Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

zehn Landklöster den Prälatenstand und nahmen bei dem Emporkommen der Landstände entscheidenden Einfluß auf die Gestaltung der Politik. Der Prälatenstand unter der Führung des Abtes von Kremsmünster war sogar der erste Stand und zeichnete die vorgelegten Aktenstücke zuerst. Von den 181 Pfarren im Lande ob der Enns bei Beginn der Glaubens spaltung waren nicht weniger als 84, also ungefähr die Hälfte, den 15 landständischen Klöstern inkorporiert. Die 15 Grundherrschaften nahmen mit den Häusern und Liegen schaften der anderen Orden eine starke wirtschaftliche Macht stellung ein. Somit waren die Prälaten als Vorstände der Grundherrschaften in wirtschaftlicher Hinsicht an die Seite des Adels gerückt. Bei dieser Bedeutung der Stifte und Klöster für das kirchliche Leben des Landes begreift man es, wieso von ihrer Haltung der Sieg des Luthertums und der Untergang der alten Kirche oder die Behauptung und Verjüngung des Katholizismus in so hohem Grade abhingen. Die Lage der katholischen Sache wurde kritisch, als sich die Klöster geistig zersetzten und Herde für die Ausbreitung des Protestantismus zu werden drohten. Umgekehrt war der Bewegungskrieg in dem Augen blick zum Stehen gebracht, als reformfreudige Prälaten die Führung der maßgebenden Klöster übernahmen. Kein Bischof hätte den Untergang der katholischen Kirche im Land ob der Enns verhindern können, und auch die politische Religions erneuerung des Landesfürsten, die „Gegenreformation" auf der Grundlage des „cuius regio eins religio" hätte allein ohne eine innere, von den Klöstern aus geförderte Erneuerungs bewegung auf die Dauer kaum den katholischen Besitzstand erhalten. Der Kampf ging also um jedes einzelne Kloster. Dabei ist eines bezeichnend: Die Frauenkonvente (Traunkirchen, Pulgarn, Schlierbach) und die meisten Klöster der Mendikanten in den Städten oder in deren Nähe waren durch die Glaubensspaltung entvölkert worden, die Organisation der Stifte hielt aber trotz aller Krisensituationen stand und brach nicht zusammen —, wofür sicher auch der 1567 von der kaiserlichen Regierung für ständig eingerichtete, wenig be liebte Klosterrat nicht ohne Verdienste war. Die Stifte wurden wieder wichtige religiöse, kulturelle und wissenschaftliche Stützpunkte, sie bewährten sich auch als wirtschaftliche und finanzielle Kraftreserven des Landes für kritische Zeiten. Sie haben z. B. auch in den Türkenkriegen zusammen mit dem Adel durch ihre finanziellen Leistungen wesentlich zum Siege beigetragen, wobei den Ablieferungen nicht wenige unersetzliche Kunstwerke der Gold- und Silberschmiedekunst zum Opfer fielen. Nach den drangvollen Zeiten der Hussiteneinfälle und des Dreißigjährigen Krieges und besonders nach der Türkennot erholten sich die Klöster und Stifte nachwuchsmäßig und wirtschaftlich verhältnismäßig rasch wieder. Tatkräftige und baufreudige Prälaten nützten den wirtschaftlichen Auf schwung, um die Gebäude großzügig im aufkommenden Barockstil umzugestalten oder neu aufzuführen, so daß die meisten Stifte seither wie Gottesburgen die Landschaft be stimmen und beherrschen, wie z. B. St. Florian und Krems münster. Freilich konnten nicht alle Projekte und Pläne voll und ganz ausgeführt werden; sie stellen aber auch in ihrer nur teilweisen Verwirklichung beachtliche Monumente dar, wie Garsten und Wilhering. Gerade der Barock, dieser kraft volle Stil, der sich in Österreich umfassender gestaltete als anderswo und hier eine bewundernswerte Einheit und Ge schlossenheit erlangte, gab den Stiften das Mittel in die Hand, ihre innere und äußere Bedeutung zum Ausdruck zu bringen. Diese Einheit brach relativ rasch auseinander. Die Ideen der Aufklärung, die ihr Zersetzungswerk an den Funda menten begannen, fanden ihren geradezu logischen Abschluß im „josephinischen Klostersturm", jener Aufhebungswelle, die von Kaiser Joseph II. den Namen bekam, jedoch bereits vor seiner Regierungszeit als Kaiser eingesetzt hatte und auch unter seinen Nachfolgern Leopold II. und Franz 1. Fort setzungen erlebte. Das Ziel war, alle Klöster aufzuheben, die sich nicht mit Pfarrseelsorge oder Unterricht beschäftigten. Diesem Klostersturm fielen neben den meisten Konventen der Frauenorden und der Mendikanten und nach den Jesuiten niederlassungen folgende Stifte in Österreich ob der Enns zum Öpfer: Mondsee, Garsten, Gleink, Waldhausen, Baum gartenberg und Engelszell. Den Abschluß bildete 1807 unter dem an sich klosterfreundlichen Franz 1. Spital am Pyhrn. 