Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 3/4, 1965

sonders umfangreich in Traun, in Leon ding und Fasching, in Marchtrenk und in den Stadtrandgebieten von Wels. Der Flächenbedarf für Einfamilien hausgebiete dieser Art ist besonders hoch; wir benötigen für die Unter bringung einer Familie im freistehen den Einfamilienhaus sechs- bis zehn mal mehr Fläche, als für die Unter bringung dieser Familien in einer Ge schoßwohnung! Vor allem ist es aber die Frage der Erschließung dieser Ge biete mit öffentlichen Versorgungslei tungen und Straßen, die den Kommu nalpolitikern die größten Sorgen berei tet; fast durchwegs haben wir Einzel brunnen und Senkgruben; die Straßen verhältnisse sind selten erträglich. Die Senkgruben gefährden das Grundwas ser; eingehende Untersuchungen der letzten Jahre haben ergeben, daß seine Qualität im Bereich der großen Sied lungen ständig sinkt; halten die gegen wärtigen Verhältnisse an, wird weiter Senkgrube neben Senkgrube errichtet, so ist anzunehmen, daß in einigen Jah ren in manchen Gebieten das Grund wasser für den menschlichen Genuß nicht mehr geeignet ist. Man macht darum große Anstrengungen auf dem Gebiet des Kanal- und Wasserleitungs baus, ein „Wasserwirtschaftlicher Rah menplan für die Welser Heide" wurde ausgearbeitet und soll diese Anstren gungen koordinieren und intensivieren. Wird man aber alle Versäumnisse nachholen können, ohne daß man auf die „freie" Bauentwicklung verzichtet? Wird man sich nicht mit halben Maß nahmen begnügen, getreu dem alten Grillparzer-Spott „mit halben Mitteln und zu halber Tat, auf halben Wegen zauderhaftzu streben..."? Eng verwandt mit dem Problem der zu locker bebauten Flächensiedlungen ist das der Splittersiedlungen, einzelner Häusergruppen weit abseits der Orts kerne und Versorgungspunkte. Ihre Entstehung verdanken wir fast immer dem Kapitalbedarf der bäuerlichen Grundeigentümer, nur auf landschaft lich besonders reizvollen Plätzen geben einzelne Bauwerber den Anstoß für die „Gründung". Splittersiedlungen können mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln fast nie an das Netz öffentlicher Ver sorgungsleitungen angeschlossen wer den, sie liegen weit abseits der Ver sorgungspunkte und Zentren und mei stens fernab vom öffentlichen Verkehr. Hauptleidtragender der Splittersied lung ist allerdings die freie Landschaft, denn nur selten gelingt eine bauliche Gestaltung, die nicht als störend emp funden wird; auch ganz wenige Häuser, brutal und ohne Einfühlungsvermögen hingesetzt, können nicht wieder gut zu machendes Unheil anrichten. Sommerhaussiedlungen sind eine mo derne Abart der Splittersiedlungen; wir finden sie vor allem im Norden der Stadt, im Mühlviertier Hochland, wie z. B. in Lichtenberg, Eidenberg, Kirch schlag und Buchenau. Für ihre Ent stehung ist, vielfach gefördert durch enge und ungesunde Wohnbedingun gen in der Stadt, vor allem der Wunsch nach dem Allein- und Abgesondertsein maßgebend; die Verkaufsbereitschaft der Grundeigentümer, die steigenden finanziellen Möglichkeiten des Einzel nen und der landwirtschaftliche Güter wegebau kommen diesem Wunsch ent gegen. In ihrer Problematik sind die Sommerhaussiedlungen den übrigen Splittersiedlungen gleichzusetzen. Dort, wo die städtische Siedlung schon eine gewisse Dichte erreicht hat, liegt das Hauptproblem in der meist zufälli gen und daher oft ungünstigen Zuord nung der einzelnen Strukturelemente im Raum: Industriebetriebe und Sied lungen liegen dicht nebeneinander, die Siedlungen verlieren an Wohnwert, den Industrien wiederum fehlen die Erwei terungsmöglichkeiten; weite Wohn gebiete liegen abseits der Zentren und öffentlichen Einrichtungen und werden vom öffentlichen Verkehr nicht oder nur unzureichend