Oberösterreich, 31. Jahrgang, Heft 1, 1981

Bücherecke Goldene Hauben und schwarzseidene Tücher Gar viele Geschichterln werden über Goldhauben und Kopftücher erzählt- wenig Geschichte steckt meist dahinter. Wenn man das Wort „Häresie" recht zahm übersetzt, so bedeutet es ,,die erwähite Meinung". Nun, mit so einer erwählten Meinung gehen viele Leute spazieren, gerade dort, wo es sich um Volkskunde, Brauchtum und Tracht handelt. Wer aber in seinem Bemühen um aii diese Dinge ernst genommen werden wili, der muß sich auch als Laie dazu entschiießen, seine Informationen aus der Fachliteratur zu beziehen. Fachiiteratur heißt nicht unbedingt, daß es sich dabei um staubtrockene Lektüre handein muß. Der Prachtband ,,Goidhaube und Kopftuch" ist ein überzeugender Beweis dafür, wie informativ, interessant, unterhaltend, bildend und erheiternd auch die Wissenschaft serviert werden kann. Aufbereitet wurde dieses so oberösterreichische Voikskundethema halt von einem, der eben nichtnur ein ernstzunehmender Wissenschafter, son der auch ein exzeiienter Schreiber ist. Universi tätsprofessor W. Hofrat Dr. Franz C. Lipp hat na türlich die umfangreichste Sachkenntnis, verfügt aber auch über genügend Poesie und Humor, um ein Buch zu verfassen, das ietztlich alien Freude bereitet - den Fachieuten und den interessierten Laien. Wenn etwas so in den Blickpunkt rückt, wie in Oberösterreich in den letzten Jahren die fest lichen Frauentrachten, zu denen die Goidhaube und das Kopftuch gehören, getragen werden, dann ist es höchste Zeit, daß aus den vieien tau send Interessierten auch informierte werden. Es ist recht verwunderiich, wie sich so eine Kopf bedeckung verändert, zurechtmodelt, in Form, Farbe und Material fast von Jahr zu Jahr ein we nig anders wird und dann, wenn sie die provokan teste, auffailendste, und seien wir ehriich, doch unbequemste Fasson erreicht hat, plötziich er starrt und sich nahezu 200 Jahre nicht mehr wandeit. So als wäre man tatsächlich jahrzehnteiang auf der Suche nur nach dieser Haubenform ge wesen, die so auffaliend zwischen Heim und Krone angesiedeit ist. Viel Landesgeschichte steckt In diesem zur Tracht gewordenen Kostüm. Kiassizistische Schönheitsformen und französischer Ge schmack wurden aufgenommen und oberöster reichisch umgeprägt. Solcherart bodenständig veredeit, wurden sie zur kostbaren Frauentracht der Zeit. Die damais von vieien Schriftsteilern be sungene ,,schöne LInzerin" erregte mit ihren sei denen Kieidern, Tüchern, dem prunkvoilen Schmuck und den goldenen Hauben auch das In teresse und sicher sogar den Neid der Nachba rinnen. So ist es nicht venwunderiich, daß der Au tor ,,unsere Hauben" über die Landesgrenzen hinaus verfoigen kann. Ist man über die Vielfalt beim Thema Goldhaube schon erstaunt, so verblüfft die Variationsbreite der Möglichkeiten beim Kopftuch erst recht. Wie ein schöner Fächer breiten sich die weibiichen Kunstkniffe und wandelbaren Einfälle hier aus. So ortsbezogen, aussagekräftig, so phantasie beladen zeigt sich kaum ein anderes Trachten kleidungsstück wie dieses Kopftuch, das sich vom einfachen Hadern bis zum feieriich steifen Fiügeigebiide mauserte. Den exakt beschriebenen Beispieien, wie man wo im Lande die Kopftücher band, kommt eine be sondere Bedeutung für die Bewahrung dieser Techniken zu. Es sind nicht mehr viele und meist nur sehr alte Frauen, die Kopftücher zu binden verstehen. Es war höchste Zeit, daß wenigstens der wichtigste Teil all dieser Spielarten aufge zeichnet und beschrieben wurde. Zaghaft bahnt sich die Renaissance dieser ernsthaft feierlichen, trachtlichen Kopfbedeckung an. Es wird noch kräftiger Impuise bedürfen, um unsere Frauen in viei größerer Zahl auch für diese Tracht zu begei stern. Vielieichtstecken in den Ausführungendes Buches Anregungen drinnen, die auf breiter Ba sis bei den an der Voikskuitur interessierten Gruppen auf fruchtbaren Boden falien. So sehr der Text dieses Buches interessiert und fesselt, muß man sich doch auch im seiben Maß an den prachtvoiien Bildern begeistern. Auch die Biider sind erkiärend, erheiternd und informativ. In Ihnen steckt nicht nur die trachtliche Entwick lungsgeschichte, hier ist die Oberösterreicherin Über zwei Jahrhunderte verewigt: das junge Mäd chen, die Bürgersfrau, die Bäuerin, die Witwe und die Auszüglerin. Das Lob, das in der Literatur nicht nur der Linzerin, sondern der Oberösterrei cherin gait, ist sicher heute genau so gerechtfer tigt wie im vergangenen Jahrhundert. Dieses Buch trägt mit seinen so geschickt, abertrotzdem kompromißios ausgewählten Bildern nicht nur zur Verherrlichung unserer schönen Festtrachten bei, es ist auch eine Verbeugung vor den ober österreichischen Frauen. Anneiiese Ratzenböck Franz C. Lipp: Goldhaube und Kopftuch. - Linz: OLV-Buch Verlag 1980, 196 Seiten, 42 färb- und 138 Schwarzweißbilder, 42 Zeichnungen, 1 Färb- und 3 SchwarzwelB-Blldtafeln, Leinen mit Schutzumschlag, Ladenpreis S 548.