Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 1, 1976

Bücherecke Harry Slapnicka: Oberösterreich — Zwischen Bürgerkrieg und Anschiuß (1927—1938). — Linz: Oberösterreichischer Landesverlag 1975, 352 Seiten Text, 32 Abb., Ganzleinen, Laden preis S 296.—. Dieses Werk wird als Band 2 der vom Oberösterreichischen Landesarchiv herausgegebe nen Reihe „Beiträge zur Zeitgeschichte Ober österreichs" gezähit. Band 1 der gleichen Serie vom gleichen Autor erschien 1974 und behandelt die Zeit von 1918—1927. Innerhaib eines Jahres war diese Veröffentlichung ver griffen und wurde nunmehr mit einem neuen Titel — „Oberösterreich von der Monarchie zur Republik - 1918-1927" - neu aufgelegt. Die Zeitgeschichte muß immer noch um Ruf und Position ringen. Der Fachhistoriker be trachtet sie mit Skepsis, da er mangelnde Quellenlage und Subjektivität des Selbst erlebnisses befürchtet. Die Politik sah in ihr bis vor kurzem noch eine Möglichkeit, den politischen Tageskampf mit veränderten Waf fen fortzusetzen, Geschichte zum Deckmantel für Polemik zu gebrauchen. Oberösterreich besitzt mit seiner Abteilung für Zeitgeschichte im Rahmen des traditions reichen 00. Landesarchivs nicht nur eine der modernsten Einrichtungen dieser Art — eine systematische Sammelstelle der Quellen und eine objektive Forschungsstätte —, son dern mit Harry Slapnicka wohl auch den augenblicklich führenden Experten auf dem Gebiete der Gegenwartshistorie auf Länder ebene. Der Autor kommt von der Publizistik. Hier ist auch die primäre Wurzel seines Inter esses zu suchen. Er schreibt jedoch mit dem Handwerkszeug und im Geiste der Fachhistorik. Durch das im Lande herrschende Verständnis hat er Zutritt zu Archivmaterial, das im allgemeinen noch gesperrt ist. Über dies entwickelte er nicht nur im Sammeln, sondern auch in der Auswertung eine ganz eigene Methodik zur zeitgeschichtlichen Quel lenkunde. Besonders wichtig ist jedoch seine persönliche Objektivität. Für ihn ist Zeit geschichte nicht ein Tummelplatz von Leiden schaften, sondern ein Weg der Selbsterkennt nis einer geprüften Gegenwart, die ihre gei stige und politische Umwelt wieder in Ord nung bringen möchte. Aus einer Überfülle von Material und Eindrücken ordnet er ein übersichtliches Geschichtsbild, in dem es nicht Schuldige oder Unschuldige, sondern eben nur Zeitgenossen gibt, die Geschichte erleben mußten und in ihrem Rahmen auch selbst Geschichte gemacht haben. Seine Darstellung ist leidenschaftslos, frei von Vorurteilen, aber in höchstem Grade anteilnehmend, somit spannend lesbar. Er bemüht sich stets gewis senhaft um die Aufdeckung der Hintergründe zu den Erlebnissen, die uns vielfach heute noch bedrücken. Die zeitlichen Eckpfeiler des Bandes, der hier zur Besprechung vorliegt, sind das Jahr 1927 — das Todesjahr Johann Nepomuk Hausers, der Oberösterreich nach dem ersten Weltkrieg in seine neue Existenz einführen mußte —,und das Jahr 1938, in dem Adolf Hitler am 13. März in Linz den Beschluß über die ,,Wiederver einigung Österreichs mit dem Deutschen Reich" faßte. Dazwischen liegen Jahre der Arbeitslosigkeit, Kämpfe der zivilen Wehr verbände, das Jahr 1934 mit seinen beiden tragischen Revolten, aber auch Jahre eines ernsthaften Bemühens um die Existenz des Landes. Bedeutende Persönlichkeiten treten in Erscheinung, vor allem die großartige Ge stalt von Landeshauptmann Dr. Schlegel, und die erste „Ära Gleißner". Über allem ge schichtlichen Geschehen steht der Unstern dieser Jahre, nach einem verlorenen Krieg und einer verlorenen Gesellschaftsordnung eine neue Weit bauen zu müssen. Es waren Jahre der Irrungen und der Not nicht nur in Österreich! Neben vielen anderen Vorzügen dürfte der Wert dieses Buches besonders darin zu su chen sein, daß es ein ,,Sachbuch" sein will, wie der Autor selbst angibt. Dementsprechend ist auch seine Ausstattung mit dokumentari schem Bildmaterial, reichem Anmerkungs apparat, umfangreicher Zeittafel und gut ge arbeiteten Registern über Personen, Sachen und Orte. Mit Interesse und Spannung ist nunmehr Band 3 dieser Serie zu erwarten, der für heuer unter dem Titel „Oberösterreich — Die politische Führungsschicht in der Zwischen kriegszeit" angekündigt wird. Gustav Ganglmair: Innviertier Mundartdichter nach Franz Stelzhamer. - Linz: Oberösterrei chischer Landesverlag 1975, 212 Seiten, Ganz leinen, Ladenpreis S 148.