Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 3, 1980

Oberösterreich aktuell Bad Hall— 125 Jahre Heilbad des Landes Oberösterreich Annemarie Schmölzer Rückblicke auf die Entwicklung europä ischer Heilbäder entrollen nicht nur anre gende Sonderkapitel der Medizingeschich te; sie bieten zugleich eine Fülle wirt schaftsgeschichtlicher und kulturhistori scher Details, die oft weit über bloß lokalhi storisch Interessantes hinausgehen. Auch das Werden Bad Halls, das heuer das Gedenken seines 125jährigen Bestandes als Heilbad des Landes Oberösterreich fei ert, ist nicht nur - medizingeschichtlich be trachtet - eng mit dem historischen Ablauf der Bewertung des Heil- und Wirkstoffes Jod verbunden. In der Geschichte dieses Kurortes spiegelt sich zugleich die Entwick lung des europäischen Heilbäderwesens von einer durch Trinkkuren und regelmäßi gen Bädergebrauch geprägten Behandlung zur vielseitigen Kombinationstherapie wi der, die vor allem als vorbeugende und wie derherstellende medizinische Maßnahme eingesetzt wird. Auch bietet der Raum des freundlichen Heilbades mit einer Reihe re präsentativer Bauten ein Kapitel österrei chischer Baugeschichte der letzten 125 Jahre. Darüber hinaus war Bad Hall im Laufe seiner Entwicklung wiederholt Schauplatz kleiner Episoden der österrei chischen Kultur- und Theatergeschichte, wobei als Agierende nur vertretungsweise Franz Grillparzer, Theophil Hansen, Gustav Mahler, Josef Kainz, Hans Makart, Ludwig Anzengruber, Richard Romanovsky und Lil Dagover genannt seien. Dem Werden des Heilbades ging eine durch viele Jahrhunderte geübte Nutzung einer im Talgrund unweit der blühenden Handwer kersiedlung Hall aufbrechenden Quelle mit salzig schmeckendem Wasser voraus, dem man Heilung von ,,Kröpfen und Krätzen" nachsagte. Die bis dahin nur von der Volks medizin geschätzte Quelle erlangte im drit ten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts - zu ei ner Zeit, da der Heil- und Wirkstoff Jod im mer mehr zum medizinischen Modeartikel geworden war-neue medizinische und da mit auch wirtschaftliche Bedeutung. Ange regt durch die damals allerorts in Europa aufblühenden Solebäder versuchten der Wundarzt Mathias Steppich in Pfarrkirchen und der Haller Bürger Alois Urlaub Heilba debetriebe aufzubauen. Die beiden be scheidenen Badeanstalten kamen zu wis senschaftlichem Ruhm, als der Linzer Apo theker Josef Pelikan zu Ende des Jahres 1827 im Quellwasser erhebliche Mengen des Wirkstoffes Jod nachwies. Trotzdem wären die ersten Ansätze einer Quellnutzung vergeblich gewesen, wenn nicht um die Mitte des 19. Jahrhunderts weitblickende Persönlichkeiten - allen voran der Statthalter und Präsident des Qb-der-ennsischen Vereinigten Landeskol legiums, Eduard Freiherr von Bach - einen großzügigen Ausbau des jungen Bades mit den Mitteln des Landes Qberösterreich ein geleitet hätten. Freiherr von Bach wurde durch viele Jahre zur treibenden Kraft in der Fortentwicklung Halls und damit der erste in der langen Reihe oberösterreichischer Spit zenpersönlichkeiten, denen das Bad seinen Ausbau zu einem führenden Kurort ver dankt. Das im oberösterreichischen Alpenvorland gelegene Heilbad zählt mit einem Alter von 125 Jahren zu jener Generation europä ischer Heilbäder, die ihre Entstehung, wie die weitere Entfaltung dem seit Beginn des 19. Jahrhunderts immer stärker aufkeimen den Gesundheitsbewußtsein verdankt. Si cherlich spielte dabei auch die nach der Re volution des Jahres 1848 eingetretene ge sellschaftliche Umschichtung zu gesteiger tem Wohlstand einer immer mehr anwach senden bürgerlichen Mittelschicht eine Rol le. Im Jahr 1853 begann der Bau des Frontge bäudes des ,,Alten Badehauses", für des sen Planung das Land einen der bekannte sten Architekten seiner Zeit, den Wiener k, k. Sektionsrat Paul Sprenger, gewonnen hatte. Wenig später wurden über der Quell fassung im .Sulzbachtal ein repräsentativer Quelltempel und anschließend daran eine Trinkhalle samt Einrichtungen zum Heil wasserversand geschaffen. Gemeinsam mit zwei kleinen Parkanlagen - die eine als Re präsentationspark beim Badehaus, die an dere als Naturpark bei der Trinkhalle gestal tet - bildeten diese Bauten die Keimzellen des sich von da an rasch entwickelnden Heilbades. Landeshauptmannstellvertreter Gerhard Possart, Krankenanstaltenreferent der oö. Landesregierung, gratuliert Bad Hall zu seinem Jubiläum BSllm KlÖiSsS IffüiiülSCDM.'lPIÜS IMALlLLCi ,,Marktplatz des Badeortes Bad Hall", Litho- in Linz, um 1840. Oö. Landesmuseum, Inv. graphle von Fr. Schmidt nach einer Zeichnung Nr. OA I 106/3. von Josef SIpmayr, gedruckt bei Josef Hafner Aufnahme: Max Eiersebner 85

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2