Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

Gilbert Trathnigg Volkstümliches Kunsthandwerk Sämtliche Aufnahmen: M. Eiersebner Im Landwirtschaftsmuseum in Weis befinden sich zwei Schlittenköpfe, die unser besonderes Interesse beanspruchen dürfen. Einer von ihnen stellt einen Löwenkopf dar und hat größte Ähnlichkeit mit einem römischen Löwenkopf aus Ton, der sich im Stadtmuseum befindet. Der andere hingegen hat unverkennbare Ähnlichkeit mit einem Tierkopf vom Osebergschiff. Beide sind aber in einer Zeit geschnitzt worden, in der die zum Vergleich herangezogenen Fundstücke noch lange nicht bekannt waren. Die stilistische Gegensätzlichkeit der beiden Schnitzwerke weist auf die beiden Pole hin, die unsere ganze Kultur neben dem Christentum stark beherr schen: Äntike und Germanentum. Sie beeindrucken deshalb so stark, weil sie nicht Werke der Kunst, sondern des Kunst handwerkes sind und zwar eines Kunsthandwerkes volks tümlicher Prägung, dessen Triebkraft das Bestreben war, die Geräte durch Form und Verzierung zu schmücken. Die Gren zen zwischen der Volkskunst und dem volkstümlichen Kunst handwerk klar und deutlich zu ziehen, ist schwer, weil sie gleitend sind. Vielleicht kann man für letzteres das Erlern bare, das Ärbeiten mit traditionsgebundenen Formen und Zieraten als Merkmale besonders herausstellen. Wie in uralten Vorstellungen verhaftete Formen sein kön nen, zeigen etwa in großer Fülle die Gebildbrote, die aus freier Hand geformt und zu bestimmten Festzeiten gebacken werden. Obwohl Brot vergänglich ist, von vornherein nicht auf Dauer berechnet, leben hier die alten Formen zum Teil bis zur Gegenwart fort. Das Älter durch Entwicklungsreihen erhaltener Brote nachzuweisen, ist nicht möglich. Bildnerische Darstellungen auf Zeichnungen, Bildwerken und gelegentlich sogar in Stein gemeißelt — so auf dem Grabstein des Welser Bäckermeisters Wolfgang Hefftner (gest. 1655) — führen einige Jahrhunderte zurück. Dann bleibt aber nur mehr der Vergleich mit Sinnbildformen, die in anderen Zusammen hängen überliefert sind. Daß trotz dieser Lücke ein Verbin den dieser und jener Formen möglich ist, zeigt sich, wenn man den Zeitpunkt untersucht, zu dem diese Brote gebacken werden, und wenn man den Sinngehalt der einzelnen For men herausarbeitet. Hier läßt sich nun vielfach nachweisen, daß der Anlaß, zu dem der Sinngehalt der Symbolformen paßt, in der vorchristlichen Zeit verankert ist und daß christ liche Festzeiten sie überlagert haben. Obwohl der ursprüng liche Anlaß früh vergessen wurde und zum Teil sogar eine Besonders reich verzierte Hconzibank mit Pferdekopf-Kiemmkopf im Landwirtschaftsmuseum Weis.

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