Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

Die oberösterreichischen Stifte sind Zeugen des Glaubens und der Geschichte. Sie erlebten Zeiten des Glanzes und des Unterganges. Unzerstörbar ist ihre Lebenskraft. Im Bilde das 1807 aufgehobene Kollegiatstift Spital am Pyhrn mit dem ruinösen Erscheinungs bild seiner Umgebung (links unten) und seiner meisterhaft reno vierten Kirchenfassade (rechts oben). — Fotos: M. Eiersebner. Die Kanoniker waren immer Kleriker, d. h. sie besaßen die Priesterweihe oder zumindest niedere Weihen. Ihr Name leitet sich vom „Kanon" her, dem Verzeichnis der Kleriker an einer Bischofskirche. Sie waren seit jeher meist in der Seelsorge tätig. Daher bauten sie auch ihre Klöster gewöhnlich nicht in die Einöde, sondern in die Nähe von Siedlungen, um religiöse Zentren für die Gegend zu bilden. Als Seelsorger waren die Kanoniker auch immer viel enger an den Bischof gebunden als die Mönche. Die bekannteste Gemeinschaft dieser Art ist die der Augusti ner-Chorherren, offiziell Regularkanoniker genannt. Sie füh ren ihren Ursprung auf den großen heiligen Bischof Augusti nus (354 bis 430) von Hippo in Nordafrika, also ins vierte Jahrhundert, zurück. An der Spitze jedes Chorherrenstiftes steht ein Propst, sein Vertreter ist der Stiftsdechant. Die Chorherren werden nicht mit „Pater", sondern mit „Herr" und gewöhnlich mit ihren Ordensnamen angesprochen. Es gibt jedoch auch Stifte, in denen die Kanoniker nicht nach einer Ordensregel in klösterlicher Gemeinschaft leben, daher auch keine Ordensleute werden, ihr Privateigentum beibehal ten und einen eigenen Haushalt führen. Stifte dieser Art nennt man weltliche Kollegiatstifte, an ihrer Spitze steht je weils ein infulierter Propst. Früher waren diese Stifte zahl reich, heute sind fast alle ausgestorben, wie z. B. auch Spital am Pyhrn und Mattighofen. Ein Reformzweig der Augustiner-Chorherren sind die Prämonstratenser, im Jahre 1120 gegründet vom heiligen Norbert von Xanten. Er übernahm manches vom mönchischen Eeben, so die größere Strenge und auch manche Organisationsfor men. Während die einzelnen Augustiner-Chorherrenstifte weitgehend voneinander unabhängig sind, führte Norbert in seinem Orden die Zentralisierung ein, für welche die damals entstehenden und blühenden Ritterorden ein bewährtes und aneiferndes Beispiel boten. Die Prämonstratenserstifte wer den von einem Abt regiert, sein Stellvertreter heißt Prior. Als Kanoniker werden auch die Prämonstratenser mit „Herr" angesprochen. Zum Unterschied von den Kanonikern widmeten sich die Mönche zunächst nur dem Gebet und der Buße und lebten von ihrer Hände Arbeit; bald kam auch wissenschaftliche Tätigkeit dazu. Seit die Mönche auch in der Seelsorge wirkten, wurden sie notgedrungen zu Priestern und Klerikern; damit ver wischte sich der Unterschied zu den Kanonikern. Die be rühmteste Mönchsregel ist die des heiligen Benedikt, zwi schen 523 und 526 entstanden, die Ernst und Lebensstrenge mit gesunder Mäßigung verbindet. Nach dem Leitsatz „Ora et labora" sind Gebet und Arbeit die Aufgaben des Benedik tinermönches; unter dieser Parole hat der Orden unschätzbare Leistungen vollbracht, nicht nur für Kirche und Theologie, sondern vor allem auch für die Entwicklung der abendländi schen Kultur. Wie in anderen Orden gab es Reformbestrebun gen auch bei den Benediktinern. Als ein Reformzweig gingen aus ihnen die Zisterzienser hervor, die als ersten Gründer den Abt Robert von Molesmes und als zweiten Stifter den heiligen Bernhard von Clairvaux verehren. Auch dieser Orden ist gegenüber den Benediktinern zentralisiert mit einem Ge neralabt an der obersten Spitze. Den Zisterziensern war große Strenge und Einfachheit vorgeschrieben, jeder überflüssige Prunk sollte im Kirchenbau und auch beim Gottesdienst ver mieden werden, woran sich allerdings die Barockzeit nicht mehr hielt. Sie brachten die alte Handarbeit wieder zu Ehren f und nahmen sich sehr der Landwirtschaft an, für deren Ent wicklung sie Großartiges leisteten. Ihre Klöster bauten sie meist in Täler an fließendes Wasser. Ein Reformzweig der Zisterzienser sind die Trappisten, be nannt nach der Zisterzienserabteil La Trappe in Frankreich, von wo 1664 die sehr strenge Reform ausging. An der Spitze der Mönchsgemeinschaft steht ein Abt, sein Vertreter ist der Prior. Alle Mönche werden, soweit sie Prie ster sind, als „Pater" angeredet, sonst als „Frater". Den alten Männerorden entspricht als „zweiter Orden" jeweils ein Frauenorden. Von solchen Gemeinschaften, die in stren ger Klausur leben,existieren heutzutage nur wenige. Wenn wir auf das Gründungsdatum der besprochenen Ge meinschaften schauen, finden wir, daß alle alten Orden — und auch die meisten der von ihnen besiedelten Häuser — vor dem Jahre 1200 gegründet wurden. Das 4. Eaterankonzil von 1215 untersagte die Gründung neuer Orden. Die Klöster, Niederlassungen und Häuser der späteren Grün dungen, so der Bettel- oder Mendikantenorden (Franziskaner, Kapuziner, Dominikaner, Augustiner-Eremiten), der Regularkleriker (Jesuiten) und der zahlreichen Kongregationen nach dem Konzil von Trient,zählt man nicht zu den Stiften. Die Stifte und Klöster Oberösterreichs Die Gründungen der Stifte und Klöster Oberösterreichs er folgten in verschiedenen Epochen oder Weilen, sie stellen sich

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