Oberösterreich, 12. Jahrgang, Heft 1/2, 1962

Schloß Hartheim,schöner Renaissancehau aus dem 16.Jahrhundert, mit seinem bekannten Lauhenhof. Foto Eiersebner bunden war, wie der Errichtung von Tafernen oder der An= Siedlung von Gewerben, Gesichtspunkte, die bei den Jörgern immer im Vordergrund standen, wie ihre Verpflanzung des Sensenschmiedgewerbes in das Almtal aufs deutlichste zeigt. Wenn also diese neue Entwicklung des 16. Jahrhunderts in verschiedener Hinsicht als sehr fortschrittlich gelten darf, so hielten sie andererseits die alte traditionelle Linie ebenso aufrecht, so daß sich durch Kauf und Tausch auch um diese neuen Schlösser sehr rasch mehr oder minder große Grundherrschaften bildeten. Es darf schließlich darauf hin= gewiesen werden, daß manche davon in der Barockzeit eine zweite Blüte erlebten und damals mit barocken Fassaden ver= sehen worden sind. Aber wir müssen nochmals zu den Jörgern zurückkehren. Während der eine Zweig der Jörger in den Süden des Landes ausgewandert war und daneben in Niederösterreich bedeu= tende Besitzungen erwerben konnte, blieb ein anderer Zweig in Tollet sitzen und konnte auch dort nach etwas lang= samerem Aufstieg unter Hans Jörger von 1601 bis 1611 den großzügigen Ausbau des Schlosses durchführen. Leider ist die Anlage in jüngerer Zeit stark verändert worden. Im Mühlviertel hatten die Jörger schon im 15. Jahrhundert Prandegg gewinnen können, das seit 1534 mit Z e 11 h o f vereinigt wurde, wo von 1618 bis 1622, knapp vor dem Ende der Jörgerischen Herrlichkeit, ebenfalls mit einem großange= legten Umbau begonnen wurde. Hillprand Jörger, ein Bruder Christophs, der zuerst in den Besitz Bernsteins kam, erwarb 1551 Schloß und Herrschaft Ottensheim, wo er auch gestorben ist und in der Pfarrkirche mit einem eindrucksvollen Grabstein der Nachwelt erhalten blieb. Im Jahre 1581 kam Steyreck an Wolfgang Jörger und später an Helmhard den Jüngeren, hier haben sich die Jörger durch die Errichtung des Ostflügels des Schlosses ein bauliches Denkmal gesetzt. Südlich der Donau steht im Arkadentrakt des Schlosses Aschach ebenfalls ein Jörgerischer Neubau vor uns. Nach= dem 1570 der Sitz der Herrschaft Stauf mit der Maut zu Aschach auf einen zum Freisitz erhobenen Bauernhof verlegt worden war, ließ Karl Jörger, den wir schon in Bernstein und Scharnstein kennengelernt haben, hier im Jahre 1606 den reizvollen arkadengeschmückten Trakt errichten. Etwas frü= her, von 1564 bis 1590, saßen die Jörger als Pfandinhaber auch auf Schloß Starhemberg bei Haag, und auch hier ist eine entscheidende Neugestaltung in diese Zeit zu datie= ren. Wenn wir dazu nehmen, daß sie damals weiter die Herr= Schäften E r 1 a c h (1593 rund 550 Untertanen) und K ö p p = ach besaßen, deren Baulichkeiten gänzlich verschwunden sind, daß sie von 1570 bis 1596 als Pfandinhaber über die weitreichende Herrschaft Burg Wels verfügten, deren Bereich nach Süden sich mit dem von Bernstein und Scharn= stein begegnete, dann ist die Behauptung, sie als das damals maßgeblichste Geschlecht im mittleren Oberösterreich zu be= trachten, durchaus begründet. Die vielen Hunderte von Unter= tanenhäusern, über die die verschiedenen großen Grundherr= Schäften der Jörger geboten, waren damals von schätzungs= weise mindestens zwanzigtausend Menschen bewohnt. Man darf annehmen, daß dies etwa einem Zehntel der ländlichen Bevölkerung Oberösterreichs entsprach. Seit den Wallseern hat keine Familie in unserem Lande je eine solche Position erlangt. Es ist verständlich, daß ein solcher Aufstieg auch von den Standesgenossen mit Mißgunst betrachtet wurde. Als Folge zeigte sich, daß nach der Niederwerfung des Adelsaufstandes von 1621, in dem Karl Jörger eine große Rolle spielte — er starb im Gefängnis zu Passau in Oberhaus —, von all ihren Pfandschaften und Besitzungen in Oberösterreich kaum etwas in Händen der Familie zurückblieb. Noch ehe alle Mitglieder, die Protestanten blieben, ausgewandert waren, widerfuhr es der Witwe Karl Jörgers auf einem ihrer bescheidenen Sitze, in Gröbming bei Altenhof am Hausruck, von kaiserlichen Kroaten geplündert zu werden und den Rest ihrer Habe zu verlieren. Die wechselreichen Geschicke der Mitglieder dieser Familie, ihre vielseitigen Begabungen haben immer wieder das lnter= esse von Geschichtsschreibung und Dichtung auf sich gezogen. Uns obliegt es noch, ihr bauliches Erbe in unserem Lande zu überblicken, und dabei können wir feststellen, daß sie trotz ihrer nur kurzen Blüte uns mehr hinterlassen haben als die meisten anderen gleichgestellten Geschlechter. Bernstein, Neu= Scharnstein, Steyregg, Tollet, Aschach und Zellhof zeigen mit Ausnahme des Bergschlosses Bernstein die breit hingelagerte Bauweise der nördlichen Renaissance, mit der Verwendung des Bogens über der Säule, die sich in rythmischer Folge zu Arkadenhöfen zusammenfügen. Das Interieur ist auch in die= sen Bauten nur zu sehr geringen Teilen erhalten, der Stil und der Zeitgeist, den die Bauten der Jörger atmen oder geatmet haben, ist von der Fülle, wie sie die zeitgenössischen Stadt= 40

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2