Oberösterreich, 13. Jahrgang, Heft 3/4, 1963

„Bürgermeister Bojer" (Uraufführung: 22. April 1902, Titelrolle: Hans Claar, Regie: Rudolf Lenoir), die wie „Ostern" in Schwayers Heimat, im niederösterreichischen Weinland, spielt. Viel Beifall errang auch das einaktige Schauspiel „Die Tochter" bei seiner Uraufführung am 8. Mai 1903. Schwayers großer Tag war aber der 24. März 1906, an dem die Uraufführung seiner Schülertragödie „Die Sittennote" stattfand. Dieses Drama trat von Linz aus seinen Siegeszug über zahlreiche österreichische, deutsche und schwei zerische Bühnen an. In Wien wurde es im Burgtheater dreißigmal gespielt und erlebte auch im Linzer Theater bis 1922 noch fünf Neueinstudierungen. Es ist kein eigentliches Schulstück, da das Problem der häuslichen Erziehung im Mittelpunkt steht und der Schülerselbstmord seine Ursache weniger in der Schule als im Elternhaus hat. Die von Paul Hoppe vor züglich inszenierte Linzer Aufführung, die eine Benefiz vorstellung für den später im Wiener Theaterleben bekannt gewordenen Schauspieler Karl Ehmann war, riß die Zu schauer zu stürmischen Beifallskundgebungen hin, die sich bei den weiteren Aufführungen des Stückes zu Beifalls orkanen steigerten. Schwayers „Sittennote" ist als wesent licher Beitrag zu der umfangreichen Anklageliteratur gegen Schule und Elternhaus von dauernder literatur- und gei stesgeschichtlicher Bedeutung. Von den nach 1906 im Linzer Theater uraufgeführten Stücken Schwayers erreichte keines mehr den Erfolg der „Sittennote". Es handelt sich hier um das schwache Eheproblemstück „Die eiserne Brücke" (28. März 1908), um das die Liebe zweier Brüder zu demselben Mädchen be handelnde, wenig befriedigende Schauspiel „Die dunkle Macht"(14.Jänner 1909) und um das Volksstück „Hammer und Amboß"(22. April 1911), das wie die drei am 17. April 1914 uraufgeführten Einakter „Die Myrte", „Die Ausge schlossenen" und „Zur Lieb' und Treu'" wieder eine freundliche Aufnahme bei Presse und Publikum fand. Gustav Streicher (1873-1915) Der leider zu früh verstorbene Dichter Gustav (eigentlich August) Streicher, der aus einer Innviertier Lehrersfamilie stammt und in Auerbach bei Mattighofen geboren wurde, ist einer der markantesten oberösterreichischen Vertreter des Dramas der Moderne (Heimatkunst, Milieustück, sym bolistisches Drama). Das Linzer Landestheater spielte von seinen elf Dramen nur drei naturalistische Stücke, während seine symbolistischen Versdramen („Die Macht der Toten", „Traumland") in Graz und Wien uraufgeführt wurden. Nach einigen farblosen Gesellschaftsdramen gelang Strei cher mit einem naturalistischen Volksstück „Am Nikolotage", das an Schönherr und Billinger erinnert, der erste große Wurf. Das Hauptmotiv des im Innviertel spielenden modernen Bauernstückes, das am I.Februar 1902 im Linzer Landestheater uraufgeführt wurde, ist die Heimat liebe. Gute Charakterzeichnung und lebendige Episoden kennzeichnen das Werk, das unter der Regie Rudolf Lenoirs eine ausgezeichnete, mit starkem Beifall bedankte Bühnenwiedergabe fand. Am 25. April 1903 brachte das Landestheater die Urauf führung von Streichers Tragödie aus dem oberösterreichi schen Bauernkrieg „Stephan Fadinger", in Szene gesetzt von Rudolf Lenoir, der auch den Grafen Herberstorff spielte. Das ausverkaufte Haus reagierte mit begeistertem Beifall auf die großzügige Inszenierung, in der 44 Solisten und 50 Statisten auftraten. Streichers Stück nimmt einen hervorragenden Rang unter den vielen literarischen Be handlungen des Fadinger-Stoffes ein. Das dritte Streicher-Drama, das in Linz herauskam, „Die Freunde" (Uraufführung: 20. April 1904), ein von Ibsen beeinflußtes analytisches Problemstück, hatte keinen beson deren Erfolg. Es behandelt einen ähnlichen Stoff wie die „Kinder" von Hermann Bahr, endet aber im Gegensatz zu diesem Drama tragisch. Nach einer Umarbeitung durch den Autor wurde es 1905 unter dem Titel „Liebesopfer" gedruckt. Josef Werkmann (1874-1924) Der in Wien geborene Josef Werkmann, der eigentlich Josef Medelsky hieß und ein Onkel der Burgschauspielerin Lotte Medelsky war, kam während seiner Wanderschaft als Tischlergeselle nach Weyer an der Enns, wo er sich als Arbeiter in der Schöntalerschen Möbelfabrik niederließ. Er starb 1924 in Linz (Niedernhart). Alle seine drei Dra men (Repertoirestücke der Exlbühne), von denen zwei im Linzer Landestheater aufgeführt wurden, entstanden in Weyer und spielen auf oberösterreichischem Boden. Adolf Schwayer. Porträtaufnahme von W. Pflanz, Porträtsammlung der Bibliothek des OÖ. Landesmuseums PF V 4. 66

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