Oberösterreich, 26. Jahrgang, Heft 1, 1976

monumentalen Ausformung im deutschen Sprachraum entstanden, zumindest aber sogleich auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Genetisch gesehen wird für die Ent stehung ein Zusammenhang mit den Triptychen und mit größerem Recht auch mit den schon früh verbreiteten Reiiquienschreinen behauptet'", in der Reihe" der österreichischen Altäre folgen dem aus den Tafeln des Nikolaus von Verdun 1331 zusammen gefügten Klosterneuburger Flügeiretabel der 1335 von Pfarrer Heinrich gestiftete Fronieichnamsaitar des Wiener Ste phansdoms. 1370 entstand der von Erz herzog Rudolf für Schloß Tirol gestiftete Altar mit bemalten Flügeln. Dieses Retabei erfüllte eine Doppeifunktion auch als Reliquienschrein, was — wie bereits oben erwähnt — im aligemeinen Zusammen hang mit der Genesis des Typus steht. Der Altar von Schloß Tirol ist für die weitere Entwicklung des österreichischen Fiügeiaitares insofern von grundlegender Bedeutung, da in ihm bereits die verti kale Dreigliederung des Schreines mit entsprechender gesprengeartiger Über höhung vorgezeichnet ist. Nach dem nur durch Nachzeichnung bekannten 1376 entstandenen Altar für das Stift Stams beeinflußt der ins 1. Drittel des 15. Jahr hunderts datierende Flügeiaitar der Bozener Pfarrkirche, geschaffen von Hans von Judenburg, die künftige Ent wicklung ganz außerordentlich. Die Kenntnis dieses Altares ist für das Verständnis vor allem der Entwicklung Michael Pachers und damit auch des Woifganger Werkes unerläßlich. Noch 1471 wurde beim Vertrag Michael Pachers für den Grieser Altar" auf die Hallstatt, Pfarrkirche, spätgotischer Flügelaltar, Schreingruppe mit Muttergottes in der Mitte, flankiert von der hl. Katharina und der hl. Barbara Vorbiidlichkeit dieses Werkes nachträg lich hingewiesen. Der Altar des Hans von Judenburg bringt die Tendenz der Zu nahme des bildnerischen Elementes vor läufig zum Abschluß. So zeigt der geöff nete Schrein sowohl im Mitteistück als auch an den Flügeln Hoizbiidwerke, wo bei die Mitte als ausstrahlendes Aktions zentrum aufgefaßt wird: An Stelle stati scher Beharrung tritt die szenische Dar stellung, bis hin zu Pachers Wolfganger Altar eine alpenländische Besonderheit. Bei den konservativeren bzw. in anderen Entwickiungsiinien stehenden Altären bleibt die Mitte der Repräsentation vor behalten, während die Flügel szenisch bestimmt sind. Kefermarkt, Haiistatt, Waidburg und die übrigen oberösterrei chischen Altäre stehen in dieser anderen Tradition. im Osten ist es der von Kaiser Friedrich Iii. im Jahre 1447 gestiftete Flügeiaitar von Wiener Neustadt (heute Wiener Stephansdom), der einen Mark stein setzte, obgleich die zweizonige Ge staltung des Schreines doch eine Aus nahme bleibt. In diesem Altarwerk wird eine Synthese von 3-Figuren- und Sze nenschrein versucht. Ansonsten herrscht hier der Typus des 3-Figuren-Schreines mit bemalten Flügeln bis in die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts vor. Aus dem Westen kommt eine dem Süden ent gegengesetzte Tendenz, das Überwiegen des malerischen Anteils. Der Künstler, der mit dieser Tradition verknüpft ist, Konrad Laib, stammt aus Nördlingen und ließ sich um 1440 in Salzburg nieder. Die Mitarbeit eines Bildhauers an den von ihm geschaffenen Altären ist nicht be kannt. Eine noch weitere Verbindung zum Westen stellte der in den Niederlanden und Burgund geschulte Maler und Bild hauer Hans Multscher her, der durch seine Tätigkeit in Südtirol wesentliche, das Kunstschaffen der Zeit befruchtende Bezüge schuf. Der 1458 entstandene rie sige Sterzinger Altar Muitschers bildet eine Synthese zwischen westlicher, male risch und südlicher, plastisch orientierter Gestaltung. Obwohl das ursprüngliche Aussehen des Aitarwerks nicht eindeutig feststeht, ist durch den größtenteils er haltenen Bestand der gemalten und figuraien Teile das Grundkonzept gesichert: Fünfteilung des Schreins durch Stand figuren und nischenartige Erweiterung zur Raumbühne: über den Figuren Engel mit Kronen und Vorhängen, ein oft wie derholtes Motiv; Schreinwächter in Dar stellung der hl. Ritter Georg und Florian; beiderseits bemalte Flügel. Zu diesem westlichen Stamm zählt auch noch Hans Schüchiing aus Ulm und Friedrich Heriin aus Nördlingen. Nach Multschers Tod betritt der Nieder länder Nikolaus Gerhaert die Szene. Von diesem Bildschnitzer, von dem leider kein Flügeiaitar erhalten blieb — das 1465/66 entstandene Retabei des Kon stanzer Münsters ging leider verloren — gingen vor allem Anregungen in bildkünstierischer Hinsicht aus. Auf dem Weg

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