Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 3/4, 1965

lungen. In unserem tiefsten Innern regt sich aber der Zweifel, ob diese Bauwerke in ihrer Architektur auch immer die Zeichen des geistigen Wiederaufbaues und der Fort entwicklung unserer alten Baukultur in sich tragen. Denn, daß diese neuen Häuser Badezimmer und Wasserklosette besitzen und ihre Fenster genügend groß für den Zutritt von Sonne und Luft sind, womit sie den Erfordernissen der Zivilisation und Hygiene entsprechen, davon sind wir überzeugt. Hat aber das Angesicht jedes einzelnen von ihnen jenen harmonischen Ausdruck, ist in ihrer Zusammenfassung zum Orts- und Stadtbild dieses von der geheimnisvollen Aura der Schönheit umflossen, welche aus der Berührung mit der schöpferischen Seele geboren wird? Im Innersten fühlen wir, daß mit der Schaffung der Quadratmeter unserer fehlenden Wohnflächen allein die gestellte Aufgabe noch keineswegs gelöst ist. Wir wissen beim Anblick unserer alten Dome, Klöster, Stadttore und Bürgerhäuser, daß unsere Verpflichtung höher liegt. Auch das Erscheinungsbild unserer schönen Städte und Märkte, die Stimmung ihrer Plätze und Gassen, die landschaftsgeborgene Lage der meisterlichen Einzelbauwerke verrät uns: Die Erfül lung der zeitgemäßen technischen Funktion ist eine Selbst verständlichkeit, erst durch den Anhauch der Schönheit aber wird das Bauwerk zum Kulturgut erhoben. Ein Haus, das nicht den Siegel der Schönheit trägt, bleibt ein bewohnbarer Ziegelhaufen und ist im Grunde ein Verrat am geistigen Wiederaufbau. Denn es geht nicht darum, nur Wohnungen zu bauen, sondern durch diese Bauten zugleich mitzuwirken, eine einsturzgefährdete Kultur zu retten. Im höheren Maße gilt dies aber noch für die Planung und die Gestaltung unserer Städte und Ortschaften. Während in den größeren Städten gewöhnlich für deren geregeltes Wachstum planerisch vor gesorgt ist, besteht in den kleineren, besonders aber in unse ren zahlreichen unverdorbenen ländlichen Marktflecken die größte Gefahr einer zügellosen Bauentwicklung. Um das künftige Wachstum gerade dieser Orte planvoll lenken und gestalten zu können und nicht durch willkürliche, zusammenhanglose Einzelentscheidungen in das „wilde Bauen" vergangener Jahrzehnte zurückzufallen, ist eben die Durchführung der Ortsplanung unbedingt notwendig. Die fertige Ortsplanung zeigt das Zukunftsbild einer Stadt, eines Marktes oder eines Dorfes, das als Ziel dadurch erreicht wird, daß die Einzelbauten — unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Ausführung — auf den ihnen in der Planung zugewiese nen Flächen und Plätzen sich der Gesamtentwicklung ein fügen und unterordnen. Dadurch kann zugleich die sinnvolle Anlage der Verkehrs- und Ortsstraßen, Bahnen, Wasser leitungen und Kanäle, Licht- und Kraftstromversorgung, Plätze, Friedhöfe, Sport- und Grünflächen sowie Freibäder, Flußregulierungen oder anderer Planungen der Wasserwirt schaft, des Gewerbes und der Industrie als klares Ziel gesehen und schrittweise erreicht werden, ohne daß durch oft kleine und unbedeutende Einzelbaumaßnahmen der Weg hiezu für immer verschlossen und so das Gesamtinteresse geschädigt wird. Es müßte daher eine Selbstverständlichkeit sein, daß der Bür germeister wegen der Wichtigkeit, Tragweite und des öffent lichen Charakters einer Ortsplanung für ihre Durchführung nur einen geeigneten Fachmann betrauen soll. Beste Sach kenntnis, größte Sorgfalt und Verantwortlichkeit müssen der Arbeit zugrunde liegen. Die genaue Kenntnis des Ortes und seiner Lebensverhältnisse ist eine derart notwendige Voraus setzung für eine lebensnahe Lösung, daß die Heranziehung geeigneter heimatgebundener Fachkräfte nicht genug empfoh len werden kann. Die Mitwirkung der Landesplanungsstelle gibt zugleich die