Oberösterreich, 25. Jahrgang, Heft 2, 1975

Oberrauhenödt, Filialkirche St. Michael, Gotischer Flügelaltar, Schreinfiguren hl. Michael, hl. Nikolaus und hl. Stephanus, während und nach der Restaurierung, Ausschnitt der Schreinfigur hl. Michael nach der Restaurierung. Die Restaurierung von Kirche und Altar erfolgte 1956—1960 i'y. L'y Imm 't • ? r- # . .. • "••5' *,y -s'' ■ ' 'i |Sf erten Zustand nicht auf den Reiz der Alterserscheinung verzichtet; die zweite Möglichkeit besteht in einer kiaren Er neuerung, welche die Entwicklung einer neuerlichen Patina der Zeit und den na türlichen Umständen überiäßt. Sicher ha ben beide Überlegungen ihre Berechti gung und es wird stets schwer zu ent scheiden sein, wo die Grenze zwischen musealer und realer Restaurierung zu ziehen ist. Niemals aber wird die Sach lichkeit in Frage gesteht werden dürfen. Das betrifft im besonderen alle Arbeits gänge, die mit dem Fassen und Vergoiden zusammenhängen. Man kann eine gute Fassungsergänzung nur mit den Farben machen, die dem Original entsprechen. Daher ist eine gründiiche Kenntnis der alten Materialien genau so wichtig, wie deren Beschaffung und Vorratshaltung. Vielfach reichen sie noch in die Anfänge menschlicher Kunst äußerung zurück und sind Erdfarben und Oxyde. Diese Farben können in ihrer Qualität und Leuchtkraft nicht ersetzt werden. Für verschiedene Fälle braucht man ganz einfach die Tönungen des El fenbein- oder des Rebschwarz, man kommt auch nicht ohne die verschiede nen Grünerden — die Veroneser und die böhmische — aus. Man muß alle Ocker tönungen von gelb bis rot zur Verfügung haben — und ohne Smalte-Blau wird jede Restaurierung eines gotischen Gegen standes problematisch. Leider sind diese Farben weitgehend aus dem Normalge brauch unserer Zeit verschwunden und stehen zum Teil nur mehr in Restbestän den und oft überhaupt nicht mehr zur Verfügung. Ähnliches gilt für den weißen Scheiiack, ein wichtiges Überzugsmittel für heikle Gesichtsfassungen. Noch vor wenigen Jahren gab es ihn in Zöpfen zu kaufen, die dann im Hause ohne Schwierigkeit weiterverwendet werden konnten: nun ist er völlig aus dem Sorti ment des Farbhandels verschwunden, denn hier erhalten sich in zunehmendem Maße nur mehr jene Artikel, die von vie len in gleicher Art veriangt und gekauft werden. Der andere so wesentliche Punkt für die gute Fassung eines Kunstwerkes ist die Vergoldung. Bis ins neunzehnte Jahrhun dert war sie ais Poiimentvergoldung üb lich. Es war und ist dies stets eine heikle und teure Arbeit, denn die Verarbeitung mit Biattgoid (Stärke: 1/6000 mm) braucht einundzwanzig Arbeitsgänge. Material und Arbeitsaufwand sind daher spürbare Kostenpunkte. Dennoch: will man ein gotisches oder barockes Kunst werk nicht kurzerhand völlig entwerten, dann kann man nicht darauf verzichten, diese Arbeit von einem guten Vergolder durchführen zu lassen — vorausgesetzt, daß dieser bemüht ist, die Linien des originalen Schnitzers mit feinem Gefühi wieder zur Wirkung zu bringen. Denn es müssen Bildhauer, Faßmaler und Vergolder einander ergänzen, um miteinander die Vorsteilungen aufzuspü ren, die ein Künstler vor vielleicht vier hundert Jahren in seiner Arbeit zu ver wirklichen trachtete - und sie müssen unter allen ümständen den eigenen Ehr geiz und den eigenen Gestaltungswillen zugunsten des fremden Werkes zurück stellen. Nur so können sie miteinander vollbringen, was in diesem speziellen Fall ihre große Aufgabe ist: die Erneue rung, die Wiederbelebung bedeutender Vergangenheitswerte, in dieser Art ergeben sich die Aufgaben die der Werkstätte Rauch vielfach gestellt werden — in dieser Weise empfindet diese Werkstätte auch ihre Verantwor tung. Als Arthur Rauch, geboren in Kastelruth und Bildhauer mit Leib und Seele, im Jahr 1927 den Hausstand mit seiner Frau Klothilde gründete und gleich dazu für beide die Werkstätte, gab es vorerst hauptsächlich neue sakrale Arbeiten. Ähnlich wie früher in der Halleiner Werk stätte Adelhart, wo Arthur Rauch unter anderem an dem großen Kurzifix für St. Peter in Salzburg gearbeitet hatte, gestaiteten sich auch die Aufträge in der neuen Werkstatt: ein Friedhofskreuz für Pinsdorf, ein Wegkreuz für Schloß Ort, eine Antonius-Statue — die bescheidenen Aufgaben waren den bescheidenen An sprüchen adäquat. Die Übersiedlung nach Altmünster in ein eigenes kleines Haus war der große Sprung im Jahre 1932. Hier konnten die bereits umfangreichen Arbeiten für die Weitersfeldner Kircheneinrichtung — Al täre und Kanzel — bereits ohne Schwie rigkeiten bewältigt werden. Aber schon das Jahr 1938 brachte einen schmerz lichen Einschnitt: der frühe Tod des Gat ten stellte Klothilde Rauch ganz plötzlich an die Spitze des kleinen ünternehmens. Als gut ausgebildete und passionierte Bildhauerin entschloß sie sich, die Werk stätte im ursprünglichen Sinne weiter zu führen. Bald darauf brachte der Krieg verschiedene Schwierigkeiten, auch in der Werkstattführung, jedoch gelang es, die Zeit einigermaßen zu überstehen. Ein

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