Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Jedes Jahr, am Faschingsdienstag, kommen die ländlichen Gesellschaften des Traunviertels — heuer waren es genau ein Dut zend — zum Rudentanz in Sierning zusam men. Scharen von neugierigen Besuchern stellen sich ebenfalls ein, um diesem ge sungenen Rügegericht oder musikalischem Haberfeldtreiben vergnüglich zu lauschen. Mit schonungsloser Narrenfreiheit stellen nämlich dabei die Landlalieder Schwächen der Mitbürger, Schildbürgerstreiche der Verwaltung, Sünden der Wirtschaft und Mängel der Politik an den Pranger. Gewiß, das Wort ist oft derb, der Spaß grob, aber ebenso der Witz treffend und der Humor versöhnend. Das erste Gesätz eines solchen Landlaliedes faßt das Wesen dieses in ganz Österreich heute einzig dastehenden Rudentanzes zu Sierning in den schlichten Zeilen zusammen; Allweil lusti fidel, auf der Platten schön hell, A Weng spöttli, na ja, san mir Traunviertler da. Und begibt sih a Gschiebt, wird a Liadl zsammdicht, Weil's am Rudentanz gwiß schön zan Anbringa is. Darstellung des Landlertanzes nach Alois Grell in dem Kronprinzenwerk „Die ÖsterreichischUngarische Monarchie in Wort und Bild" Die Quellen des oberösterreichischen Jod bades Hall — 35 km südlich der Landes hauptstadt Linz gelegen — genießen den medizinhistorischen Ruf, Grundlage der ersten unbewußten Jodtherapie auf euro päischem Boden zu sein. Durch Jahrhun derte wurden an einem Wiesenbrünnlein Kannen und Krüge gefüllt, um dem landum weit verbreiteten Übel „Kropf" beizu kommen. Als der Wirkstoff Jod zu me dizinischem Ruhm gelangte, fiel einiges von diesem Ruhm auf das damals noch recht kleine Badeörtchen Hall. Dieser Ruhm reichte aus, um bis zu Beginn des ersten Weltkrieges eine ländlich-idyllische Kur ortesiedlung mit großen Parkanlagen in mitten des bäuerlichen Gottesgartens Ober österreich wachsen zu lassen. Der zweite Superlativ fiel dem Kurort Bad Hall in den Schoß, als bei neuen Bohrarbeiten die stärksten Jod-Brom-Sole-Quellen Zentral europas mit Jodgehalten bis 46 mg/1 an getroffen und in Nutzung genommen wur den. Damit war der Weg zum Sitz einer systematischen bädermäßig abgewandelten Jodtherapie getan. Der gründlichen wissen schaftlichen Erforschung seiner Heilwerte durch das international bekannte Paracelsus-Institut verdankt das Bad ein weiteres Beiwort, den des Heilbades auf Basis Wis senschaft. Bad Hall, Oberösterreich, das Heilbad auf Basis Wissenschaft Bad Hall gilt heute als erfolgreiche Be handlungsstätte von Herz- und Kreislauf schäden, insbesondere von Arteriosklerose und dem damit zusammenhängenden hohen Blutdruck, chronischen Venener krankungen, Zuständen nach Schlaganfäl len, gewissen chronischen Augenleiden, chronischen Erkrankungen der Luftwege und Gelenksleiden. Längst sind die tra ditionellen täglichen 20 Minuten im Jodbad und die altüberlieferte Trinkkur nicht mehr die einzigen therapeutischen Mittel des Bades. Packungen, Teilbäder der verschie densten Formen, Inhalation von JodsoleNebel grober, mittlerer und feinster Ver teilung, Sprühbehandlungen der Augen und Bäder mit Einbringung der Wirkstoffe mittels lontophorese, Massagen im Trocke nen und unter Wasser, heilgymnastische Übungen und Diätkuren bilden wesentliche Bestandteile des Kurplanes. Trotz 350.000 alljährlichen Gästeübernach tungen hat dieses Bad Hall nichts von seiner ländlich-bürgerlichen Behaglichkeit verloren. Es ist kein Zentrum lauter Ver gnügungsbetriebe, sondern ein Kurort, ge schaffen, um neue Gesundheit und neue Kräfte zu vermitteln.

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