Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

den Altären konnten bei der Grabung keine Spuren gefun den werden, da barocke Fundamentvormauerungen sowie ein Fluchtgang einen guten Teil des alten Estrichs zerstört haben. Erhalten hat sich hingegen eine unter Verwendung antiker Marmorspolien® angelegte Wandnische im kirchenseitigen Kryptaarm, in welcher der Ausgräber eher eine Grabstätte (für Ossuar oder Sarkophag) als einen Altar sehen möchte. Vielleicht war es das Grab Arnolds II., des Vaters Adalberos, der nach Ausweis der Quellen ebenfalls als Stifter anzusehen ist und von seinem Sohne nahe beim Altar des Protomartyrers Stephanus bestattet worden sein konnte. Auch Fragmente einer Bemalung des Raumes konnten ent deckt und teilweise abgenommen werden, fdervorzuheben sind darunter Reste der Darstellung eines Jüngsten Gerich tes (?), welche vorderhand in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes verwahrt werden. Johannes III. von Dachsberg hat den Stephanus-Altar 1433 aus der Krypta entfernt. Erst nach 1482, wo noch von der porkirchn die Rede ist, werden ihre oberirdischen Teile eingeschla gen und der Raum eingeebnet. Eine Freilegung des Raum fragmentes konnte aus verschiedenen, vor allem statischen Gründen nicht in Betracht gezogen werden. Vom unter irdischen Bestand ist heute lediglich die oben erwähnte Nord westecke des westlichen Armes (Westapsis-Unterbau) zu sehen. Weitere Reste aus den Tagen Adalberos sind zwei früh romanische Säulen mit attischen Basen und Würfelkapitellen. Sie befanden sich früher, in Teile zerlegt, in der Vorhalle der Kirche und im Pfortenhof. Ihre Zusammenfügung und Auf stellung im Erdgeschoß des Stiegenaufganges zu den Fresken ist rezent, die ursprüngliche Lokalisierung unbekannt'". Von großem Interesse sind die Schlußfolgerungen, welche sich aus dem Material ergeben: es handelt sich um Buntsandstein, der seine Heimat in Mainfranken und der Rheinpfalz hat". Daher muß angenommen werden, daß das Gestein oder sogar bereits fertiggestellte Architekturglieder zumindest teilweise aus dieser Gegend, aller Wahrscheinlichkeit nach direkt aus dem Mutterkloster Münsterschwarzach am Main, zum Bau der Kirche und des Klosters nach Lambach transportiert wor den sind. Im gleichen Stiegenhausraum ist hinter einer Abschrankung das Ergebnis einer weiteren 1965/66 im Zuge der Herstellung dieses neuen Aufganges erfolgten Notgrabung'^ offen belas sen. Zur Linken des Betrachters ist die Westwand des Nord turmes mit der oben sichtbaren Betonummantelung der Ent lastungskonstruktion. Im unteren Teil sieht man das zum Teil verputzte, zum anderen Teil das freiliegende, Nagelfluh-Quaderung zeigende Turmmauerwerk mit Baufuge und einem offenbar älteren unteren Bestand. In der Flucht der Turmnordwand liegt eine Türöffnung, durch welche man auf einen zum Teil ausgerissenen Estrichbereich sieht. Der obere Ziegelboden korrespondiert mit dem an der Krypta-Nordwand (KirchenVorhalle), der darunter liegende Mörtelestrich ist älter und gehört einem engeren gangartigen Raum an, dessen Abgrenzung zum Teil nur noch in einer Baugrube faßbar war. Die Möglichkeit, daß, zum Erstbau gehörend, ein ring artig um die Krypta bzw. die Westapsis gelegter Raum existiert hat, ist nicht auszuschließen, für eine Gewißheit lie fern die geringen gefundenen Reste jedoch zu wenig Indizien. Sicher ist hingegen, daß die beiden Türme Öffnungen in westlich anschließende, die Apsis flankierende Nebenräume besaßen. Sie müssen trotz ihres Hereinragens in die Mäander zone zeitgleich mit den Malereien sein, da sie vom Fresko putz ausgespart werden. Man kann die Stürze dieser Öffnun gen im Freskenraum, welchen man durch das Stiegenhaus und