1779 war das Innviertel mit den drei Augustiner-Chorherren stiften Ranshofen, Suben und Reichersberg von Bayern zu Österreich gekommen. Von diesen wurde 1784 Suben von der josephinischen Abolitionswelle erfaßt, Ranshofen 1811 zur Zeit der bayrischen Besatzung aufgehoben, öhne Los trennung von Bayern hätte allerdings 1803 im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses alle drei Stifte das gleiche Schicksal getroffen. Altehrwürdige, verdienstvolle Institutionen wurden damit vernichtet. Äußeres Zeichen dieses traurigen Schicksals ist entweder die gänzliche oder teilweise Abtragung der Stifts gebäude wie in Waldhausen, Baumgartenberg, Spital a. P. und Ranshofen, oder ihre Zweckentfremdung wie in Garsten und Suben. Die Besitzungen von Garsten und Gleink sollten dem Bischof, Mondsee bzw. Suben dem Generalvikar des neu gegründeten Bistums Linz als Dotation dienen. Die mei sten Besitzungen an Grund und Boden wurden jedoch ver äußert; die großen Kirchen, die nun den einzelnen, meist kleinen Gemeinden als Pfarrkirchen zugeteilt wurden, waren damit ihres finanziellen Rückhaltes beraubt und fallen den Pfarrangehörigen durch die hohen Erhaltungskosten zur Last. Die noch bestehenden Stifte erlitten eine schwere wirtschaft liche Einbuße im Jahre 1848 durch die Aufhebung der Grund herrschaften. Wie sehr die „Bauernbefreiung" und die Auf lösung des Untertänigkeitsverbandes zu begrüßen sind, so bedeutete doch diese Maßnahme für die Stifte infolge des Wegfalls der Zehente und Robotleistungen einen schweren Schlag, von dem sie sich zum Teil bis heute noch nicht ganz erholen konnten. Diese mittelalterlichen Grundherrschaften hatten bisher als Öbrigkeit fungiert und durch ihre Patrimonialgerichte Aufgaben durchgeführt, die etwa denen einer heutigen Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichtes entsprechen. Ein Teil der Steuern und Gerichtsabgaben wurde an die Grundherrschaft entrichtet. Bei guter und rationeller Verwaltung konnten sie daher einen beträchtlichen Gewinn abwerfen. Mit dem Jahre 1848 fielen diese Leistungen der Untertanen weg, während die Verpflichtungen, z. B. die Patronatslasten, aufrecht blieben. Dazu leben wir jetzt in einer Zeit, da diese Barockbauten und besonders die kunstvollen Einrichtungen der Barockkirchen baufällig und renovierungs bedürftig werden. Darum ertönt so mancher Hilferuf aus den aufgehobenen Klöstern und von den Verwaltern der ehemali gen Stiftskirchen. Diese prächtigen Gebäude und Einrichtun gen führen nicht selten zu einer gewaltigen Überschätzung des „Reichtums" der alten Stifte; sie täuschen die Wohl habenheit aber nur vor, denn in Wirklichkeit erfordert ihre Erhaltung gewaltige öpfer. Mit der Pfarrbevölkerung helfen indes die diözesane Finanzkammer und die Stellen der öffent lichen Hand in dankenswerter und großzügiger Weise bei der Restaurierung dieser Denkmäler zusammen, um sie auch späteren Generationen zu erhalten. Zum Abschluß erhebt sich die Frage: Ist die Bedeutung der Stifte und Klöster nun endgültig geschwunden, die einst ihre religiösen und kulturellen Aufgaben erfolg- und segensreich als Mittelpunkte des Glaubens sowie als Mäzene von Kunst und Wissenschaft erfüllt haben? Durchaus nicht! Viele Stifte sind bekannt und werden heute noch gerne aufgesucht wegen ihrer Sehenswürdigkeiten, wegen ihrer Sammlungen und Aus-

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