Oberösterreich, 28. Jahrgang, Heft 2, 1978

¥wr ■ ..Reitsamer", Viechtwang, Dorf 71 (Drack) .Rohrer", Viechtwang 112 (Wolf) w mit spiegelgleichen Profilen rechts und links in das Gewände übergreifen und den Ab schluß bilden. Die so ausgesparte Uchte zeigt zwei gleich geformte, schablonenhafte Umrisse, hinter denen das Fensterglas spiegelt. Unmittel bar vor den Glasscheiben sind die ge schmiedeten Gitter in den Stein eingelas sen, nach alten Sinnbildern gestaltet: dem einfachen und doppelten Sonnenrad, den Herzen, Pfeilen und Kreuzstäben in Verbin dung mit dem stützenden Malzeichen; gele gentlich finden sich auch gestrickte Draht netze neuerer Zeit an ihrer Stelle. Vom Flur aus ist das zerbrechliche Glas durch senk recht stehende, zusammenfaltbare Holzlä den gesichert. Das Wichtigste und Charakteristischeste ist natürlich die Säule. Sie bildet die Mitte und teilt das Raumbild. Ihre Form ist etwas ge drungen, schwillt deutlich an und wieder ab. scheint sich an ihrer gewölbtesten Stelle aufzuspalten und zu zerlegen, so daß sich die Profilierung ergibt, die auch die in das Mauerwerk flüchtenden Halbsäulen zeich net. Wo der Steinmetz den Säulenschaft ohne stärkere Kerbung und rundlicher ge staltet, wirkt er wie gedrechselt. Das Muster könnte der fortlaufenden Reihe einer heite ren Gartenbalustrade entstammen, - ein echtes Glied barocker Baukunstl - Ja, die Säule Ist es, die das Fenster neben dem Hauseingang so ungewöhnlich, so vornehm macht; durch sie erhält es Anteil an der gro ßen, umstürzenden Idee des Barock, - an den Festsälen in Schlössern und Klöstern des 17. Jahrhunderts, - seiner mutmaßli chen Entstehungszelt, die allerdings z. T. wertvolle gotische Baudenkmäler geopfert hat. Mutet das ganze säulengetragene, doppelte Rundbogenfenster am Bauernhause nicht fremdartig an? Südlich? Italienisch, viel leicht? Kein Wunder, wo doch das zahlrei che welsche Baugesinde eines Carlone im Lande blieb, des berühmten Dombaumei sters von Passau, der aus der Gegend von Mailand gekommen war und seine ganze kunstbegabte Sippschaft nach sich zog, - derselbe, der das neue Baugeschehen ringsum leitete? Eines Colomba, dem schon die bildnerische Gestaltung der Tore in St. Florian geglückt war? E\nes Barbarini, der in Schlierbach und Kremsmünster mit herrli chen Stuckarbelten von sich reden machte? Zudem gab es ja im Lande Wanderkünstler aus der Lombardei, comascenische Bauleu te, die in der Steiermark bereits das große Rundbogen-Doppelfenster über den Haus türen eingeführt hatten. Einer von diesen Fremden muß es gewesen sein, der den stolzgewordenen oberösterreichischen Bauern im Traunviertel, an Krems und Aim,

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