Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

A # I I H 1 r I f»«l! 1 Ii Die Erneuerung unserer ländlichen Wohnkultur gehört zu den wichtigsten Anliegen der Volkskuiturpflege. Unsere Abb. zeigt ein gemütliches Wohnzimmer, das von Frau GretI Rienmüller im Oö. Heimatwerk gestaitet wurde. Als weitere Faktoren, die sich auf das Gepräge der alten Volkskunst ausgewirkt haben, mögen noch angeführt werden der jedem Menschen innewohnende Nachahmungstrieb und seine Geltungssucht, die ihm jeweils die Lebensform des nächsthöheren Standes erstrebenswert scheinen lassen, sowie konkrete Verordnungen von Seiten der kirchlichen und welt lichen Obrigkeit (z. B. Kleidervorschriften). Wesentlich hieher gehört auch die autarke bäuerliche Wirtschaftsform, das Leben, das sich von der Kindheit bis zum Tode in der geschlossenen Gemeinschaft der Familie, des Hofes und des Dorfes erfüllte. Nur das Wandern der Handwerksburschen brachte eine kleine Auflockerung und setzte in der Volks kunst reizvolle Glanzlichter, die den Norden mit dem Süden und den Westen mit dem Osten eines Kulturkreises ver banden. Es gab also keine störenden Einflüsse, die ständig zersetzend auf die Gemeinschaft einwirkten. In sachlicher Hinsicht umfaßte die Volkskunst das ganze einfache Leben dieser ebenso einfachen Menschen, sie war meist reine Dekorationskunst und diente zur Verzierung aller Gerätschaften, der kultischen und profanen, des Hauses und der Kleidung, die den Menschen von der Wiege bis zum Grabe umgaben. Sie ist funktionsgebunden, unpersön lich und wollte zunächst gar keine „Kunst" sein! Ihre Formen sprache ist durch eine lange Überlieferung fest geprägt. Neues wird entweder in das Alte organisch eingebaut oder abgestoßen. Gehen wir einmal durch die volkskundlichen Schauräume des Schloßmuseums in Linz! Wir sehen hier. rückblickend, eine Summe von verschiedenartigen Objekten aus vielen Jahrhunderten, und doch können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, daß wir etwas Geschlossenes, etwas Ganzes vor uns haben, das innerlich durch ein starkes gei stiges Band verbunden ist. 2. Die Hersteller (Erzeuger) waren zunächst alle Angehörige der bäuerlichen Lebensgemeinschaft. Die Männer fertigten ihre Geräte selbst und verzierten diese aus Schmucktrieb mit einfachen Ornamenten oder versahen sie mit Heils- und Schutzzeichen aus dem christlichen und heidnischen Formen schatz. Die Burschen schnitzten ihren Mädchen kleine Schmucktruhen, ihren Bräuten zierliche Spinnrocken und Mangelbretter, die sie häufig überreich mit Schuppen, Sonnen wirbeln und anderen überlieferten Formen in Kerbschnitt technik verzierten. Sogar Töpferwaren, Korbgeflechte und Textilien wurden im autarken Bauernhof selbst hergestellt und verziert. Dazu brauchte man natürlich Zeit, viel Zeit und eine geschlossene Gemeinschaft, die wieder anspornend auf das Zustandekommen besonders schöner Stücke wirkte. Die Mädchen und Frauen verwendeten ihr ganzes Können auf das Besticken ihrer Hauswäsche und ihrer Kleidung und halfen mit ihren zarteren Händen oftmals nach, um dem groben männlichen Werkstück die richtige Auszier in Farbe und Zeichnung zu geben. In weiterer Folge und vor allem dort, wo der Ertrag der Landwirtschaft nicht ausreichte, die Familie zu ernähren, fertigte das ländliche bäuerliche Hausgewerbe Gerätschaften

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