Oberösterreich, 27. Jahrgang, Heft 4, 1977

r V,* drohung immer erst nachher. Hier war eine — sicherlich — körperliche Schwäche durch ununterbrochene Arbeit, ohne Rast, wie sie zum Erhalt der körperlichen Sub stanz notwendig ist und ohne die eine seelische nicht bestehen kann, neben der geistigen Unrast ein schier tödlicher An trieb. Im Falle der Infektion hätte es einer schnellen Hilfe bedurft. Sie fehlte. Es war alles wie vorausbestimmt: sie konnte nicht kommen. Wir verdanken der oberösterreichischen, seit Jahrzehnten in Salzburg lebenden Lyrikerin Erna Blaas Aufzeichnungen über Louis Hofbauer, die uns sein Wesen einigermaßen aufschließen. Erna Blaas hat einige Jahre, in der kurzen Zeit ihrer Ehe, in Mauerkirchen gewohnt und ist so mit dem Maler in Verbindung gekom men. Ihr hat Louis Hofbauer einmal sein Inneres mehrere Spalten breit eröffnet, und sie hat diese ,,Beichte" dankens werterweise aufgezeichnet. Der Künstler hat da gesagt: ,,Ja, mein Gott, ais ich damals Wien ver ließ, sang man eben das Trottellied: ,Wir verkaufen unsrer Omama ihr Häuschen'. Und immer wieder, wenn ich zwischen Sinnen und Arbeiten Kunde erhieit vom Treiben der Großstadt, vom Zeitgeist, vom aligemeinen Besitz des Volkes, so war es neben Parteienhader gewiß ein neuer Menschentyp oder ein Schlager, irgendeine Oberflächlichkeit, ein Schlag wort, — leicht verstanden. Als ich mit Stifter erwachte und ein schlief, ganz erfüllt von den verhaltenen Leidenschaften des ,Beschriebenen Tännlings', trug mir der scharfe Ederbauerwind die Weise ,Ausgerechnet Bananen' zu; ich erfuhr selbst hier, im Dorf, von der Wundertat einer Ederle, hörte von einer neuen Kinolarve und vom Meister boxer, Leuten, die gerade die Welt in atemloser Spannung hielten, vom immer wieder neuen Typ, vom allerletzten Schrei. Da durchschaute ich den ,Fort schritt' der Großstadt, seitdem die ,Omama' richtig abgewirtschaftet hatte. Was las ich nicht für gute und schöne Bücher! Eckermanns Gespräche mit Goethe las ich wie oft und bedächtig, dann war eine Zeit, wo ich mich von Dostojewskis ,Großinquisitor' durchfrie ren ließ, und ais mir der RembrandtDeutsche wie im klaren scharfen Morgen wind erschien und ich soviel von eigenen Gedanken ausgesprochen fand, wie blieb ich lange und gerne in seiner Gegen wart! Wenn ich aber im Sommer am nahen Wallersee wunschlos am Strande lag, war es die Seele Niels Lyhnes, die J - .. ' % durch meine Gedanken rann, wie der Sand durch meine spielenden Finger. Ich habe eigentlich nie eine besondere Richtung bevorzugt, im Leben nicht und in der Kunst erst recht nicht. Was mir nahegehen soll, muß nur in sich etwas Ganzes und Allseitiges sein. Unter Men schen hab ich das ,Urigste', das unver fälscht Echte nur unter Arbeitern, Baden den und Nachtgestalten gefunden. So gehe ich auch in der Kunst überall mit, wenn der Weg noch so abenteuerlich, die Form noch so revolutionär und bizarr scheint. — Es muß nur auf ein Ganzes deuten! Revolutionär? Auch hier geschah, was längst geschah, und Noahs Weinberg war schon da! Alt? Modern? Ein gutes Bild, eine Schöpfung überhaupt ist zeitlos, ist ein Stück Universum und rund in sich. ■■ Ml Bald so, bald so verständlich, jederzeit, auf besondere Art und eben immer mo dern. Es wird immer wieder entdeckt — anders entdeckt. Ja, damals in Straßwaichen hab' ich in einer Knechtskammer gemalt, drei Meter im Geviert, wo ich als Staffelei das offene Bratrohrtüri verwenden mußte, um mög lichst weit zurücktreten und die Diago nale des Raumes benützen zu können. Mein Selbstporträt verschaffte mir erst einmal Zug für Zug die Kenntnis des eigenen Gesichtes. Das war notwendig. Dann waren es Einfälle, wie ,Christus vor Pilatus', ,die Magdalena' oder ,die Berg predigt', die mich vor allem beschäftig ten. Ja, sie haben damals Aufsehen ge macht, und man hat sie als ein Verspre chen genommen. Ich werde dieses Ver sprechen noch halten. Sie verstehen mich

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