Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

guckt durch ein Fenster heraus. In EFERDING gibt es im Fasching einen Witwenball ohne Männer und zu Sonnenwend köstlichen Met. FREISTADT zeigt eine Sammlung schöner Schützenscheiben und wertvoller Hinterglasbilder. GMUNDEN erwartet am Abend des 5. Jänner die feierliche Ankunft der Heiligen Drei Könige, die auch auf dem Hoch altar der Pfarrkirche überlebensgroß dargestellt sind, kennt Glöcklerlaufen und Sternsingen, Kugelschießen über den gefrorenen See und den „Liebstatt-Sonntag", an dem der Bursch sein Mädchen mit Lebkuchen beschenkt. GREIN zeigt das Lichterschwimmen am Sonnwendabend, einen eigenarti gen Donaubrauch. RIED verwahrt Schützenscheiben mit köst lichen Darstellungen wie Sprüchen und rüstet neuerdings einen prunkvollen Dreikönigsaufzug aus. SCHÄRDING kann auf seine bis drei Meter hohen Palmbuschen und den Pranger verweisen. Weitaus am meisten aber hat LINZ an Eigen entwicklungen zum österreichischen Volkstum beigesteuert: Linzer Frauenschönheit, Linzer Goldhaube, Linzer Kopftuch, Linzer Möbel, Linzer Geiger, Linzer Tanz, Linzer Zeug und Linzer Tuch, Linzer Torte, Linzer Schießpulver, Linzer Tracht und Linzer Originale der verschiedensten Prägung ... sie alle künden die Schöpferkraft dieser Stadt. Die vorstehenden Zeilen konnten nur einen Hinweis geben. Es wäre zu wünschen, daß ein junger Vertreter der Volks kunde den sehr dankbaren Vorwurf einmal gründlich und erschöpfend weiterbehandeln würde. Ein Standardwerk zur Landeskunde Oberösterreichs Alfred Marks, Oberösterreich in alten Ansichten. Siedlung und Landschaft in 340 Bildern vom späten Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Photograph. Mitarbeit Max Eiersebner. — Linz: Oö. Landesverlag 1966, 72 Seiten Text mit 38 Textabb., XXVIII Farbtaf., 272 Abb., 52 Seiten Katalog, Künstlerverzeichnis und Register, Ganzleinen, Ladenpreis S 650.-. Vor uns liegt unzweifelhaft eine der bedeutendsten und in ihrer Ausstattung großzügigsten Veröffentlichungen zur oberösterreichi schen Landeskunde der letzten Jahre. Der Verfasser verwaltet die ca. 5000 Blätter umfassende Ortsansichtensammlung des oberösterreichischen Landesmuseums. Er widmet sich dieser Aufgabe mit der gleichen Hingabe und Sorgfalt, die bereits sein Vor gänger, der verstorbene Direktor und Bibliothekar des Hauses in der Museumstraße, Dr. Johann Oberleitner, diesem Thema entgegenbrachte. Mit Fleiß, Sammeleifer und wissenschaftlicher Gründlichkeit hat er den Bestand in jahrelanger Arbeit erweitert, alle Möglichkeiten der Ergänzung genützt und in vielen Bereisun gen eine umfassende Zentralkartei geschaffen. Als Endziel seiner Forschungsarbeit schwebt ihm ein gedruckter Katalog vor, vor liegender Prachtband bietet eine Auswahl, allerdings eine Aus wahl des Kostbarsten und Besten, er stellt ein Bildwerk von einzigartigem Reiz dar, das alle Freunde der Kunst und der Landesgeschichte begeistern wird und dem Fachmann ein reiches historisches Quellenmaterial bequem zugänglich macht, ihm eine Fülle von Anregungen gibt. A. Marks gelingt es, in solider Darstellung die Ortsansicht in ihrer Funktion in der historischen Quellenkunde herauszuarbei ten. Er unterscheidet und verknüpft gleichzeitig wieder das topographische und das künstlerische Material. Der frühe Höhe punkt der Landschaftskunst des Donaustils wird mit kenntnis reichem Einfühlungsvermögen nachgezeichnet. Albrecht Altdorfer und Wolf Huber erhalten besondere Akzente. Ihre säkulare Stel lung wird in dankenswerter Präzision beschrieben, die Wieder gabe einzelner Werke dieser großen Meister des Spätmittel alters bietet reizvolle Vergleichsmöglichkeiten, so z. B. die Abb. 7 und 8 in der Gegenüberstellung des lyrischen Landschaftsstils von Wolf Huber („Donaustrudel") zur expressiven Dramatik von Altdorfers Zeichenkunst („Sarmingstein an der Donau", wobei wohl offen bleiben muß, ob die lokale Identifizierung dieses Blattes richtig ist). Kunstgeschichtlich sehr interessant sind die vorangestellten Bei spiele aus dem hohen Mittelalter. Für die Folgezeit des Manierismus übergeht der Autor keinen Namen, der zum Thema in Frage kommt, betont vor allem die Persönlichkeit des Lucas van Valckenborch, der 1581 bis 1593 am Hofe von Erzherzog Matthias auf der Burg zu Linz wirkte. Größte Genauigkeit widmet A. Marks — für