Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 1, 1976

Haupttätigkeit verband Grüli stets ein in neres Eriebnis, eine wahre Leidenschaft, die es ihm ietztiich auch ermöglichte, ein ausgesprochen umfangreiches Queilenmaterial aufzubereiten, das den gegen wärtigen und nachfolgenden Historiker generationen eine wahre Fundgrube sein wird. Grüli verband mit dieser seiner Aufgabe noch einen anderen, sehr we sentlichen Gesichtspunkt. Hilfsbereit schaft in jeder Hinsicht gehörte zeit sei nes Lebens zu seinen bewunderungswür digen Eigenschaften: nun konnte er aus einem ungeheuer reichen Schatz schöp fen und denselben gerade den jungen Historikern und Heimatforschern, die sich erst ihre Sporen verdienen mußten, zur Verfügung stellen. Grüli war immer mit teilsam und gab ohne jegliche Zurück haltung sein umfassendes Wissen und seine überaus große Quellenkenntnis in reichem Maße weiter. Es muß hier aber auch seinen Direktoren, unter denen er diente, hohes Lob deshalb gezollt wer den, daß sie dieses Phänomen neidlos und eifersuchtsios walten ließen. Sie konnten dies um so mehr, denn Grüli hatte nie etwas anderes im Sinne, als in seiner einfachen und geradlinigen Art zu helfen, wo es ihm möglich war, ohne da bei auch nur im geringsten überheblich zu werden. Unzähligen Menschen, den zahlreichen Historikern, Heimatforschern, Volkskundlern und besonders den jun gen Dissertanten war er ein immer freundlicher Helfer, der freizügig seine umfassenden Kenntnisse gerne zur Ver fügung stellte. Zu Grülls Hilfsbereitschaft gehörte im tie feren Sinne auch dessen Winterarbeit im Archiv. Zahlreiche Fachkataloge sollten nach Sachgebieten das überaus umfang reiche Quelienmaterial aufschließen und einer leichteren übersichtlicheren Benüt zung zuführen. Wer aber wollte heute all die Dankesbezeugungen zählen, die Grüli im Verlaufe seines Forscherdaseins zuteil geworden sind. Kaum ein heimatkund liches oder historisches Buch, kaum eine Abhandlung oder ein Aufsatz ist etwa in den letzten 30 Jahren erschienen, wo nicht der Name Grüli als Hilfeieister, Mentor usw. aufscheint. Dies bezeugt mit aller Eindeutigkeit, daß er sein durch lange Jahre erarbeitetes Wissen und vor allem durch seine umfassende Quelienkenntnis ein Wirken an den Tag legen konnte, das seinesgleichen sucht. Beson ders das Ordnen zahlreicher Archiv bestände, das er mit jenem des Stadt archivs Wels in seinem Todesjahr ab schloß, brachte es nicht allein mit sich. daß Grüil reichstes Material für seine immer umfangreicher werdenden eigenen Arbeiten überblicken konnte, sondern daß er auch gerne von vielen bekannten Historikern des In- und Auslandes bean sprucht wurde. Trotz all seiner ständig wachsenden Erfolge, die er sich als Auto didakt errungen hatte, blieb er immer der bescheidene und mitteilsame Mensch; eine längere Diskussion über alle mög lichen Themen in seinem behaglichen Heim mit einer reichhaltigen Bibliothek bedeutete für jedermann ein Erlebnis, das erheblichen Gewinn einbrachte. Georg Grüli ist immer ein geradliniger Mensch geblieben. Nie wurde er selbst bewußt oder überheblich, obwohl er so vielfältige Anerkennung fand und ihm Ehrungen zuteil geworden sind, wie kaum einem Heimatforscher zuvor: 1959 Eintragung in das Ehrenbuch der Uni versität Innsbruck, 1962 Verleihung des Professortitels durch den Bundespräsi denten, 1965 Überreichung des Ehren ringes der Stadt Linz, 1970 Verleihung des Johannes-Kepier-Preises durch die oberösterreichische Landesregierung und 1975 Überreichung der Kulturmedailie durch die Stadt Wels. Gerad linigkeit zeichnen auch alle seine Arbei ten aus. Für ihn galt stets die Quelle als Fundament