—. Seiner verlegerischen Zielsetzung, u. a. auch der heimischen Mundart zu dienen, ist der Oö. Landesveriag selten in so gelungener Weise nachgekommen wie mit einer Antholo gie ,,Innviertier Mundartdichter nach Franz Stelzhamer". Die Mühe und Gewissenhaftig keit des Herausgebers ist besonders zu er wähnen. Er hat Pionierarbeit geleistet. Das Material mußte vielfach aus längst vergriffenen Publikationen und schwer zugänglichen Nach lässen gesichert werden. Es wurde ein fach lich richtiges Auswahiprinzip nach der echten Qualität der Dichtungen eingehalten. Neben Bekanntem wurde viel Neues ans Tageslicht gebracht. Das innviertel ist nun neben dem Lebenswerk von Franz Stelzhamer als ein unerschöpflicher Quell der Mundartdichtung in den deutschen Literaturraum eingeordnet. Hans Schatzdorfer gab dem Buch mit seiner Widmung die Orientierung, indem er dem „Franz" für den Samen dankt, den er ins Land ausgestreut hat: ,,Gelt's Gott! daß man hab'm". Vorangestellt ist der Auswahl eine kurze Einführung in die ,,Besonderheiten der innviertier Mundart" und in „Die Mundart dichtung im Innviertel", beide Abschnitte ger manistisch interessant. Insgesamt kommen 51 Dichter zu Wort. Die Reihung erfolgt chrono logisch, so daß der Leser einen Zeitraum von rund 150 Jahren durchstreifen kann. Jedem Dichter ist eine Kurzbiographie gewidmet, sein literarisches Schaffen spricht in charakteristi schen Proben zu uns. ihre Lektüre ist ein Jungbrunnen. Die Gesamtheit zeigt, wie stark die Mundart in unserer Wesensart verwurzelt ist — ein buntes Bild der Heimat, wie es kein Maler besser schaffen könnte. Woifgang Pöttinger: Lyrik und Schmiedeeisen. — Linz: Oberösterreichischer Landesverlag 1975, 96 Seiten, 40 Abb., Ganzleinen, Laden preis S 150.—. Die Werkstatt Pöttinger in Grieskirchen zählt zu den modernen Zentren der Schmiedeeisen kunst in Österreich. Den Grundstein für die sen guten Ruf legte bereits Ferdinand Pöttin ger, der Vater des heutigen Werkstättenleiters. Wolfgang Pöttinger nennt sich selbst einen Kunsthandwerker. Es ist ihm jedoch zu bestä tigen, daß er über das rein Handwerkliche zum Teil in das rein Künstlerische vorstoßen konnte. Dies gilt bereits für seine bekannten Monstranzen- und Stelzhamerkreuze und stei gert sich zu ausschließlicher Eisenpiastik. Im Gegensatz zu Metallplastikern, die heute so gerne von einem Kunstwollen ausgehen, das nur theoretischer Art ist, bleibt Wolfgang Pöttinger aber immer den Gesetzen seines Materials verhaftet, somit ist er also wirklich in erster Linie ,,Kunsthandwerker". Daß er viel Phantasie besitzt, erweisen alle seine Arbeiten, die ja stets nach eigenen Entwürfen erfolgen. Daß er ein Mensch ist, der über das Leben und seine Umweit viel nachdenkt, er weist er nun in einem schmalen Bändchen, das vor kurzem erschienen ist und wohl ein Kuriosum darstellt. Ein Kunstschmied, der mit sprödem Material umgehen muß, dem schon in der alten Sagenwelt das Grobschlächtige angedichtet wird, stellt sich als feiner Beob achter und gewandter Schriftsteller vor. Als Motiv seines Schreibens gibt er selbst an, daß eben nicht alles, was ihn bewegt, in Eisen ausdrückbar ist. Als Form der ergänzen den Mitteilung benützt er das Gedicht - Hochdeutsch und Mundart. Er denkt in diesen Gedichten laut über das Leben nach, be schreibt Dinge, die ihm begegnet sind, er gibt aber auch in fachlicher Form (Prosa) Aus kunft über sein kunsthandwerkliches Schaffen. Dem ,,Eisenland" Oberösterreich hat er damit einen ganz besonderen Akzent gegeben. Per sönlich legt er ein Bekenntnis zum Schönen und idealen ab. Ellrlede Priilinger: Eine Handvoll Gras. Ge dichte. — Linz: Oberösterreichischer Landes verlag 1975, 82 Selten, Ganzleinen, Laden preis S 88.—. 1967 erhielt Elfriede Priilinger den Förderungs preis des Landes Oberösterreich für Literatur. In der Literaturbeilage zu Heft 4/1975 unserer Zeitschrift gestaltete sie zwei Gedichtseiten. Und knapp vor Jahresende 1975 erschien nun ein neuer Gedichtband von ihr. Er gibt sich schmal. Der erste Titel lautet auch gleich sehr bescheiden: „Man weiß nicht, wie man be ginnen soll". Bescheidenheit und stille Zu rückgezogenheit sind wesentliche Gharakterzüge der Autorin. Sie ist uns ja nicht nur als Lyrikerin, sondern ebenso als versierte Hei-

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