Oberösterreich, 12. Jahrgang, Heft 1/2, 1962

Burgruine Prnridegg, Hauptburg mit Felsuutergrurid. Foto: Eiersebner. Polygonpunkte untereinander wird auf 1 bis 3 cm genau mit dem Stahlmeßband gemessen. Dieser Polygonzug ist nichts anderes als ein sehr verzweigtes, aber starres Gerippe, auf das sich die folgende Einmessung mit hunderten, ja tausenden Zahlen und Maßen stützt. Oft ist diese Vorarbeit, besonders im Gelände außerhalb der Burg, recht mühsam. Von einem Pflock zum nächsten muß die Sicht durch die Beseitigung des Strauchwerkes erst hergestellt werden. Die Höhenlage der Polygonpunkte wird durch ein Nivellement genau bestimmt. Eine erfahrene und geschickte Anlage des Polygonzuges kann die Burgmessung erleichtern und beschleunigen. Ist diese Vorarbeit geschehen, so wird mit der Einmessung sämtlicher Mauer= und Gebäudeeckpunkte begonnen. Jede Ecke, jeder Mauerbruch wird auf die am nächsten liegende Polygonseite mit Hilfe des Winkelprismas rechtwinkelig ein= gemessen. Auf diese Weise wird Punkt für Punkt in einer Handskizze beiläufig gezeichnet und die am Maßband abge= lesenen Maße werden dazugeschrieben. Die Grundrißlage der oft vielgestaltigen Gebäude kann so verhältnismäßig leicht und doch genau festgehalten werden. Nicht selten kommt es vor, daß ein oder auch mehrere Punkte auf sehr steilem Gelände liegen. In diesem Falle ist die vorher beschriebene Einmessungsart nicht günstig. Solche ausgesetzte Punkte werden vom nächsten Polygonpunkt mit dem Instru= ment anvisiert und die Entfernung wird mit dem Maßband gemessen. Sind die vielen Ecken und Winkel alle auf dem Papier fest= gehalten, so wird die Geländeaufnahme(Tachymeteraufnähme) in Angriff genommen. Über jedem Polygonpunkt wird nun das Instrument aufge= stellt, genau zentriert, und bei der ersten Aufstellung wird die Burgaufnahme mit der Instrumentenbussole oder, wenn diese nicht vorhanden ist, mit einem Kompaß nach Norden orien= tiert. Nun werden die Horizontalwinkel zu den nächsten Poly= gonpunkten und zu den Streupunkten, ihre Entfernung und ihr Höhenunterschied mit dem Instrument gemessen und in das Punkteverzeichnis (Manuale) notiert. Zu gleicher Zeit muß die Handskizze gezeichnet und jeder Punkt beiläufig der Lage nach mit seiner laufenden Nummer eingetragen werden. Die Übereinstimmung zwischen dem Manuale und der Handskizze muß dabei fortwährend unter Kontrolle gehalten werden. Diese Tätigkeit erfordert vom Morgen bis zum Abend eine ständige Konzentration und eine sich gleichbleibende unbarm= herzige Systematik. Die Ausbeute, die nach Hause gebracht wird, besteht aus flüchtigen Handskizzen und einigen tausend Zahlen, wovon jede einzelne ihre genau festgelegte Bedeutung hat. Aus den Zahlen entwickelt sich im Büro allmählich ein Plan. Die kleine Burgruine Stauf z. B. besitzt eine Länge von 46 m, die um= baute Fläche hat ein Ausmaß von 1170 m^ für die technische Aufnahme wurden in der Natur folgende Zahlen aufgeschrien ben und Längen= und Höhenmaße gemessen: 8 Polygonpunkte, je zweimal beobachtet . . 80 Zahlen 100 Kleinpunkte 500 Zahlen Längen und Höhenmaße 920 Maße Aufnahme mit Winkelprisma, rund 300 Maße 1800 Für das Gelände außerhalb der Burgruine: Polygonpunkte 10 100 Zahlen Kleinpunkte 160 800 Zahlen Aufnahme mit Prisma rund 100 Maße 1000 Das ergibt 2800 in der Natur festgehaltene Zahlen und Maße. Die Aufnahme dieser Burgruine wurde in 10 Arbeitstagen durchgeführt, die Büroarbeit nahm 23 Tage in Anspruch. Die Burgruine Schaunberg hat eine Länge von rund 240 m, die umbaute Fläche der Hochburg mit der Vorburg beträgt rund 15.000 m". Für die Aufnahme waren 72 Polygonpunkte und 860 Kleinpunkte erforderlich. Die Aufnahme nahm 29 Tage, die Büroarbeit 61 Tage in Anspruch. Meistens reiht sich die bautechnische Abmessung der Gebäu= deteile, Stockwerke, Stiegen usw. an das Ende der Messung in der Natur. Sie muß mit Umsicht und manchmal auch mit Vorsicht vor Steinschlag oder Einsturzgefahr durchgeführt werden. Doch einmal brauchten wir neben der Vorsicht auch noch ein wenig mehr. Im Frühjahr 1953 war der Turm von Lobenstein an der Reihe Die Messung war bereits beendet, bis auf das Innere des Turmes. Der Vormittag war windstill und der blaue Him= mel war mit kleinen weißen Wölkchen belebt, nur die dunk= len schwarzen Dohlen waren unruhig. Sie schwärmten von Zeit zu Zeit vom Turm ab mit lauten „Dia"=Rufen, zogen ein paar wilde Kreise und flugs waren sie wieder da und scharr= ten und pickten den lockeren Kalkmörtel aus den Fugen. Zu= weilen war ein leises Rieseln von Sand und Staub zu hören. 14

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