einer gediegenen und all gemeinverständlichen Darstellung. Zu Hypothesen griff er daher kaum einmal, sondern ging denselben lieber aus dem Wege, obwohl er sie keineswegs ab lehnte. Das bewog ihn auch, ohne ein Werturteil abzugeben, mehr zu J. Strnadt hinzuneigen als zu dessen Kontrahenten V. Handei-Mazzetti, der die besitzgeschichtlich-geneaiogIschen Zusammen hänge oft viel besser sah. Für Grüli waren die Hypothesen ein zu unsicherer Pfad und er konnte es sich leisten, ohne sie auszukommen, denn nicht selten ge lang es ihm durch seinen Spürsinn, ver bunden mit seiner umfassenden Quellen kenntnis, jene ünterlagen ans Tageslicht zu fördern, die manch wohlerrichtetes Lehrgebäude zum Einsturz brachten. Es darf hier an die jahrzehntelange Diskus sion über den Niedergang des Wein baues während der Barockzeit in Qberösterreich hingewiesen werden, wofür als Ursachen wiederholt Klimaschwankun gen ins Treffen geführt wurden. Grüli konnte auf dem ersten österreichischen Historikertag nach dem Kriege in Linz mit einer einzigen Handschrift die Gelehrten und deren hypothetische Kombinationen wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückführen. Ähnlich löschte er durch sein letztes Buch ,,Bauernhaus und Meierhof" (1975) eine lange bestehende landläufige Ansicht über das Entstehen der alten Bauernhöfe endgültig aus. In seiner zweiten Schaffensperiode wandte sich Grüli den verschiedenartig sten Themen zu, begreiflich, denn durch die Ordnungsarbeiten war er dazu eigentlich prädestiniert. Aus all den be reits genannten Archivbeständen, denen er beruflich seine Aufmerksamkeit zu schenken hatte, holte er unermüdlich die Stoffe heraus, die er in zahlreichen Ab handlungen und Aufsätzen veröffentlichte. Erwähnt seien hier ,,Weinberg. Die Entwickiungsgeschichte einer Mühlviertler Wirtschaftsherrschaft" (1955) aus dem von ihm geordneten Herrschaftsarchiv Weinberg oder ,,Die Strumpffabrik Poneggen 1763-1818"(1959) aus dem Archiv Schwertberg. Grüli wagte sich schließlich an immer ausgedehntere Arbeiten heran, die er — ein seltener Glücksfall — nahezu alle abschließen und in Druck erscheinen lassen konnte. Darunter befinden sich Themen, deren Behandlung als beispiel gebend für den deutschen Sprachraum anzusehen sind, so ,,Die Robot in Qberösterreich" (1952) oder ,,Die Freihäuser in Linz" (1955). Seine besondere Vorliebe blieb aber eigentlich immer die Herr schaftsgeschichte und damit in Zusam menhang die bäuerliche Wirtschafts geschichte, der er sogleich nach seinem Eintritt in das Qberösterreichische Lan desarchiv seine besondere Aufmerksam keit schenkte und die schließlich in zahl reichen Abhandlungen und verschiede nen Büchern ihren fruchtbaren Nieder schlag fand. Zu bedauern ist jedoch, daß der erste große Wurf, dem Grüli lange Jahre einen erheblichen Teil seines Bie nenfleißes opferte, nur ein Torso geblie ben ist, die Geschichte der Herrschaften Schwertberg, Windegg und Hart, wovon der besitzgeschichtiiche Teil seit 1952 druckreif vorliegt. Nicht unerwähnt blei ben möge, daß eines seiner Liebiingskinder, das seiner engeren Heimat zu gedacht war, eine Marktgeschichte über Münzbach von 1949, wegen Geldmangel zu seinen Lebzeiten nicht in Druck er scheinen konnte und für ihn eigentlich einen steten Wermutstropfen bedeutete, den er nie ganz zu verwinden vermochte. Im Vereine mit den bereits genannten Werken über die Robot und das Bauern haus hat Grüli mit zwei weiteren Mono graphien, ,,Bauer, Herr und Landesfürst" (1963) und ,,Der Bauer im Lande ob der Enns am Ausgang des 16. Jahrhunderts" (1969) ein Werk geschaffen, dessen Be-

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