Gewähr, daß bei der Planung Hand in Hand mit allen jeweils beteiligten öffentlichen Dienststellen — ins besondere denen des Verkehrs, der Wasserwirtschaft, des Natur- und Denkmalschutzes — vorgegangen wird und die allgemeinen öffentlichen Belange gewahrt bleiben. Diese Angleichung aller zusammentreffenden Interessen an die Orts planung, deren Abstimmung auf die Nachbarschaftsplanun gen und schließlich die Einfügung in die Raumordnung des Landes ist ja das Leitziel der Aufsichtsbehörde. Die Sanierung des alten Kernes einer Stadt, die Entschandelung und Entrümpelung ist eine Aufgabe, die von der Orts planung nicht losgerissen, sondern von dem mit ihrer Durch führung betrauten Architekten liebevoll mitgelöst werden sollte. Sie stellt jene dankbare Aktion dar, welche durch ihren Gegenwartserfolg allen aktiven und passiven Teilnehmern größte Freude und Genugtuung bereitet. Die planliche Vor sorge für ein harmonisches Wachstum in der Zukunft soll ja mit der Bereinigung der Bausünden aus der Vergangenheit gepaart werden. Besonders bei der Kleinstadt und dem Markte ist Wachsamkeit in der Erhaltung der Schönheit des oft noch ungestörten Ortsbildes nötig. An die Einordnung von Neu bauten in den Altbestand, an die übermäßigen Aufstockungen, „modernen" Fassaden und Geschäftsportale muß mit kritischer Sorgfalt herangegangen werden. Das leicht überblickbare Gesamtbild kleiner Ortschaften ist ja in dieser Hinsicht viel empfindlicher als ein großer Stadtorganismus. Die „Umfahrungsstraße" ist noch immer ein heißes Eisen in der Ortsplanung. Aber es zeigt sich eine Morgenröte: In man chen Gemeinden — besonders in Fremdenverkehrsgebieten — ist die anfängliche Ablehnung, die meist weniger auf den Bürgermeister, als auf einige einflußreiche Geschäftsleute des Ortes zurückzuführen war, schon gewichen und hat bereits einem mehr oder weniger heftigen Verlangen nach einer solchen Umfahrungsstraße Platz gemacht. Über die Kosten der Ortsplanung, zu welcher die Landes regierung Zuschüsse gewährt, herrschen oft falsche, über triebene und daher hemmende Vorstellungen. Sie sind in der Regel auch für eine sehr sparsame Gemeinde gut tragbar und stehen in keinem Verhältnis zu den Schäden, die derselben aus einer planlosen Bautätigkeit erwachsen können. Die Durchführung der Ortsplanung muß daher Herzenssache jedes Bürgermeisters sein. Eine innere Stimme muß ihn an treibend und mahnend erinnern, daß er die richtige Bau entwicklung des ihm anvertrauten Ortes erst gesichert hat, wenn die genehmigte Ortsplanung im Kasten der Gemeinde stube liegt. Sorge und Verantwortung werden ihm dadurch erleichtert und eine sichere Grundlage für alle baulichen Einzelentscheidungen sowie die Grundstücks- und Wirtschafts politik seiner Gemeinde in die Hand gegeben. Erst die Orts planung macht es ihm möglich, bei der künftigen Bauentwick lung jeden Einzelbau — statt als Hindernis späteren Wachs tums — sinnvoll als Baustein des Gesamtorganismus am richti gen Platze einzufügen und so zu sorgen, daß das Ortsbild im Einklang mit der umgebenden Landschaft ein beseelter Aus druck unserer Heimat bleibt. Es wäre unrichtig, wenn aus der Betonung der Gemeinde planungen der Schluß gezogen würde, daß die Regional planungen vernachlässigt wurden. In Oberösterreich sind bis her die „Regionalplanung Trimmelkam", die „Regionale Überschau oö. Zentralraum", die Untersuchung der „Autobahnanschlußstellen im Räume Linz", die Untersuchung der „Autobahnanschlußstellen im Räume Salzkammergut", die Untersuchung über die „Auswirkungen der neuen Donau brücke Aschach", das Raumordnungsgutachten zum Projekt „Speicherkraftwerk Kastenreith", das Raumordnungsgutachten zur Ortsplanung des Gebietes Weyer-Markt in Oberösterreich,

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