noch solche von der Größe des Almsees und Of fensees, der Langbathseen, des Schwarzensees und der Gosauseen. Aber es gibt auch kaum auffindbare, da sie als Karstseen zeitweise verschwinden oder als Höhlen see, wie die Röthelseen, sich im Schoß der ,,Schlafenden Griechin" verbergen. Diese rund siebzig Seen, von denen so manche erst In jüngster Zelt In das Bewußtsein der Wanderer gerückt wurden, sind es, die dem Salzkammergut als Ganzem jene Vorstel lung von dem Bergkind mit einem reichen, edelsteinbesetzten Gürtel eingetragen ha ben. Die alteingesessenen Bewohner des k. k. Salzkammergutes verbanden allerdings mit See, Fluß und Bach ganz andere Assozia tionen. Der See war für sie In erster Linie Fischwald und Schiffweg. Der einzige nam-

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