erschlossen. Ein typisches Problemgebiet dieser Art ist der Raum im Südwesten von Linz bei derseits der Salzburger Reichsstraße; für die unbefriedigende Entwicklung ist hier nicht zuletzt die unglückliche Verwaltungsgliederung verantwortlich, denn vier Gemeinden Linz, Traun, Leonding und Fasching — und zwei Bauordnungen sollten für die räum liche Ordnung in diesem Raum Sorge tragen. Keine Folgen der wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen der letzten zwei Jahrzehnte sind aber mehr in das Be wußtsein der Öffentlichkeit gelangt, als die Probleme des Kraftfahrzeugver kehrs; als einziges Mittel zur Lösung dieser Probleme wird der öffentliche Straßenbau angesehen. Von den Pla nungsämtern verlangt man eine über legte und vorausschauende Planung, während aber die Verkehrserreger — die neuen Wohn- und Arbeitsstätten — ihre Lage sehr oft dem Zufall ver danken. Heute löst man die Schwierig keiten ganz allgemein dadurch, indem man die Straßen hinter der Entwick lung herbaut; dabei wird die Unfall statistik zur wichtigsten Planungs grundlage. In dem Maß, in dem die Baugebiete immer mehr zusammenwachsen und den dort lebenden Menschen der Kon takt mit der freien Natur verloren geht, gewinnen auch die Fragen der Grünflächen und Erholungsgebiete immer mehr an Bedeutung; im Linzer Raum sind insbesondere weite Au gebiete durch die Anlage der Groß industrien für die Erholung der Be völkerung verlorengegangen; auch die „Turmlinie" zwischen dem Gaumberg und der Donau, noch vor 20 Jahren eines der reizvollsten Erholungsgebiete am Linzer Stadtrand, ist in Gefahr, restlos verbaut zu werden, und was einst die Natur kostenlos und in rei chem Maß gewährt hat, muß heute durch kostspielige öffentliche Maßnah men sichergestellt werden. Die Kernfrage aber ist die nach der Zukunft des Raumes. Ehirch die Schaffung immer neuer Ar beitsplätze in der Stadt „pendeln" jetzt schon über 30.000 Menschen aus zahlreichen Gemeinden Ober- und auch Niederösterreichs — meistens täglich — an ihre Arbeitsstätten nach Linz; viele dieser Menschen wollen aber in der Nähe ihrer Arbeitsstätte wohnen; zahl reiche neue Wohnungen müssen gebaut werden. Wo aber sollen die neuen Wohngebiete liegen? Wie sollen sie beschaffen sein? Wie können wir sie erschließen durch Straßen, Versorgungsleitungen, öffent lichen Verkehr? Welchen Zentren wä ren sie zuzuordnen? Welche Räume wollen wir auch lang fristig für die Landwirtschaft freihal ten? Wohin schließlich soll sidi die Stadt in Zukunft entwickeln? Die Beantwortung dieser Frage erfor dert eingehende, objektive Untersu chungen. Mit der Durchführung solcher Untersuchungen wurde vor zwei Jah ren das österreichische Institut für Raumplanung von der oberösterreichi schen Landesregierung beauftragt. Der Raum zwischen Lambach im Westen und der Ennsmündung im Osten — der „oberösterreichische Zentralraum" mit den Städten Linz, Wels und Enns — war zu durchleuchten; in einer „Regionalplanung für den oberöster reichischen Zentralraum" waren kon krete Vorschläge für die anzustrebende Ordnung dieses Gebietes auszuarbeiten, wobei aber auch übergeordnete Ge sichtspunkte der Landesraumordnung zu berücksichtigen waren; diese Arbei ten stehen vor dem Abschluß, die Er gebnisse werden in Kürze vorliegen. Aufbauend auf diese Vorschläge soll dann — nach eingehender Diskussion durch die beteiligten Körperschaften — ein allgemeines Raumordnungskonzept für den oberösterreichischen Zentral raum entstehen, dem alle künftigen Maßnahmen zu folgen hätten; die Ge fahren einer ungeordneten Entwick lung sind zu groß, zu viel Volksvermö gen steht auf dem Spiel, als daß wir im Linzer Umland auf die Raum ordnung verzichten könnten.

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