Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

DIE ALTE EISENSTAOT SlIVH Zu Unrecht fast vergessen von der heute so schnellebigen Zeit, liegt Steyr, die alte Eisenstadt, am Zusammenfluß van Enns und Steyr. Die Stadt, eines der reinsten Kleinodien mittelalterlicher Städtebaukunst, wird mit Recht als das „österreichische Rothen burg" bezeichnet. Völlig isoliert von der Industrie an der Peripherie, liegt die Alt stadt eingebettet zwischen den Hachterrassen der Enns und Steyr, gleichsam als eine Stadt In der Stadt. Uber Ihr thronen dos barocke Schloß Lemberg und die weithin sichtbare gotische Stadt pfarrkirche. Bauten aller Stilepochen fügen sich zu einer wohl klingenden Harmonie und zeugen davon, daß die alten Steyrer Handeisherren, deren Handelsbeziehungen von Venedig, Spanien und London bis in die „Asiatische Tartarey" reichten, schon immer weltaufgeschlossen waren. Aliein schon der mittelalterliche Stodtpiotz, der seinesgleichen Im ganzen Lande sucht, erregt die BeFotc: Wenig wunderung des Besuchers. Gotische Giebelhäuser neben verspiel ten Rokokofassaden und selbstbewußte Patrizierhäuser des Barocks bekunden den Bürgerfleiß und Wohlstand vergangener Jahrhunderte. Dos gotische „Bummerihaus", mit Recht als dos schönste Bürgerhaus Österreichs bezeichnet, und das Rathaus, ein Rokokobau von erlesener Schönheit, hoben die Stadt weithin be rühmt gemacht. Nicht vergessen sei auch der „Innerberger Stadel" mit seinem Elsenmuseum und dem „Steyrer Kripperl", dos gerade jetzt zur Weihnachtszeit durch die regelmäßigen Aufführungen der Puppenspiele wieder neue Aktualität gewinnt. Stadtauswärts wandernd, wird der Besucher der Stadt die barocke Michoelerklrche und dos benachbarte Bürgerspital gewahr, deren Türme sich zu einem sonst selten geschauten Dreiklang vereinigen. Am Dunkelhof, dem schönsten der alten Arkadenhöfe, vorbei, kommt der Wanderer zum Schnallentor, einem der wenigen noch erhaltenen Stadttore, das — mit reichem Sgroffltoschmuck ver sehen — einen wehrhaft-trotzigen Anblick bietet. Auf einem schö nen Spazierweg gelangt man zum Toborturm, einer oiten Be festigungsanlage, die schon im 15. Jahrhundert bestand und nun vor einigen Jahren unter Wahrung des ursprünglichen Charakters zu einem einladenden Restaurant umgestaltet wurde. Von hier eröffnet sich dem Besucher ein unerwarteter Blick auf dos emsige Treiben der zu seinen Füßen liegenden Stadt, und es wird sich Ihm ein Vergleich mit der Radierung von Hans Sebald Loutensack aus dem Jahre 1554 aufdrängen, die zeigt, wie wenig sich dos mittel alterliche Stadtbild verändert hat. Ist der Besucher von der Fülle der Eindrücke, die die Stadt zu bieten hat, gesättigt, so locken lohnende Ausflugsziele in der Um gebung der Stadt, sei es, daß man der barocken Stiftskirche zu Garsten oder dem Wollfafirtsort Christklndl — berühmt auch durch dos alljährlich um Weihnachten geöffnete Sonderpostamt — einen Besuch abstattet, oder daß man auf den bewaldeten Höhen wegen des Damberges Ruhe und Erholung sucht. Kurzum, ob nun der begeisterte Kunstfreund dem Stadtplatz sein Augenmerk schenkt, ob er stundenlang durch verträumte Gäßchen wandert, oder ob er sich der lieblichen Landschaft um Steyr widmet, er wird immer wieder neue Schätze entdecken, die wert sind, mit der Kamera festgehalten zu werden.

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