- Vom fraulichen Reiz eines keramischen Lebenswerks Ein menschiich und künstierisch faszinierendes, dabei kunsthistorisch notwendiges Buch hat Otto Wutzel dem bisherigen Lebensweg und den Wer ken der vieifältig mit Oberösterreich verbundenen Keramikerin Gudrun Baudisch-Wittke gewidmet. Das Buch, ein Biidband mit hervorragend gegiückten Farbaufnahmen der österreichischen Meisterphotographin Barbara Pfiaum, ist eine Produktion des Oberösterreichischen Landes verlages und erhielt von Herbert Frledl eine ad äquate druckgraphische Gewandung. Der genaue Titei iautet: ,,Grudrun BaudischWittke - Keramik - Von der Wiener Werkstätte zur Keramik Hailstatt". Damit ist ieitmotivisch und stichwortartig bereits der klare kunsthistorische Bezug angedeutet: Die Künstierin, Tochter eines steirischen Landarztes und in dessen PraxisGemeinde Pöls ob Judenburg 1907 geboren, ist über die ,,österreichische Bundesiehranstalt für das Baufach und Kunstgewerbe" in Graz 1926 zur,,Wiener Werkstätte" gestoßen und ein voiies Jahrzehnt iang von den stärksten und wertvoll sten Einflüssen des künstlerischen Zentrums Wien geprägt worden. Es zeichnen sich bereits im Frühwerk der unter Josef Hoffmann arbeitenden Keramikerin eine ähniiche Stiiistik und ein ver wandtes ästhetisches Vokabuiar ab, wie man dies auch im Werk des mit Gudrun Baudisch per sönlich bekannten Franz von Züiow beobachten kann. Die vor kurzem erschienene Monographie von Peter Baum über Zülow, der gleichfails im Be reich der angewandten Kunst als Mitglied der Wiener Werkstätte gearbeitet hat, gibt darüber näheren Aufschiuß und es ergänzen sich somit die beiden Bücher ais Beiträge zu einer universel len Aufarbeitung österreichischer Kunst in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Gudrin Baudisch ist ais Baukeramikerin von Cle mens Holzmelsterfrüh In Ihrer Begabung erkannt und in Ankara, Bregenz und Wien mit monumentaien öffentiichen Aufträgen betraut worden. Zi tiert seien hier nur die baukünstierischen Ausgestaitungen des von Hoizmeister geplanten Palais Kemal Atatürk 1 930 und, ab 1936, die gemeinsam mit Cari Jamöck voliendeten Berliner Großaufträ ge, größtenteils Stucklerungen und Wandgestal tungen öffentlicher Repräsentativgebäude. Auch für den Kirchenarchitekten Holzmeister hat Gudrun Baudisch adäquate Ergänzung und Be reicherung bedeutet: dies beweisen die Stuck decken in der Pfarrkirche Mariahiif in BregenzVorkloster, 1931, und in der Christus-König-Kirche in Wien XV/Neu-Fünfhaus, 1934. Nach 1945 war die Künstierin an zahireichen Wiederaufbauvorhaben in Österreich beteiligt. Das von O. Wutzei dem Buch angeschiossene 32seitige Werkverzeichnis zeigt auch ihre krea tive Anpassungsfähigkeit bei Neuerrichtungen und Ausstattungen von mancheriei Schuien, Kur häusern, Hoteis, auch für eine Reihe von öffent lichen Linzer Institutionen, etwa die Landwirt schaftskammer, das Landestheater, das Landes kulturzentrum Ursullnenhof, das Altenwohnhelm in der Muldenstraße und die Dr.-Ernst-KorefSchule. Mit Ihren ästhetisch ausgewogenen, auf einfache Ornamentik abgestimmten Innenausstattungen von Bauten Ist jedoch die Künstierin Gudrun Bau disch erst an der Peripherie ihres Wesens ange sprochen und charakterisiert. Der ganze Reiz ih rer Persöniichkeit entfaitet sich in der freien ke ramischen Piastik und Kunsttöpferei, wie sie Gu drun Baudisch, organisatorisch unterstützt von ihrem Gatten, dem ieider bereits verstorbenen Karl Heinz WIttke, in der 1946 begründeten Werkstatt,,Keramik Hallstatt" entfaltete. Zusammen mit der von ihr mitbegründeten ,,Gruppe H" arbeitete Gudrun Wittke-Baudisch auch für die Gmundner Keramik. Sie hat nach dem Tode ihres Mannes den Hailstätter Betrieb einem Nachfoiger übergeben und sich in Salz burg einen neuen Wohnsitz mit Arbeitsateiier und Verkaufsiokai geschaffen. Die Eigenart der von Grudrun Baudisch geschaf fenen Kunstkeramik konzentriert sich auf eine subtile Gegenständlichkeit von hochstlllsierten Köpfen, Torsi, Tier- und Pfianzenmotiven, die auf ihre Artsubtii in der Handhabung und Durcharbei tung des Materiais, wie unvenwechseibar im Aus druck und in der ästhetischen Handschrift sind. Eine große und erfreuiiche Überraschung bedeu tet schiießlich auch noch die Aquarelikunst dieser Frau, die bisher nur dem engsten Freundeskreis vertraut gewesen ist. Die in den Band aufgenommenen Textbeiträge

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