Oberösterreich, 30. Jahrgang, Heft 3, 1980

Seite 74: Weiblicher Torso, österreichische Werkbund ausstellung 1930 in Wien, keramische Figur Rechts: Vasengruppe aus der Zeit um 1930 begann. Gudrun Baudisch schuf In diesen drei Jahren für die Wiener Werkstätte gegen achtzig Modelle, z. T. Gefäße und Geräte, doch in der Mehrzahl figürliche Keramiken, die sie als eine hervorragende Plastikerin ausweisen. Gudrun Baudisch war neunzehn Jahre alt, als sie zur Wiener Werkstätte kam, und eine der jüngsten Mitarbeiterinnen, die sich neben den älteren und schon berühm ten Kolleginnen, wie z. B. Vally Wieselthier, Hertha Bucher, Dina Kuhn und Erna Kopriva, behaupten mußte. Es galt ja nicht nur den gültigen Zeit- und Werkstättenstii - den Expressionismus - formal und farblich zu bewältigen, sondern dabei auch noch seine eigene Persönlichkeit nicht zu verleugnen und seinen eigenen Stil zu finden. So ist die erste Arbeit, die sie am 3. Dezember 1926 vollendete, eine figurale Komposition von einem Knaben, der mit erhobenen Händen ein Gefäß zur Aufnahme eines Lampenge windes trägt und links und rechts von leuch terartigen Gebilden begleitet wird. Schon diese erste Arbeit von 29 cm Höhe ist in ihrer Geschlossenheit und blau-roten Farbigkeit kraftvoller als die der anderen Mitarbeiter. Gudrun Baudisch gelingt es, sowohl bei den angewandten Keramiken wie auch bei den als autonome Kleinplastiken anzuspre chenden Arbeiten, diesen Grundzug der Geschlossenheit und Entschiedenheit in nerhalb ihrer Produktion als künstlerische, persönliche Merkmaie nicht nur beizubehal ten, sondern mehr noch, sie auch bei Plasti ken, die über die für Kieinformen normale Grenze von 50 cm hinausgehen, zu steigern und zu dynamisieren. Ohne besondere Rücksicht auf naturalistische Proportionen zeichnen sich ihre figürlichen Arbeiten, aber auch ihre ungemein einfallsreichen Formen für Gebrauchsgeräte durch eine unbeküm merte Frische und eine zupackende Vitalität aus. Als jüngste Mitarbeiterin bringt sie in die Produktion der Wiener Werkstätte eine Note, die weniger wienerisch ist, sondern vielmehr jene Züge trägt, die man schon immer den künstierischen Schöpfungen aus ihrem Geburtsland, der Steiermark, zu schreibt. Ihre letzte Arbeit vollendete sie am 16. Dezember 1929, es ist ein kniender weibiicher Akt, der alle Gharakteristika, wie sie an den vorausgegangenen Arbeiten zu finden sind, aufweist. Gudrun Baudisch hat als Mitarbeiterin der Wiener Werkstätte auch das im Jahre 1928 stattgefundene 25jährige Jubiläum miterle ben können. Zu diesem Anlaß erschien eine Publikation, die in allem, vom Einband über die Abbildungen und das Layout, unge wöhnlich gewesen ist. Drei Mitarbeiterinnen waren an der Gestaltung dieses einmaligen Werkes beteilgt: Mathilde Flögl war für die Gestaltung der Seiten mit Hüte des Netz75

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