Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 2, 1976

Name Starhemberg hatte bei Hofe des halb keinen guten Klang. Die jungen Herren scheinen bei Hofe jedoch bald Zugang gefunden zu haben und man findet sie trotz des konfessionellen Ge gensatzes häufig In der Umgebung des Kaisers. Eine Tätigkeit für die obderennslschen Stände hat Erasmus mehrmals ausgeübt und während des großen Bauernkrieges von 1626 fand er Im Rah men der ständischen Vermittlungspolltik als Gesandter Verwendung^". Als das Jahr der Entscheidung für den protestantischen Adel kam, wurden ver schiedene Möglichkelten von den Brü dern Starhemberg erwogen, den Besitz In der Familie zu halten, ohne die Reli gion wechseln zu müssen. Allerdings be urteilte Erasmus die Lage damals durch aus realistisch, wenn er meinte, er fürchte, der Kaiser werde Praktiken, die auf einen Scheinverkauf der Güter oder Ähnliches hinausliefen, nicht dulden^L Erst mehr als ein Jahr später war seine endgültige Entscheidung gefallen: Er war bereit zu emigrieren, jedoch ging er nicht, wie viele seinerStandesgenossen, In eine deutsche Reichsstadt, sondern er be schloß sein Leben In Wien zuzubrin gen'^. In den nächsten Jahren war Erasmus vielfältigen Belastungen ausgesetzt und hatte schwere Schicksalsschläge hinzu nehmen. Schon 1630 starb seine Frau Judith Sabina, geborene Freiin von Jör ger, mit der er seit 1624 verheiratet war, an den Folgen einer Geburt. Ein Sohn und zwei Töchter waren Ihr im Tode vorausgegangen. Zwei weitere Söhne starben ebenfalls kurz hintereinander 1647 und 1648 Im blühendsten Alter'", sodaß er ab dieser Zelt ganz allein stand. Hinzu kam noch, daß seine zwei Brüder Heinrich Wilhelm und Kaspar 1630 und 1633 zum katholischen Glauben konver tierten und besonders Heinrich Wilhelm einen — Konvertiten oftmals eigenen — außergewöhnlich starken Bekehrungsel fer entwickelte. Das führte wiederholt zu Spannungen Innerhalb der Familie und es spricht für den Charakter des Eras mus, wenn er In solchen Fällen beruhi gend und schlichtend einzuwirken ver suchte. Toleranz und Patriotismus Im Laufe der Zelt hatte sich Erasmus zu einer echt toleranten Gesinnung durchgerungen, wie sie In dieser Zelt nicht eben häufig anzutreffen war. Er war mit verschiedenen Persönlichkelten des katholischen Lagers gut bekannt und teilweise sogar befreundet, „soviel der weit brauch leidet," wie er sich einmal ausgedrückt hat. Auch mit seinen katho lisch gewordenen Brüdern Ist er stets gut ausgekommen, deren Bekehrungs versuche scheiterten jedoch völlig an sei ner Person. Heinrich Wilhelm hatte so gar einmal einen Jesuiten beauftragt, ein Gutachten über den Glauben seines Bru ders zu erstellen, was dieser auch tat und worin die starke Gesinnung des Starhembergers deutlich zu erkennen Ist'". Es war also keineswegs religiöser In differentismus, der Erasmus zu seiner Haltung geführt hatte. Es muß aber auch darauf hingewiesen werden, daß alle An hänger der Toleranz In jener Zelt mehr oder weniger außerhalb der Gesellschaft lebten, zumindest trugen sie nicht die Verantwortung der Obrigkeiten. Deren Hauptargumente bestanden ja darin, eine bekenntnismäßige üniformität garantlere Frieden und Ordnung, während Abwei chungen auf diesem Gebiet leicht zu Un ruhen und Aufstand führten'". In den meisten Fällen war die Toleranzgesin nung also unfreiwillig und Ihre Vertreter sind erst an Ihrem Zufluchtsort zu Ver fechtern religiöser Duldung geworden. Die milde Behandlung von Andersgläubi gen hatte auch eine Wurzel Im Humanis mus und seinen verschiedenen Spielar ten; und doch unterscheidet sich diese Strömung von den Toleranzmotiven der Aufklärung, wo der humanitäre Gedanke dann säkularisiert auftritt. Der adelige Protestantismus, der In Nie derösterreich auf Grund einer kaiserli chen Zusage geduldet wurde, hatte des senungeachtet einen ständigen Existenz kampf und einen Kleinkrieg gegen die Behörden zu führen. Erasmus von Star hemberg scheint 1652 In einem Verzeich nis des niederösterreichischen Herren standes auf". Er lebte fast ständig In Wien, von wo er sich nur gelegentlich entfernte, etwa wenn er sich zur Kur In einen Badeort begab. Es erscheint auf den ersten Blick merkwürdig, daß er sich gerade nach Wien, also gewisser maßen Ins Zentrum der Gegenreforma tion, begeben hatte. Aber schon 1631 hatte er über seinen Bruder Kaspar ge schrieben (dieser war damals noch Pro testant), er solle bei einer Anwesenheit In der Kalserresidenz alle gefährlichen und unnötigen Disputationen unterlas sen. Wer darauf achte, der könne In Wien ganz gut, ja besser als anderswo leben'^. Erasmus der Jüngere von Starhemberg (1595—1664), Kupferstich von Elias Widemann, Porträtsammlung der österreichischen Nationalbibliothek Wien (Inv.-Nr. 503.713 B). Foto: Bildarchiv d. öst. Nationaibibiiothek Rechts: Eigenhändiges Schreiben des Erasmus des Jüngeren von Starhemberg vom 28. März 1641, OÖ. Landesarchiv. Foto: OÖ. Landesarchiv

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