den Historiker ver ständlich — dem Kapitel „Die Ortsansicht im Dienste der Wissen schaft: Städtebücher und topographische Werke des 16. bis 18. Jahrhunderts". Bekanntes wird mit bisher Unbekanntem oder wenig Bekanntem verbunden. Wir erfahren von Braun-Hogenbergs „Civitates orbis terrarum", entstanden unter Mitarbeit der beiden Hoefnagel, von Matthäus Merians „Topographia provinciarum Austriacarum", von der Topographia Windhagiana und Georg Matthäus Vischers „Topographia Austrie Superioris". Diese Standardwerke barocken Weltgeistes erfahren durch Marks in ihrer Bedeutung für Oberösterreich eine kritische Wertung und eine wohl auf lange Sicht gültige Fixierung. Verstreute literari sche Hinweise sind nun durch eine zeitgemäße Formulierung zusammengefaßt. Zu danken ist dem Autor besonders für seine Hervorhebung des „Stamm- und Schlösserbüchleins" des Johann Seyfried Hager von Allentsteig, eines Zeitgenossen des Topo graphen Vischer, und der reizvollen Garstener Pfarransichten in Kupferstich nach Originalzeichnungen Reslfelds. Mit gleicher Genauigkeit, wie Merian und Vischer gegenüber, ordnet der Autor die Arbeit Michael Wenings in die oberösterreichische Landeskunde ein, der im 2. Band seiner „Topographie des Kur fürstentums Bayern" (1721) das umfassendste Ansichtswerk über das Innviertel geschaffen hat. Ganz persönlich erarbeitet ist das Kapitel „Einzelleistungen im 17. und 18. Jahrhundert", in dem sich Marks wieder mehr der Kunstgeschichte nähert und die Ortsansicht im Oeuvre der heimi schen Barockmaler, aber auch in der stimmungsvollen Welt des Votivbildes darstellt. Viel Neues verdanken wir ihm in seiner Überleitung zur Kunst des 19. Jahrhunderts. Ferdinand Runk (1764 bis 1834) erhält seine gebührende Position. Johann Franz Erdpresser wird richtig eingeordnet, äußerst verdienstvoll ist die Hervorhebung lokaler Zeichner des Salzkammergutes, wie Johann Engleitner und Maria Susanne Laimer. Über Jakob Alt erfahren wir von seinem um fangreichen illustrativen Schaffen für die Ansichtswerke „DonauAnsichten" und „Vorzüglichste Ansichten des k. k. Salzkammer gutes". Je weiter die Darstellung in das 19. Jahrhundert vordringt, desto drängender wird die Materialfülle. Der Autor konnte nun auf Einzelheiten verzichten, sind doch die Landschaftskunst des Naturalismus, die Naturliebe der Romantiker und die Wiener Biedermeiermalerei hinlänglich erforscht und bekannt. Dennoch werden Ferdinand Georg Waldmüller, Franz Eybl und Friedrich Gauermann mit Spitzenwerken vorgestellt. Besondere Neigung bekundet der Autor für Franz Steinfeld. Reizvoll ist seine Neu entdeckung einer Federzeichnung von Carl Schubert, Bruder Franz Schuberts. Adalbert Stifter dürfte in der Darstellung etwas zurückgedrängt worden sein, da ja Fritz Novotnys Werk „Adal bert Stifter als Maler" das gesamte bekannte Material enthält. Kritisch zu vermerken ist auch die etwas knappe Behandlung von Friedrich Simony. Erklärend darf jedoch zugestanden werden, daß das 19. Jahrhundert in seiner Landschaftskunst unerschöpflich ist und A. Marks sein Thema vor allem als Historiker behandelt hat, was in der präzisen Darstellung der Druckgraphik dieser Zeit wieder zum Ausdruck kommt. Sicherlich lag ihm auch daran, in erster Linie neues Material vorzuführen, wie die eingehende Würdigung des Kammermalers von Erzherzog Maximilian d'Este, Johann Maria Monsorno, erweist. Worte der Anerkennung ver dienen Verlag und Druckerei, die vorzügliche Arbeit geleistet haben. Sorgfalt und Liebe in der Herstellung sind auch dem Laien erkennbar. Die seit vielen Jahren bekannte Qualität der photographischen Arbeit Max Eiersebners findet in diesem Werk eine schöne Bestätigung. Das Land Oberösterreich kann als För derer stolz auf dieses Standardwerk sein, das sich vollwertig in die Reihe ähnlicher verdienstvoller Veröffentlichungen zum Thema der Ortsansichten in Österreich eingliedert. Die Redaktion der Zeitschrift „Oberösterreich" darf mit beson derer Genugtuung an dieser Stelle vermerken, daß sie seit vielen Jahren die Forschungsarbeit von A. Marks aufmerksam verfolgt hat und von ihm verschiedene Vorarbeiten veröffentlichen konnte. Gedankt sei ihm hier auch für seine stets hilfsbereite Mitarbeit an der gediegenen Bildausstattung manchen Heftes. Dr. Otto Wutzel

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