Oberösterreich, 12. Jahrgang, Heft 1/2, 1962

fi»" > s^Tl /fl 'W '■«' teÄ»p|| -■735<Ä 4 Iii u • "' **'- - •' Klam, ehemalige Schloßkapelle im vierten Geschoß des Wohnturmes mit Fresken aus dem späten 14. Jh., 1934 entdeckt, 1951 endgültig freigelegt. Sockelzone: Blattranken mit Tiermotiven, darüber religiösse Darstellungen. Sämtliche Fotos: Fiersehner. Glasfenster aus dem 14. Jahrhundert birgt), sind roh aus der Wand geschnitten und versuchen in ihrer Gliederung nicht den Eindruck eines V8=Schlusses hervorzurufen, wie er wegen der durch die Schräge verkürzten Fenster eines polygonen Chores entstehen müßte. Die Seitenfenster wirken in ihren Proportionen zum Mittelfenster sehr ungünstig. Der Schluß= stein über dem Altar zeigt die plastische Büste des Bischofs Nikolaus, dem die Kapelle geweiht ist. Er hält gleichsam mit seinen Händen die sechsteilige Rippenspinne. Der westliche Schlußstein zeigt eine sehr flach gearbeitete Rose, die stets das Zeichen der Bauhütte des unteren Mühlviertels war. Ein einfaches Sakramenthäuschen an der Nordseite und gegenüber eine zweiteilige Sessionsnische (beide wegen des tiefer geleg= ten Fußbodens heute unpraktikabel) gehören noch zum ur= sprünglichen Bau. Die Burgkapelle ist der einzig erhaltene mittelalterliche Teil der in Trümmern liegenden Renaissance= bürg. Von den Kapellen des gleichen Typus aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ist nur die Burgkapelle über dem Ein= gangstor des Schlosses in Freistadt erhalten. Reichenau, Prandegg und Ruttenstein verloren ihre Gewölbe, Riedegg ist einfacher gehalten; die Schlußsteine und Rippen liegen im Schutt, und nur aus der Form der Konsolen ist ihre Datierung und die Rekonstruktion der Gewölbeform möglich. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die Stadtpfarr= kirche in Freistadt gewölbt. Die gleichen Kapitelle besitzt die Burgkapelle, spitz zulaufend und kantig abgefaßt, aus dem Achteck entwickelt. Urkundlich wurde das Schloß in Freistadt ebenfalls in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbaut. In Freistadt gehört überdies die Heiligen=Geist=Kapelle in die= sen Zusammenhang, die in ein Bürgerhaus eingebaut ist und die Herkunft des Typus aus der bürgerlichen Sphäre belegen könnte, obwohl sie erst 1435 erbaut wurde. Die ehemalige Schloßkapelle in Freistadt gehört auch aus einem anderen Grund hervorgehoben. Sie ist über dem Burg= tor erbaut und an der schwächsten Stelle einer Befestigungs= anlage errichtet. Das Thema der Torkapelle reicht weit in die Geschichte der deutschen Baukunst zurück. Man weist immer wieder auf die Torhalle des ehemaligen Klosters Lorsch am Rhein hin, die im Obergeschoß eine Kapelle enthielt. Auch das Torgebäude der Kaiserpfalz Gelnhausen um 1200 enthielt im Obergeschoß eine Kapelle. Die Erklärung für diese Anord= nung ist in mittelalterlichen Gedankengängen zu finden; der Gottestempel, an diesen Platz verlegt, muß seinen Teil zum Schutz des Zugangs beitragen. 21

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