einen Vorraum erreicht, an der Westwand der Türme, vom neuen Fußboden angeschnitten und in ihrer Höhen erstreckung wesentlich reduziert, noch ausnehmen. Annex räume sind gerade im Alpengebiet seit dem Frühmittelalter bekannt, und es wäre durchaus denkbar, daß Lambach ur sprünglich solche in die Trakte der Burg- bzw. Klosteranlage baulich eingeschachtelte Pastophorien, Secretarien oder Cryptae — letztere wären im Sinne der clunyazensischhirsauischen Terminologie oberirdische Nebenräume — be sessen hat'". Bald nach dem Tode des Stifters dürfte sich eine rege Ver ehrung an seiner als Hochgrab ausgestalteten Memorie" ent wickelt haben. Die Wunderberichte bestätigen die Umgehbarkeit und das Emporragen der Anlage'''. Es besteht Grund zu der Annahme, daß die heute durch eine neuzeitliche Platte im Boden des Mittelschiffes der Kirche markierte Stelle die ursprüngliche Lage der tumba angibt'". Im Zusammenhange damit und auf Grund eines bestimmten Passus in der Vita^^ kann geschlossen werden, daß der von Adalbero geweihte Johannesaltar dem Hochaltar gegenüber im Osten lag und die Kirche daher ursprünglich doppelchörig gewesen ist. Dafür spricht auch der in spätmittelalterlichen Quellen nachweis bare Terminus diiplex chorus ecclesiae'^, welcher sich auf den Zustand der Kirche vor Aufgabe des Westchores im 15. Jahrhundert bezieht. Weiters macht ein während der Bau arbeiten in der Westmauer des Kircheninneren erfolgter Fund wahrscheinlich, daß die Kirche ursprünglich, trotz der engen Raumverhältnisse, dreischiffig gewesen ist. Quellen, archäologische Grabung und Untersuchungen des aufgehenden Mauerwerks ergeben für den benediktinischen Erstbau: Doppelchörige Anlage; Hochaltar über kreuzförmiger Krypta mit rechteckiger Apsis und Annexräumen im Westen; wahrscheinlich dreischiffige Säulenbasilika. Das Mauerwerk im wesentlichen Kalktuff und Nagelfluh. Daß die Verwüstung des Stiftes von 1233'" im Bereich der Westanlage nicht ein schneidend gewesen sein kann, beweisen nicht nur die stili stisch im 13. Jahrhundert undenkbaren Malereien, sondern auch die Säulen der jetzt vermauerten alten Schallfenster der Westtürme: ihre Trapezkapitelle gehören dem 11. Jahrhun dert"" an. Es ist hier nicht der Raum, auf die Stellung des Lambacher Baues innerhalb der Ordensarchitektur"', sein Verhältnis zu den Zeitströmungen"" sowie zur übrigen Bautätigkeit Adal beros, vor allem in Würzburg"", näher einzugehen. Dem Typus nach handelt es sich keineswegs um einen „reinen Fall", der sich nahtlos einer der Gepflogenheiten einfügen ließe, sondern um ein von verschiedenen, auch lokalen Fak toren bestimmtes Gebilde. Durch ihre Zweipoligkeit mit Krypta wäre die Kirche einerseits den Werken der nicht refor mierten Ordensarchitektur „imperialer" Prägung zuzuordnen, andererseits bedeutet die Lage des Hauptchores mit der Krypta im Westen eindeutig eine Orientierung more romano, also eine Anlehnung an die Raumikonologie der Abteikirche von Fulda und einer Reihe weiterer Kirchen des 9. bis 11. Jahrhunderts in Deutschland. Die Malereien Entdeckung und Freilegung Man betritt den Freskenraum vom Westen her durch die im Aufgehenden im wesentlichen nicht mehr existente Apsis. Gegenüber öffneten sich einstmals drei Arkaden zum Lang haus des Erstbaues, das den späteren Umbauten zum Opfer fiel. Heute liegt hinter diesen vermauerten und vom neuen Fußboden angeschnittenen Bögen die barocke Orgelempore. Am 18. März 1868 fand man in dem durch Jahrhunderte als Läuthaus verwendeten und nunmehr als Teil des ursprüng lichen Westchores identifizierbaren Raum mittelalterliche Ma lereien an den Gewölben (Abb. 2, Nr. 1—6)"'. Es ist schon

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2